Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet
Selbstbefriedigung habe ich meine Träume weitergesponnen und perfektioniert. Ich hatte mir das viel einfacher vorgestellt: zustechen und mich dann an ihnen vergehen. Stattdessen kämpften sie um ihr Leben, und das brachte mich vollkommen durcheinander. Alles, was ich mir ausgemalt hatte, war wie weggeblasen und wurde von meiner Wut und sehr starken Aggressionen überlagert. Danach hatte ich mich ausgepowert. Auf der Gefühlsebene und körperlich – nicht auf der sexuellen. Wozu noch die Frauen quälen und bestrafen?«
Ich war beeindruckt von der eloquenten Darstellung, hakte aber dennoch nach. Wie sollte sein außergewöhnliches Verhalten – der zerschnittene BH, die postmortalen Verletzungen, die in die Vagina eingeführten Gegenstände – anders zu erklären sein als mit der tatsächlichen Umsetzung seiner Phantasien?
Wieder wich Herbert Ritter nicht aus, sondern versuchte mir den Widerspruch zu erklären: »Ich verstehe meine Reaktion von damals heute immer noch nicht, denn ich hatte alles bis ins kleinste Detail geplant. Und trotzdem lief es anders als geplant. Ich weiß noch, als die Frauen tot waren, bin ich zunächst kopflos durch die Wohnung gelaufen. Ich vergaß sogar, meine Handschuhe anzuziehen, und habe gar nicht mehr auf Fingerabdrücke geachtet.«
Und wann setzte bei ihm wieder bewusstes Handeln ein?
»Das war, als ich den BH von Ramona Braun zerschnitt. Eine spontane Entscheidung, das war in meinen Phantasien nicht vorgekommen. Es sollte mein Markenzeichen werden: Ich, der Mörder, ist unterwegs, der Prostituierte umbringt.«
Herbert Ritter berichtete weiter, dass er auch beim zweiten Mord durch Tanja Roses Gegenwehr sehr viel Wut und Hektik empfand, er ihr deshalb sehr heftig mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen und dann versucht hatte, Macht zu demonstrieren und seine Wünsche zu realisieren.
»Als die Frau dann tot war, habe ich ihr die Hose runtergezogen und den Pullover hochgeschoben. Dann habe ich in Bauch und Rücken geschnitten. Das Messer hatte ich extra geschliffen, damit ich dann besser an ihr rumschneiden konnte. Denn für mich lebte sie noch. Deswegen haben mich die Schnitte auch erregt, als ich mir ihre Schmerzen vorstellte. Zum Schluss habe ich ihr zwei Finger in die Scheide gesteckt, ihr dabei ins Gesicht geguckt und sie gefragt, ob ihr das jetzt gefällt. Und dann habe ich den Telefonhörer genommen.«
Doch auch diesmal hat Herbert Ritter das Gefühl, dass er sich wieder zu sehr ausgepowert hat und nicht alle Absichten umsetzen konnte. Deswegen nimmt er Fotos von seinem Opfer an sich, um sie später als Medium bei der Selbstbefriedigung einzusetzen. »Ich hielt dabei der Frau ein Messer, so wie auf dem Filmplakat, an den Hals und führte ein Zwiegespräch mit ihr. Hörte ihre Stimme voller Angst. Das erregte mich sehr.«
Zwar glaubte ich, dass er die Umsetzung seiner Vorsätze als unzureichend empfunden hatte, war mir aber auch sicher, dass es noch eine andere Seite gab. Hatte er sich nach den Taten nicht auch euphorisch gefühlt? »Ja, aber ich war nicht euphorisch, weil ich jemanden umgebracht hatte, sondern weil ich Geld hatte und mein Leben weitergehen konnte.«
Diese Antwort wunderte mich nicht, allerdings zweifelte ich an ihrem Wahrheitsgehalt. Doch Herbert Ritter fuhr fort: »Nach der zweiten Tat war ich allerdings sehr euphorisch. Ich bin ins Bad gegangen, habe mir die Hände gewaschen und sah, dass ich im Gesicht Blutspritzer hatte. Das hat mir sehr gut gefallen. Ich war ein brutaler Schlächter, der voller Blut ist. Oh, das war ein gutes Gefühl.«
Mitten in seiner Antwort hatte sich sein Gesichtsausdruck verändert. Plötzlich schien er gedanklich und gefühlsmäßig wieder an den Tatort zurückgekehrt zu sein. Ohne auf den Widerspruch in seiner Erklärung einzugehen, fragte ich ihn, welche Tatsequenzen für ihn am wesentlichsten, am phantasieanregendsten, am befriedigendsten gewesen waren. Seine Antwort kam schnell und bestimmt: »Die, die ich nicht gemacht habe, die ich gerne gemacht hätte. Ich habe in die Taten noch was anderes reingedacht, was ich gerne gemacht hätte. Phantasien auszuleben, ob im normalen oder perversen sexuellen Bereich, ist für mich in der Realität nicht möglich. Deswegen war ich auch nie vom Sex mit meiner Freundin und den Prostituierten befriedigt. Nur wenn ich alleine war, dann war die Sicherheit da. Ich konnte in meine Welt eintauchen und alles ausleben. Wenn ein anderer Mensch dabei war, hat der mich gehemmt. Das war auch bei
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