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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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zu sein, dass er es wusste. »Ich werde nicht einfach verschwinden.«
    »Ich hatte gehofft … dass die anderen einfach aufgehört haben … nach Hause gegangen sind … oder …« Antons Stimme verlor sich.
    »Also kümmert es dich, Andy. Ich wusste, dass du darunter irgendwo weich bist.«
    Sie reichte Anton seine Tasse und setzte sich wieder. »Also, du möchtest hören, warum ich nicht verschwinden werde?«
    Anton nickte.
    »Was ich tue, ist ein Job. Ich bin hier, weil ich Pech hatte, musst du wissen.« Sie lächelte. »Weißt du über das Salz Bescheid?«
    Anton hob die Brauen.
    »Nein, Andy? Das bedeutet, dass du nicht viel Umgang mit abergläubischen Osteuropäern hast.«
    »Ich …«
    »Ja, ich weiß, Andy – du verkehrst überhaupt nicht mit allzu vielen Menschen, nicht wahr?« Sie nippte an ihrem Kaffee. »Es bedeutet Unglück, musst du wissen, wenn du Salz bei deinem Haus verschüttest.«
    Sasha blickte in ihre Tasse. »Ich geb dir einen Rat, Andy. Hab nie ein Verhältnis mit dem Nachbarn nebenan – vor allem, wenn er verheiratet ist.« Sie kaute an ihrer Lippe. »Er wollte sie verlassen, weißt du. Zumindest hat er mit das erzählt. Am Ende hat er nur seiner Frau was erzählt – über mich. Ich bekam die Schuld. Mein Vater gab mir die Schuld – das hatte ich auch erwartet. Sie können nicht anders denken. Meine Mutter aber … nun, ich hätte erwartet, dass sie anders wäre. Ich weiß nicht …«
    Sasha blickte ihn an. »He, was stimmt mit meinem Kaffee nicht?«
    Anton wetzte unruhig im Sessel. »Was ist mit dem Salz?«
    »Ach, das Salz. Eines Tages habe ich die Eingangstür geöffnet, um zur Arbeit zu gehen, und da war es. Als hätte es die ganze Nacht geschneit. Unser Vorhof war einen Meter dick mit Salz bedeckt. Ich habe keine Ahnung, woher sie alles herbekam. Zum Teufel, sie hat mich mit einem Fluch belegt.«
    »Mit einem Fluch?«
    »Du glaubst nicht an Flüche. Ich kann dich nicht dafür tadeln. Ich habe auch nie daran geglaubt – glaube es vielleicht noch immer nicht. Meine Familie aber schon. Das war der Tag, an dem mich mein Vater auf die Straße setzte. Sorgte auch dafür, dass ich meine Arbeit verlor – das ist das Problem mit ethnischen Gemeinschaften, die wie Pech und Schwefel zusammenhalten.«
    »Du hättest etwas anderes finden können.«
    »Was? Familie, ethnische Gemeinschaft oder Arbeit? Das ist nicht so einfach. Ich habe an dem Tag mehr verloren, als du dir vorstellen kannst.«
    »Ich kann mir eine Menge vorstellen.«
    »Wirklich?« Sie stellte ihre Tasse zu Boden. »He, wenn du meinen Kaffee nicht trinkst, kannst du nicht bleiben, fürchte ich.«
    Anton stellte seine Tasse nieder und wollte aufstehen.
    »Ich habe nur Spaß gemacht, Andy. Wenn wir miteinander auskommen sollen, musst du herausfinden, wann ich scherze.«
    »Ich muss gehen«, sagte Anton. »Ich sollte nicht hier sein.«
    »He, deine Mutter wird es nicht erfahren.«
    Anton war schon bei der Tür. »Tut mir Leid, ich muss gehen.«
    »In Ordnung, Andy. Niemand zwingt dich zu etwas. Wenn ich dich langweile.«
    »Du langweilst mich nicht.«
    »He, das war auch ein Scherz. Ich weiß, ich bin nicht sehr gut im Gespräche führen.«
    Anton hatte seine Hand auf dem Türgriff und stieß die Tür auf. Als er es tat, hüllte ihn etwas Schwarzes ein und riss ihn in den Hof hinaus.
    Er fiel auf die Knie und rollte sich instinktiv fort. Als er hinaufblickte, sah er, wie etwas verschwommen Schwarzes auf die Stelle niederstieß, wo er hingefallen war.
    Anton ergriff seinen Schlüssel und zog an der Kette, an der er ihn um den Hals trug, bis er auf Augenhöhe war. Dann spähte er durch das Loch nach oben.
    »Ach, jetzt kann ich dich sehen«, sagte er zu der schwarzen Gestalt, die aufstand. »Ein Erzgrimm. Wer hätte das gedacht? Das Vorzeichen hatte Recht. Eine Verkleidung innerhalb einer Verkleidung.«
    Das Ding grinste ihn böse an, als es auf ihn losging. »Deine Wache ist vorbei. Wir sind da.« Die Stimme kam von hinten aus seiner Kehle.
    Verschwommen sprang der Erzgrimm auf Anton los und heulte vor Schmerz, als er nach der Kette griff. Anton stieß mit der Schulter nach dem Wesen und versuchte dann, sich wegzudrehen. Die Kette schnitt hinten in seinen Nacken ein, und er schrie.
    Er blickte auf und bemerkte, dass der Erzgrimm außer Atem war, aber sich langsam aufrichtete. Er griff nach dem Schlüssel, dessen kühle Berührung ihm Zuversicht gab. Noch eine Überraschungstaktik. Selbst ein Erzgrimm hätte nicht Kraft genug für einen

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