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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Begeisterung machte, diesen irren Kram von geheimen Nazi-Labors, die um Haaresbreite an der Entwicklung einer Atom-Bombe für Hitler vorbeigeschrammt wären –, angeblich hatte man sogar daran gearbeitet, Menschen durch Telefonkabel zu transportieren, was Hitler in die Lage versetzt hätte, einen neuen, elektronischen Blitzkrieg aus dem Herzen des zusammenbrechenden Reichs zu führen!
    Nach dem Krieg hatten Forbes und Max heiraten wollen. Doch daraus war bisher nichts geworden. Max hatte nämlich eine Eigenschaft ausgeprägt, welche Forbes als ungesunden Arbeitseifer betrachtete.
    Ohne Zweifel würde das sich irgendwann einpendeln. Und inzwischen machte das Bodenpersonal von Hatfield ihn über Funk darauf aufmerksam, dass er mit der Träumerei aufhören und an die Arbeit gehen möge.
    Er nahm zwei Ohrenstopfen und schob sie sich in die Gehörgänge. Dann zog er die Vampire hoch und ritt auf einem kohlschwarzen Abgasstrahl in den Himmel.
    Das Blau war wundervoll, und es wurde noch intensiver, je höher er stieg.
    Er nahm den Schub zurück, als die Luft dünner wurde. In einem Bogen näherte die Vampire sich dem Scheitelpunkt der Flugbahn, in einer Höhe von sechzigtausend Fuß.
    Die Erde breitete sich unter ihm aus. Die leicht gekrümmte Landschaft war grün, braun und grau getüncht, und der Himmel über ihm war von einem so dunklen Blau, dass er fast schon schwarz wirkte. In wenigen Minuten von einer englischen Vorstadt an die Grenze des Weltraums. Verdammt sonderbar.
    Doch nun würde es haarig werden, wenn er nämlich in den Hochgeschwindigkeits-Sturzflug ging. Er rechnete damit, bei vierundzwanzigtausend die Kontrolle über die Maschine zu verlieren. Dann würde er ein paar Gebete sprechen, bis er bei fünfzehntausend wieder dichtere Luft erreichte und die Kontrolle zurückerlangte.
    Wenn er es richtig anstellte, würde er zum Mittagessen wieder zu Hause sein.
    Er drückte die Nase nach unten und leitete den Sturz in die Atmosphäre ein.

 
    1957: Preston, England
     
    Susan Maxton Forbes verfolgte belustigt, wie ihr Mann elegisch durch die Konstruktionsbüros von English Electric wandelte. Während der Countdown des Blue Streak- Starts über eine rauschende Funkverbindung von Woomera übertragen wurde, scharten die jungen Aerodynamiker sich um Henry. Sie musste zugeben, dass er gute Arbeit geleistet hatte.
    »Eindrucksvoller Ort«, sagte er nun schon zum fünften Mal.
    »Sie hätten uns mal nach Kriegsende sehen sollen«, sagte ein ergrauter (vielleicht vierunddreißig Jahre alter) Veteran. »Alles, was wir hatten, war eine leerstehende Werkstatt. Und dort haben wir die Canberra ausgebrütet.«
    »Ach so! Und ich habe sie erprobt. ›Das Flugzeug, in dem die Zeit stehenbleibt‹ …«
    »Ja«, hauchte eine junge Mitarbeiterin. »Das muss aber aufregend gewesen sein.«
    »Eigentlich nicht. Journalisten entlocken Testpiloten manchmal ziemliche Abenteuergeschichten. Aber die Arbeit an sich ist methodisch und nüchtern.«
    »Werden Sie sich auch so fühlen, wenn Sie unsere Mustard testen, Henry?«
    »Das hoffe ich doch, oder ich bin mein Geld nicht wert!«
    Das sorgte für allgemeine Heiterkeit. Dann gingen sie in einen anderen Bereich des Büros, und Max ergriff die Gelegenheit beim Schopf, sich bei ihrem Mann unterzuhaken und ihn von der jungen Frau wegzulotsen.
    »Erzähl mir nur nicht, dass du die ganze Aufmerksamkeit nicht genießt«, flüsterte sie ihm zu.
    »Natürlich genieße ich es. Du kennst mich doch. Bei diesem Heckmeck vergesse ich für einen Moment, dass ich schon so ein alter Knacker bin …«
    Sie wechselten Blicke, und er schwieg. Es waren nämlich diese Bemerkungen über das Alter, die im üblichen Streit mündeten, ob sie für Nachwuchs sorgen sollten, und wenn ja, wann, oder ob sie nicht schon längst …
    Sie drückte seinen Arm. »Ich wünschte nur, die Leute wären von meiner Arbeit auch so begeistert«, sagte sie.
    Er grunzte. »Du hast deinen Auftritt gehabt, als du diesen Holzwürfel durchgeschickt hast. Das war für Wochen fast das einzige Thema in der Zeitung; es hat sogar Suez von den Titelseiten verdrängt.«
    »Aber es hat nicht funktioniert. Der Würfel kam in Form von Kügelchen wieder raus und …«
    »Aber das Gerät kam trotzdem ins Museum! Was willst du denn noch? Ganz zu schweigen von dem armen Hamster, der am Schock gestorben ist und den du hast ausstopfen lassen.«
    Sie kicherte. »Stimmt, das war schon ziemlich grausam. Aber um öffentliche Aufmerksamkeit geht es mir auch

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