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Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Titel: Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Petermann
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den toten Frauen der Fall, obwohl ich gerne noch mehr gemacht hätte. Aber für mich lebten sie noch.«
    Diese Ausführungen zeugten von einer bizarren inneren Logik: Am befriedigendsten waren für Herbert Ritter die Sequenzen, die real gar nicht stattfanden, sondern sich nur in seinem Kopf abspielten. Umsetzen konnte er dieses »Hineingedachte« nicht, da er in der Realität keine Phantasien ausleben kann, weil Anwesende ihn hemmen, ihm die Sicherheit nehmen. Nachdem die Opfer tot waren, war er zwar real allein, in seiner Vorstellung aber waren die Frauen noch am Leben, also konnte er seine Imaginationen genauso unbefriedigend ausleben wie in der sexuellen Beziehung zu seiner damaligen Freundin – wie in der Realität eben.
    Aber hieß das, dass Herbert Ritter, wenn er sowohl tatsächlich als auch in seiner Wahrnehmung allein war, seine Phantasien befriedigend ausleben konnte? Wohl kaum. Er hatte es ja mit immer neuen ungewöhnlichen Praktiken versucht, lange bevor er zum Mörder wurde. Was Herbert Ritter mir erzählte, deutete zusammen mit meinem Wissen über die Taten eher auf einen unheilvollen Teufelskreis hin: Die Morde sind nicht nur gescheiterte Versuche, seine sexuell geprägten Gewaltphantasien umzusetzen, sie sind für ihn offenbar auch der Stoff, aus dem die Träume sind; ein ihn immer wieder neu beherrschender Zwang und gleichzeitig notwendiger Stimulus, um seine autoerotischen Phantasien in Gang zu bringen. Trotzdem erreicht Herbert Ritter niemals den Zustand der Befriedigung, sondern nur eine totale (innere) Erschöpfung, das »Ausgepowert-Sein«.
    Das erschreckende Fazit: Letztlich waren die Morde, abgesehen vom erbeuteten Geld, sogar aus Sicht des Mörders sinnlos.
    Vor diesem Hintergrund drängte sich mir die Frage auf, wieso zwischen dem zweiten und dem dritten Mord eine so große Zeitspanne lag. Schließlich müssten seine Phantasien doch weiterhin bestanden und nach Taten verlangt haben. Weshalb hatte er nicht weiter gemordet? »Wenige Wochen nach der zweiten Tat wollte ich tatsächlich wieder eine Prostituierte töten. Einmal hatte ich eine Axt mit Klebeband präpariert, um beim Zuschlagen nicht abzurutschen. Das schien mir effektiver zu sein als mit dem Messer. Ich war schon in ihrer Souterrainwohnung, als ich eine nach oben führende Treppe entdeckte. Weil ich nicht überblicken konnte, ob sie allein war, habe ich es sein lassen und bin gegangen. Beim zweiten Vorhaben hatte ich wieder ein Messer dabei. Doch etwas wehrte sich in mir. Ich konnte nicht zustechen und bin gegangen.«
    Obwohl Herbert Ritter weiterhin seine Gewaltphantasien durchlebte, verlangten diese über einen längeren Zeitraum nicht nach weiteren Morden. Das hieß: Trotz einer latenten Tatbereitschaft schienen zusätzliche äußere Einflüsse nötig zu sein, um den Topf mit den Gewaltbildern zum Überlaufen zu bringen und die tatsächliche Gewalt auszulösen. Zu der Einschätzung war auch Ritter selbst gelangt.»Ich denke, dass der finanzielle und innere Druck nicht hoch genug waren. Wären beide so hoch wie bei den ersten Taten gewesen, dann hätte ich das auch gemacht.«
    Doch nach den abgebrochenen Versuchen kam recht schnell sein Arbeitslosengeld, was ihm den finanziellen Druck genommen hatte. Zudem war seine Freundin ausgezogen und konnte ihn »jetzt nicht mehr betrügen, bevormunden und nerven«.
    War ohne diesen als doppelt empfundenen Druck die Selbstbefriedigung ein ausreichender Katalysator für seine Phantasien? Ich fragte Herbert Ritter, ob er in dieser Zeit tatsächlich ohne zusätzliche Reize ausgekommen sei, und erinnerte ihn an die »Katzenmorde«.
    »Die Freundin war weg, doch ihre Katzen waren noch da. Sie haben mich auf einmal sehr gestört, erinnerten sie mich doch an sie. Da habe ich sie in einem Wassereimer ertränkt: Deckel drauf und Wasser rein. Doch das hatte nichts mit meinen Phantasien zu tun. Bei der Katze vom Nachbarn ist das anders gewesen: An ihr habe ich eine zentrale Gewaltphantasie ausgelassen, die ich gerne bei den Morden realisiert hätte. Als ich sie ertränkt hatte, habe ich sie in der Dusche aufgehängt, ausgeweidet und ihr den Kopf abgeschnitten. Dann steckte ich mein Geschlechtsteil in den Schlund der Katze und habe mich dabei befriedigt.«
    In diese Zeit fallen auch Herbert Ritters erste Suizidversuche, da er mit den Morden nicht zurechtkommt. Sie erscheinen ihm auf einmal doppelt sinnlos, denn seine Freundin konnte er trotzdem nicht halten und auch die Phantasien sind geblieben. Kurze

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