Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
das Chaos zu vergrößern. Die Kamele blökten und versuchten auf die Beine zu kommen, was ihnen, da ihre Vorderläufe aneinander gebunden waren, natürlich nicht gelang, und die Pferde zerrten an ihren Halftern, stiegen auf die Hinterhand oder schlugen nach allen Richtungen aus. Ein Wunder, dass sich keines der Tiere dabei verletzt hatte.
    Als wir die Situation wieder einigermaßen im Griff hatten und versuchten, uns einen Reim auf das Erscheinen der Abos zu machen und möglicherweise auch zu ergründen, was uns erwartete, kam ich nicht umhin, den anderen mitzuteilen, dass ich wahrscheinlich schon einmal Kontakt mit dieser Gruppe Abos gehabt hatte. Auch, dass ich oder vielmehr mein Wagen von ihnen angegriffen worden war. Ich versuchte die ganze Sache zu verharmlosen, hauptsächlich um mich selbst zu beruhigen. Was konnten ein paar Abos, die sich auf dem Niveau besserer Steinzeitmenschen befanden, schon gegen uns ausrichten.
    »Du solltest besser die Finger von deiner Lokomotive lassen«, stellte Brahe fest und stocherte mit einem Stock im Feuer herum. Keiner von uns hatte die Bohnen, die ich aus meinem Vorrat zur Aufbesserung der Reisportion geopfert hatte, so richtig genießen können. Als wir sicher waren, dass die Abos nicht so schnell zurückkommen würden, hatte jeder sein Essen wortkarg und hastig in sich hineingeschaufelt.
    »Glaubt ihr, sie kommen wieder?«, fragte ich in die Runde, ohne auf Brahes Vorwurf einzugehen.
    »Keine Ahnung, Doc«, stöhnte Patton vom Baum her. »Ist mir auch egal, solange du mir noch eine von deinen Pillen gibst.«
    Ich nickte, und erst als ich aufstand, wurde mir klar, dass ich, um die Schmerztabletten zu holen, in die Dunkelheit musste. Zwar nur ein paar Meter hinüber zu meinem Wagen, doch selbst der war nur ein verschwommener heller Fleck, kaum vom Feuer beleuchtet. Wenn sich die Abos in ihrer lautlosen Art bis dorthin vorgearbeitet hatten, dann hätten wir sowieso keine Chance, ging es mir durch den Kopf. Ich nahm mein Gewehr und stand auf. Kaum war ich aus dem Lichtschein des Feuers herausgetreten, beschleunigte die Angst meine Schritte. Ich riss die Beifahrertür auf und holte aus dem Erste-Hilfe-Kasten einen Streifen mit Schmerztabletten. Als ich mich umdrehte, um in die Sicherheit des Lagerfeuers zurückzukehren, auch wenn es eine recht trügerische war, wurde mir bewusst, dass der Feuerschein kilometerweit in der durch keinerlei Fremdlicht erhellten Landschaft zu sehen war. Ein hell strahlender Leuchtturm mitten in einer gottverlassenen Gegend. Aber die Abos würden uns auch finden, wenn wir kein Feuer hätten. Ich gab Patton die Tablette, der sie mit einem Schluck Tee herunterspülte.
    »Die Schwarzen müssen deinen Wagen für ein absonderliches Tier halten. Sie haben wahrscheinlich schreckliche Angst davor«, meinte Jonathan, als ich mich wieder auf meinem Campingstuhl niedergelassen hatte. Er saß mit dem Rücken an eine leere Proviantkiste gelehnt mir gegenüber. Die Reflexe der Flammen zuckten über sein Gesicht und ließen die Schweißperlen auf seiner Haut glänzen.
    »Klar«, stimmte ihm Perdy zu, »als sie zum erstenmal Kamele sahen, haben sie sich genauso angestellt.«
    »Hoffentlich«, ergänzte Brahe nachdenklich, »kommen sie nicht auf den Gedanken, sie müssten das Tier töten, weil es irgendeine ihrer …« Er suchte nach einem Wort, gab es dann auf. »Na was immer sie glauben, verletzt.«
    »Den Wagen zu töten, wird ihnen schwer fallen«, warf ich ein. »Da werden sie sich mit ihren Speeren, und was sie sonst noch haben mögen, die Zähne ausbeißen.« Ich steckte mir eine Zigarette an. Meinen Vorsatz, mit dem mir verbleibenden Vorrat zu haushalten, hatte ich schon längst über Bord geworfen.
    »Wollen wir das Beste hoffen.«
    »Wieso?« Ich schaute Brahe erstaunt an.
    »So dumm, wie du glaubst, sind die Schwarzen nicht«, erklärte er. »Du hast doch gesehen, wie sie deinen Wagen untersucht haben. Erst als du ihn …« Er suchte wieder nach einem Wort für einen Vorgang, der in dieser Zeit eigentlich nicht existieren durfte. Ich kam ihm zu Hilfe.
    »… angelassen habe.«
    »Angelassen? – Na, wie auch immer. Als das Tier von dir zum Leben erweckt wurde, da haben sie sofort angegriffen.«
    »Und weiter?«
    »Es ist nicht schwer, den Schluss zu ziehen, dass du Macht über das Tier hast. Das schaffen selbst die Wilden.«
    »Wie ein Dompteur, meinst du?« Ich grinste ihn an, was er aber bestimmt nicht bemerkte.
    »Wie ein Reiter über ein Pferd oder ein

Weitere Kostenlose Bücher