Auf der Straße nach Oodnadatta
des Wagens. Ohne lange nachzudenken, warf ich mich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Flucht war mein einziger Gedanke, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt nichts Bedrohliches passiert war. Die Abos reagierten auf den Wagen wie meine gestrigen Besucher, nur zielten sie mit ihren Speeren viel besser, als diese mit ihren Revolvern. Der erste knallte gegen die Ladefläche und richtete nicht viel Schaden an, doch ich musste zurücksetzen, um an dem einen Baum vorbeizukommen und bot ihnen dadurch meine Flanke dar. Zum Glück nur die Beifahrerseite. Wäre es meine Seite gewesen, hätten sich meine Probleme inzwischen erledigt. So durchschlug der Speer nur das Fenster und blieb in dem Sitz neben mir stecken. Andersherum wäre er jetzt irgendwo zwischen meinen Rippen gewesen. Nach dieser Attacke, besonders wohl wegen deren Wirkungslosigkeit, ergriffen die Abos die Flucht, und ich gab aus den gleichen Gründen Gas. Nur weg von hier. Egal was mich erwartete, es gab nur ein Ziel, das Lager von Brahe und seinen Gefährten. Auch meine zweite Begegnung im Jahre 1861 konnte man nicht unbedingt als Erfolg bezeichnen. Zum Glück hatte ich nichts Wichtiges zurückgelassen. Lediglich einen meiner beiden Campingstühle und einen verrußten Wasserkessel sowie eine Tasse und meinen Zucker. Das würde sich verschmerzen lassen. Durch das unbändige Holpern des Wagens klackten einige Relais in meinem Kopf wieder in die richtige Stellung, und ich war zu einem vernünftigen Gedanken fähig.
Ich stieg auf die Bremse und brachte den Wagen ziemlich hart zum Stehen. Ich fluchte laut, als der Wagen hinten aufsetzte. Wenn jetzt die Achse brach, dann hätte sich mehr für mich erledigt, als mir lieb sein konnte. Ich schaltete in den Leerlauf, zog die Handbremse an und inspizierte durch das Rückfenster die Ladefläche. Alles lag kreuz und quer durcheinander, doch auf den ersten Blick schien nichts Wichtiges zu fehlen. Die Wasserkanister waren noch da, ebenso der Swag und die Werkzeugkiste. Eigentlich hätte ich die Sachen festzurren müssen, doch soweit reichte mein Mut denn doch nicht. Ich orientierte mich kurz. Zu meiner Rechten lagen die Sandridges, die sich zum Mudlankie Hill hinzogen, links, hinter den Bäumen, schlängelte sich der Cooper Creek dahin. Ich musste versuchen, mich immer nahe am Fluss durch das noch von Wagenrädern jeglicher Art unberührte Gelände vorzutasten, dann würde ich zwangsläufig, so hoffte ich zumindest, auf Brahes Lager treffen. Auf keinen Fall war ich mit dem Wagen in diesem Gelände schneller als die Aboriginals, falls diese mich wirklich verfolgten. Doch jetzt, nachdem ich einigen Abstand zwischen sie und mich gebracht hatte, war ich mir ziemlich sicher, dass sie über die Begegnung mindestens genauso erschrocken waren wie ich und nicht an eine Verfolgung dachten. Ich legte den ersten Gang ein und ließ den Off-Roader vorsichtig anrollen. Meine Hände krampften sich um das Steuerrad, und ich versuchte in einer Schlangenlinie der Vorstellung eines geraden Weges zu folgen. Immer wieder musste ich weit nach links oder rechts ausweichen, um einer Abbruchkante oder einem trockenen Bachbett auszuweichen. Mehrmals setzte der Wagen mit einem Knirschen auf und jedes Mal hielt ich in den Minuten danach mit starrem, Unheil befürchtendem Blick auf die Instrumente die Luft an. Es folgte ein erleichtertes Aufatmen, wenn der Öldruck nicht abfiel und die Wassertemperatur keinen Sprung nach oben machte. Der RV50 konnte wirklich etwas vertragen. Nach einiger Zeit, ich hatte nach dem Kilometerzähler ungefähr zwanzig Kilometer zurückgelegt, Luftlinie sicher nicht viel mehr als die Hälfte, hielt ich an. Ich hatte mir während der Fahrt schon einige Gedanken über meinen Auftritt bei Brahe gemacht und musste noch einige Vorbereitungen treffen. Es ließe sich kaum vermeiden, dass er und seine Männer meinen Wagen genau inspizierten, also sollte ich ein paar Dinge besser loswerden und einige andere gut verstecken. Das Funkgerät und das Satellitennavigationsgerät waren absolut überflüssig, andererseits, wenn ich irgendwann eines Morgens aufwachte und wieder im zwanzigsten Jahrhundert war, konnten sie von Nutzen sein. Ich brachte nicht übers Herz, meine irrationale Hoffnung über Bord zu werfen und die beiden Geräte in die flache Grube zu legen, die ich ausgehoben hatte. Wenn meine Hoffnungen irrational waren, dann war es meine Lage ebenfalls. Im Zweifelsfall würde ich ihnen irgendetwas erzählen, was sie sowieso nicht
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