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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Deutschland vor Hitler bewahren und Kennedy vor den Kugeln von Oswald. Mehr fiel mir im Moment nicht ein. Doch so ging es nicht. Wie würde die Welt aussehen, wenn die Titanic nicht sank und der Erste Weltkrieg nicht stattfand? Dies zu überlegen blieb noch Zeit genug. Zuerst musste ich selbst überleben, dann könnte ich an Leute denken, die in der Zukunft sterben würden und heute noch nicht einmal geboren waren.
    Ich war von meiner Welt genauso abgeschnitten, als ob ich mich irgendwo da oben auf einem Planeten befände, der um einen der weit entfernten Fixsterne kreiste. Ich war noch nicht einmal in der Lage, mich selbst zu retten. Aber ich wusste, dass Brahe und seine Männer überleben würden. Zumindest hatten sie das nach der mir bekannten Geschichte. Doch damals, oder besser heute, hatten sie sich nicht den Zorn der Abos durch einen Toyota Landcruiser zugezogen. War alles, was ich über die Burke-Wills Expedition gelesen hatte, nicht bereits hinfällig geworden? Ich musste mir morgen den Bericht über die Expedition, der sich auf der Rückseite meiner Westprintkarte befand, noch einmal ansehen. Vielleicht stand da schon, dass Wright, als er schließlich zum Dig Tree kam, die Leichen von Brahe und seinen Männern, sowie die eines Unbekannten vorgefunden hatte. Dazu noch ein seltsames metallenes Objekt, mit dem niemand etwas anfangen konnte und das zu schwer war, um es mit zurück nach Menindee zu nehmen.
    »Die Nächte hier draußen machen nachdenklich.« Brahe hatte fast geflüstert.
    »Ja. Die Sterne sind so hell. Zum Greifen nahe, und die Welt ist so weit weg. Fast unerreichbar weit weg«, gab ich genauso leise zurück, um die Schlafenden nicht zu wecken.
    »An was hast du gedacht?«
    Es war die Frage aller Liebenden, hier so unpassend wie in jeder anderen Situation. Eine Frage, die man nicht beantworten kann, denn sonst würde man nicht denken, sondern sprechen. Ich versuchte es dennoch mit ein paar Gemeinplätzen, die einleuchtend erscheinen mussten.
    »Hast du nicht auch manchmal das Gefühl, hier in der Einsamkeit vergeht überhaupt keine Zeit? Heute ist alles so wie gestern, und morgen wird so sein wie heute?«
    »Ich hoffe nicht«, versuchte ich dem Gespräch seinen ernsthaften Charakter zu nehmen. »Ich könnte auf weitere Besuche der Wilden verzichten.«
    »Da hast du Recht«, stimmte er mir zu. »Es wäre besser für uns.«
    Was genau er damit meinte, war mir nicht klar. Brahe klopfte seine Pfeife aus und stand auf. Er ging zum Holzhaufen hinüber, nahm ein paar Äste und warf sie ins Feuer. Es, dauerte nicht lange, dann schossen die Flammen in die Höhe.
    »Hier ist meine Uhr. Weck mich um Mitternacht.«
    Ich nahm die klobige Taschenuhr und steckte sie in meine Westentasche. Meine eigene Armbanduhr hatte ich zusammen mit den Karten im Handschuhfach versteckt, da ich nicht wusste, ob so ein Gerät in dieser Zeit schon existieren durfte. Und bei solchen Kleinigkeiten wollte ich mir endlose Erklärungen einfach sparen. Brahe verzog sich zu seinem Schlafplatz und ich klammerte mich an meinem Gewehr fest.
    Die Zeit verging doch, wenn auch sehr langsam, bis es schließlich Mitternacht war. Ich weckte Brahe und verkroch mich in meinen Swag.

 
5
     
    Drei Tage später verzehrten wir zum Frühstück die Reste meiner Vorräte. Zuerst hatte ich geplant, meine Nahrungsmittel einzuteilen und sie sparsam als Abwechslung des tristen Speiseplans einzusetzen. Aber einmal auf den Geschmack der Konserven gekommen, waren meine Gefährten nicht zu halten gewesen. In Anbetracht der Tatsachen, dass sie schon seit Wochen nichts annähernd so gut Schmeckendes mehr gehabt hatten, war es auch nicht verwunderlich, und was machte es schon aus, ob wir heute oder in zwei Wochen die letzte Dose Pfirsiche in uns hineinschlangen. Ab morgen wäre auch ich auf das angewiesen, was noch da war, oder was uns das Jagdglück bescherte. Nach dem Frühstück begaben sich Brahe, Jonathan und Perdy an ihre täglichen Verrichtungen, zu denen ich nicht viel beitragen konnte. Zwei Männer, Perdy und Jonathan, genügten vollauf, um die Gegend nach jagdbarem Wild zu durchstreifen, obwohl ihre Ausflüge in den Tagen nach meiner Ankunft nicht von Erfolg gekrönt waren. Brahe kümmerte sich um die Pferde und Kamele, wobei meine anfänglichen Versuche, ihm zur Hand zu gehen, unter den Tieren mehr Verwirrung gestiftet hatten, als eine Hilfe gewesen wäre. So war mir die Aufgabe übertragen worden, zusammen mit Patton das Lager zu bewachen.

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