Auf der Spur der Vogeljaeger
zusammensetze, ist er schöner als vorher – und mir hat’s außerdem Spaß gemacht.«
Er zog sein Portmonee hervor, öffnete es und kippte den Inhalt in die Hand. Allzu viel war es nicht, wie er wusste. Er zählte die Münzen ab, kam aber nur auf 6,90 DM.
»Gaby, kannst du mir 60 Pfennig borgen?« »Selbstverständlich.«
Sie gab ihm eine Mark, weil sie’s kleiner nicht hatte; und Tarzan legte 7,50 DM abgezählt auf den Geldteller, während das Mädchen ihn fassungslos ansah.
Abermals wandte er sich an Schlitzer.
»Jetzt brauchen Sie dem Fräulein vom Lohn nichts mehr abzuziehen.«
Mit verkniffenem Mund versuchte Schlitzer ein Lächeln. Es fiel schiefer aus als der Turm von Pisa.
»Hm. Naja. Wenn dir die Scherben das wert sind. Bärbel, vielleicht packst du sie bald ein!«
Und dann geschah etwas, was wohl bisher noch nie in diesem oder einem anderen Geschäft der Stadt passiert ist: Vier große Scherben, die zusammengesetzt einen Krug ergeben, wurden sorgfältig eingepackt, dem Käufer überreicht und zum vollen Preis berechnet.
»Vielen Dank für Ihr freundliches Entgegenkommen«, sagte Tarzan zu Schlitzer. Dann verließen die beiden den Laden.
»Nichts zu danken!«, rief Schlitzer ihnen nach. Mehr fiel ihm nicht ein.
»Den hast du aber beschämt!«, sagte Gaby. »Finde ich toll. Und diese Bärbel machte ein Gesicht, als fielen Weihnachten und ihr Geburtstag auf einen Tag – und der wäre heute.«
Sie gingen zu ihren Rädern, die an einem Laternenpfahl lehnten. Dort war auch Oskar, der Cockerspaniel, angebunden.
»Für viele Schulabgänger«, sagte Tarzan, »ist es ja heutzutagerecht schwer, eine Lehrstelle zu finden. Oder eine andere Möglichkeit zur Berufsausbildung. Aber ehe man bei so einem wie Schlitzer anfängt – dann lieber warten.«
»Willst du die Scherben tatsächlich zusammensetzen?«
»Ich bin doch nicht behämmert. Was sagst du zu Herrn von Picheritzki? Einen Altdeutschen will er, einen mit schönem Fell. Alles klar, Wertester? Gemeint ist natürlich ein altdeutscher Schäferhund, den ja bekanntlich längeres Haar ziert als die anderen Rassen. Wären wir ahnungslos, hätten wir gedacht, er meint einen lebenden Hund. Aber der meint einen ausgestopften. Und er hat individuelle Wünsche, die nicht im Handumdrehen zu erfüllen sind. Ich wette, Pfote: Dieser Spinner tickt nicht richtig. So wie er aussieht, geht’s auch in seinem Oberstübchen zu. Der hat sicherlich das abartige Hobby, tote – nämlich ausgestopfte – Tiere zu sammeln. Schlitzer hilft ihm dabei und lässt sich das teuerbezahlen. Aber wer einen Rolls Royce fahren kann, ein 100 000-Mark-Auto, der kann auch eine ausgestopfte Siamkatze und einen ausgestopften, altdeutschen Schäferhund bezahlen – ganz zu schweigen von gewilderten Vögeln wie Rohrdommel, Schneeeule, Habicht, Falke, Uhu, Auerhahn, Birkhuhn und Mäusebussard.«
Empörung rötete sein Gesicht. Er war so wütend, dass er gar nicht merkte, wie er die Fäuste ballte.
»Dann sind wir ja dicht vor dem Ziel«, auch unter Gabys Haut schienen Flammen zu lodern und ihre Augen blitzten. »Wir sind den Vogeljägern auf der Spur. Und wir kennen einen ihrer Auftraggeber.«
»Es fehlen nur noch die Beweise«, nickte Tarzan. Gaby öffnete das Kabelschloss an ihrem Rad.
»Wie wollen wir die kriegen?«
Tarzan hatte die Brauen zusammengezogen. Er starrte auf das Paket in seinen Händen, das die Scherben enthielt. Aber seine Gedanken kreisten um etwas anderes.
»Diese Bärbel! Gaby, vielleicht ist das unsere Chance.« »Wie meinst du das?«
»Wetten, dass sie einen furchtbaren Hass hat auf Schlitzer.«
»Das wäre nur natürlich. Wer eine Angestellte so behandelt, kann nichts anderes erwarten.«
»Eben! Und deshalb müssen wir mit ihr reden.«
»Mit ihr? Du meinst, sie könnte uns helfen... dass sie Schlitzer verrät.«
»Was heißt verraten? Wir wollen ja nur wissen, was für Tiere er präpariert. Und ob zwei 17- oder 18-jährige Kerle zu ihm kommen – Burschen, von denen einer ein grobes Pickelgesicht und der andere rote Haare hat. Und ob vielleicht mal von einer ausgestopften Schlange die Rede war, die Herr von und zu Picheritzki gern haben würde. Als Lehrmädchen schnappt Bärbel bestimmt eine Menge auf. Und sieht auch so manches.«
Das wäre eine tolle Idee, meinte Gaby und war ganz begeistert.
»Aber wann fragen wir sie?«
»Die FUNDGRUBE«, sagte Tarzan, »schließt um 18.30 Uhr. Dann geht Bärbel nach Hause. Wenn ich sofort nach der Arbeitsstunde
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