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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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mit seiner Gruppe in ähnlichen Schwierigkeiten und insgesamt schon über zwei Monate unterwegs war. Ich redete Patton noch ein paar Minuten gut zu und ging dann hinunter zum Fluss, um frisches Wasser zur Kühlung seines Knöchels zu holen. Brahe war gerade dabei, die Kamele zu tränken. Während er sich mit den widerspenstigen Tieren abmühte, versuchte ich herauszufinden, was seine Pläne waren. Auch er war sich über die ziemlich ausweglose Situation im Klaren, doch hoffte er jeden Tag auf das Eintreffen von Wright. Bei dieser Gruppe, dem Tross sozusagen, wäre auch ein Arzt, der sich dann um Patton kümmern konnte.
    »Ich weiß«, räumte er nachdenklich ein, »Patton würde am liebsten sofort aufbrechen. Jonathan und Perdy wahrscheinlich auch, doch was ist dann mit Burke, Wills, Gray und King?«
    Ich antwortete darauf nichts, nahm den mit frischem Wasser, soweit man bei der lehmgelben Brühe überhaupt davon sprechen konnte, gefüllten Eimer und ging zurück zum Lager. Nachdem ich Pattons Bein wieder in feuchte Tücher gewickelt hatte, ging ich hinüber zu meinem Wagen. Ich öffnete vorsichtig das Handschuhfach und holte die Westprintkarte heraus. Nach Brahes Rechnung, und sie war die Einzige, die mir zur Verfügung stand, schrieben wir den vierzehnten April. Noch sieben Tage bis zum Aufbruch. In drei Tagen würde Gray am Lake Massacre sterben. Ich vergewisserte mich, dass Patton immer noch unter seinem Baum lag und auch von den anderen weit und breit nichts zu sehen war. Dann vertiefte ich mich in die Karte. Bis zum Lake Massacre waren es ungefähr einhundertzwanzig Kilometer. Selbst wenn die Tracks, die in der Karte verzeichnet waren, noch nicht existierten, musste es in zwei Tagen zu schaffen sein. Zumindest für meinen Off-Roader. Es war immer ein Rätsel geblieben, wie Burke, Wills und King diese Strecke nach all den Entbehrungen, die sie zu diesem Zeitpunkt schon hinter sich hatten, in nur vier Tagen hatten überbrücken können. Die gängige Theorie war, dass sich Burke bei seinen Tagebucheintragungen im Datum vertan hatte und erst sehr viel später als angegeben, nämlich erst Mitte Mai, in dem verlassenen Camp am Dig Tree angelangt war. Zu diesem Zeitpunkt waren Brahe und Wright schon längst auf ihrem Weg zurück nach Menindee, nachdem sie Anfang Mai noch einmal hierher gekommen waren und ihre Nachricht für Burke und seine Gruppe unberührt vorgefunden hatten. Was aber, wenn Burke sich nicht geirrt hatte und er zusammen mit seinen verbliebenen beiden Gefährten die Strecke nicht zu Fuß, sondern mit einem Off-Roader zurückgelegt hatten? Doch wenn sie erst am einundzwanzigsten zurückkämen, wäre es zu spät. Mir blieb in jedem Fall nicht mehr viel Zeit. Ich faltete die Karte zusammen und verstaute sie wieder im Handschuhfach.
    Den Rest des Tages saß ich ziemlich einsilbig im Lager herum, während Brahe und Jonathan das Känguru, das ihnen an diesem Morgen vor die Flinte gelaufen war, in einen Braten verwandelten. Das Fleisch war zäh und trocken, aber immerhin genießbar. Der Reis trug auch nicht viel dazu bei, das Mahl schmackhafter zu machen und meine Einsilbigkeit schien auf die anderen abzufärben. Einzelne Versuche, ein Gespräch in Gang zu bringen, scheiterten meist kläglich nach ein paar Sätzen. Schließlich saßen nur noch Brahe und ich am Feuer und starrten abwechselnd in die Flammen und zum Himmel hinauf. Ich hatte mir den ganzen Nachmittag überlegt, wie ihm auf unverdächtige Weise beizubringen wäre, wo er Burke und seine Leute treffen konnte. Aber schon meine vorsichtigen Andeutungen, einen Rettungstrupp auszusenden, hatte er kategorisch mit dem Hinweis auf die Wilden und der Aussichtslosigkeit eines solchen Unterfangens abgelehnt. Natürlich hatte er von seinem Kenntnisstand her Recht. Er wusste ja nicht, dass Burke nur einhundertzwanzig Kilometer entfernt um sein Leben kämpfte. Und es war auch keine gute Idee, seine Gruppe, die aus drei Männern und einem Verletzten, der sich kaum ohne Hilfe bewegen konnte, noch angreifbarer zu machen, indem er sie aufteilte.
    »Wie kommst du darauf, dass Burke irgendwo da draußen ist?«, fragte Brahe unvermittelt.
    Ich zuckte zusammen. Es vergingen ein paar Sekunden, bis ich mir eine Antwort, die nicht besonders originell war, zurecht gelegt hatte. »Es ist ein Gefühl«, gab ich zurück. »Kennst du das nicht? Man ist sich einer Sache sicher, ohne zu wissen warum.«
    »Das mag ganz interessant sein, wenn du in Melbourne bist, aber hier

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