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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Manschettendichtung draufgeht, schicken sie gewöhnlich eine Krankmeldung nach oben an den Navsat. Diesmal gab es keine.«
    Muller nickte. Er hatte das unbehagliche Gefühl, dass Rawlinson seine fachliche Kompetenz geprüft hatte. »Wir sollten ihn wieder in Gang setzen können, glaube ich. Die Kühe scheinen nicht sehr gut drauf zu sein. Ihr Australier liebt euer Rindfleisch mehr als die Argentinier.«
    »Rindfleisch?« Rawlinson gab ein merkwürdig glucksendes Geräusch von sich, und Müller sah zu, wie das orangefarbene Glühwürmchen seiner Zigarette im Bogen zu Boden fiel. »Man könnte von Glück sagen, wenn man aus dem ganzen Haufen einen Würfel Fleischbrühe herausquetschen könnte.«
    Einen Augenblick lang fragte sich Muller, ob er kein Englisch verstünde – oder zumindest Rawlinson nicht. »Wollen Sie damit sagen, dass Cadmans Kühe nicht zur Fleischgewinnung dienen?«
    »Diese Lieferung nicht, Paco.« Rawlinson klopfte mit den Knöcheln auf die Gitterstäbe, anscheinend ohne von dem überwältigenden Rindergestank Notiz zu nehmen, der sich zwischen ihnen ausbreitete. »Kommt vielleicht zweimal die Woche herunter. Sieht aus wie alle anderen, abgesehen davon, dass die Seriennummer auf den Frachtpapieren anders ist – und man schickt uns immer mit dem Flugzeug aus, um zuerst einen von diesen zu reparieren, selbst wenn eine reguläre Lieferung inzwischen woanders verschimmelt.«
    »Dann führen die anderen Züge alle …« Muller zögerte, im Bewusstsein, dass das, was er sagen würde, lächerlich klang. »Weibliche Kühe?«
    »Ja.«
    Muller zögerte, bevor er die nächste Frage stellte, und fragte sich neuerlich, ob ihn Rawlinson prüfen wollte. »Wozu dienen dann diese Kühe, wenn nicht, um gegessen zu werden?«
    »Sie sind trächtig.«
    »Kurz vor dem Kalben?«
    Muller fing Rawlinsons amüsiertes Blinzeln auf. »Ja, Paco, kurz vor dem Kalben. Das ist auch der Grund, warum wir diese japanische Scheiße wieder dazu bringen müssen, dass sie sich bewegt. Wir wollen doch nicht, dass sie vor Adelaide werfen, nicht wahr?«
    Muller hörte wieder, wie das Seitengatter rasselte, erstaunt darüber, dass es bis jetzt ohne Bruch gehalten hatte. »Sie glauben, das Problem liegt beim Transitionär, nicht wahr?«
    »Man bekommt ein Gespür für diese Dinge«, sagte Rawlinson, was andeutete, dass es eine Fähigkeit war, die Muller wahrscheinlich nie erlangen würde. »Hast du die Unterlagen zur Hand? Ruf die Doku auf.«
    Er meinte die Biographie des Transitionärs, der gegenwärtig den Cadman-Straßenzug lenkte – oder vielmehr nicht lenkte. Muller machte sich am Sleevetop zu schaffen und fand es innerhalb weniger Sekunden. »Was wollen Sie wissen?«
    »Zunächst einmal, mit wem wir es zu tun haben.«
    Er meinte den Namen des Transitionärs. »Blaine Dubois«, sagte Muller und nickte. »Kennen Sie ihn?«
    »Natürlich. Habe ihn selbst versorgt.« Rawlinson schob den Hut in die Höhe und kratzte sich die drahtige Wolle darunter. »Er ging um 2008 herum hinein, nicht wahr?«
    »Sie haben ein gutes Gedächtnis, Rawlinson.«
    »Einen solchen Namen vergisst man nicht so schnell. Klavierspieler oder sowas. Wahrscheinlich ein Weiberheld. Muss seine Schäfchen ins Trockene gebracht haben. Jedenfalls stammen die meisten von Cadmans Trans aus dem Jahre ’08. In diesem Jahr gab es mehr von ihnen als in den fünf vorher. Natürlich gab es von ’09 an fast keine mehr.«
    »Das große Jahr«, sagte Muller nachdenklich. »Ich erinnere mich, als Kind davon gehört zu haben, als ich von der Schule in Mendoza heimkam.«
    »In eurer Schule lehren sie euch lesen?«
    Muller runzelte die Stirn. »Natürlich.«
    »Dann drück auf den verdammten Abrollknopf. Möchte nicht die ganze Nacht hier herumstehen.«
     
    Eines war bei U-Life sicher; sie machten Nägel mit Köpfen.
    Sapphire sah zu, wie ihr Hubschrauber eine tadellose Landung auf dem Asphalt hinlegte; Mannschaft absetzen und sich sofort aus dem Staub machen, als ob der Pilot Stunden damit verbracht hätte, Infiltrationstrupps im zentralamerikanischen Regenwald abzusetzen. Was gar nicht so unwahrscheinlich war, wie sie annahm. Und wär’ das nicht zum Heulen, es war erst zwanzig Jahre her, seit sie ein besonders scheinheiliges Lied für die Platte aufgenommen hatte, die gegen das Engagement der USA in Nicaragua protestiert hatte; das mit dem überproduzierten Singsang-Finale. Der Hubschrauber jetzt war flaschengrün, mit einem ägyptischen Auge auf einer Seite aufgemalt, getarnt als

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