Auf der Spur der Vogeljaeger
dass der Chauffeur sie nicht hören konnte.
»Wahrscheinlich einer, der aus Nachttöpfen Bier trinkt und in Bierkrüge – naja. Sicherlich verfügt er über mehrere Toiletten in seiner Villa.«
»Wie der sich kleidet!«
»Jugendlich fesch. Warum nicht?« Tarzan lachte.
»Wenn du mal 70 bist, erwarte ich mehr Würde von dir.«
Hm, dachte Tarzan. Offenbar sind wir dann immer noch zusammen. Er hatte an dem Gedanken nichts auszusetzen.
Durch die Schaufensterscheibe sah er, wie Picheritzki und Schlitzer miteinander redeten. Schlitzer machte ein Gesicht, als hätte er einen Dukatenesel entdeckt. Sein Benehmen zeigte Eilfertigkeit. Aber seine Haltung blieb gerade, als hätte er einen der afrikanischen Speere verschluckt, die er ebenfalls verkaufte.
»Hinein in die Höhle des Löwen«, sagte Tarzan.
Sie traten in den Laden.
Picheritzki wandte ihnen den Rücken zu, redete leise und mit einer Stimme, die offenbar nur durch die Nase kam.
Schlitzers Blick aus den Mongolenaugen streifte die beiden nur kurz. Dann hatte er sie eingestuft, als Kunden, die für ihr Taschengeld etwas Preiswertes kaufen wollten. Da winkte kein großes Geschäft, also waren sie ihm gleichgültig.
»...und«, näselte von Picheritzki in diesem Moment, »auch unbedingt einen altdeutschen. Mit schönem Fell!
Alles klar, Wertester?«
»Selbstverständlich, Herr von Picheritzki. Wie gesagt: Ich bemühe mich. Aber es ist schwierig. Ich muss Sie um etwas Geduld bitten. Nicht jeder Ihrer individuellen Wünsche lässt sich im Handumdrehen erfüllen.«
»Verstehe ich, Wertester. Aber Sie werden es schon machen. Verlasse mich da ganz auf Sie. Also dann...«
Er fuchtelte mit seinem Spazierstock, als wollte er eine aufdringliche Mücke erschlagen, machte zackig kehrt auf dem erhöhten Absatz seiner italienischen Slipper und schritt elastisch hinaus.
»Bitte sehr!« Die kleine Verkäuferin – sie reichte Tarzan nur bis zur Schulter – lächelte schüchtern. »Was darf es sein?«
»Wir hätten gern Herrn Schlitzer gesprochen«, sagte Tarzan. »Wir kommen von der Schülerzeitung ECHO.«
»Und?« Schlitzer kam heran. Seine Miene blieb so kühl wie sein Blick. Schon das eine Wort »UND« verriet seine Gereiztheit.
»Ich heiße Peter Carsten. Das ist Gaby Glockner. Wir sind Mitarbeiter der Schülerzeitung und...«
»Du brauchst nicht alles zweimal zu sagen«, wurde er ungnädig unterbrochen. »Was wollt ihr?«
»Wir wollen Sie interviewen – in Ihrer Eigenschaft als Tierpräparator. Ein interessanter Beruf! Wir schreiben eine Reportage darüber. Und dachten, Sie könnten uns Ihre Werkstatt zeigen und uns vorführen, wie Sie arbeiten.«
Schlitzers Gesicht wurde noch abweisender.
»Dafür habe ich weder Zeit noch Lust. Außerdem präpariere ich schon lange nicht mehr.« Er richtete einen drohenden Blick auf die Verkäuferin, die offenbar wusste, dass ihr Chef log. Außerdem schnauzte er: »Was stehst du hier rum! Die Krüge sind noch nicht ausgezeichnet.«
Das Mädchen zuckte zusammen.
»Jawohl, Herr Schlitzer«, murmelte sie.An einem Tisch im Hintergrund machte sie sich dann zu schaffen.
Tarzan sah, wie nah sie den Tränen war. Ihre Hände zitterten etwas.
Tarzan ließ nicht locker. »Wenn Sie uns einen kurzen Blick in Ihre Werkstatt erlauben, Herr Schlitzer, wird das Ihre Zeit bestimmt nicht beanspruchen. Wir hätten dann eine Vorstellung und...«
»Kommt nicht in Frage! Ihr seid hier an der falschen Adresse.«
Im gleichen Moment, da er sich abwandte, rutschte seiner Verkäuferin ein kleiner Krug aus den Fingern.
Er fiel nicht zu Boden, sondern nur auf den Verkaufstisch. Aber das Klirren war unüberhörbar.
Schlitzer schien zu erstarren. In seinem Gesicht sammelte sich mehr Blut als in einem Dutzend Blutegel.
»Pass doch auf, dummes Ding!«, schimpfte er laut. »Zwei linke Hände! Und zu allem zu ungeschickt! Es ist meine Ware, zum Henker, mit der du umgehst, als wäre sie zum Verschenken. Was für ein Krug ist das?« Er stieß einen Finger in die Luft. »Aha, der zu sieben fünfzig. Das ziehe ich dir vom Lohn ab, damit du’s weißt.«
Tarzan sah Gaby an. Dann wandte er sich mit freundlicher Miene an Schlitzer.
»Die Krüge kann man kaufen, ja?«
»Was denn sonst? Dachtest du, ich leihe sie aus?« Tarzan trat zu dem Mädchen am Verkaufstisch.
»Bitte, packen Sie mir diesen Krug ein.« Er deutete auf die vier großen Scherben. »Ja, den zerbrochenen.«
»Ich bin nämlich Bastler«, erklärte er Schlitzer. »Wenn ichden
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