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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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waren auf dem Tageskilometerzähler siebzig gefahrene Kilometer abzulesen. Weit mehr als ich auf der Hinfahrt geschafft hatte. Und noch immer hatte uns kein Blitz der Mächte des Schicksals getroffen.
    »Und dieses Wunderwerk sollen englische Manufakturen entworfen und hergestellt haben?«, fragte Wills ungläubig. Sein Blick war an dem hell leuchtenden Feuer vorbei auf mich gerichtet.
    »Ja«, gab ich kurz angebunden zurück. Allmählich hatte ich genug von diesen endlosen Frage- und Antwortspielen.
    »Von so etwas habe ich noch nie gehört. Geschweige denn etwas Ähnliches gesehen«, zweifelte auch Burke. »Es hätte unsere Expedition mehr als einfach gemacht. Wir hätten uns nicht mit störrischen Kamelen herumplagen müssen und jede Menge Proviant mitnehmen können. Und bequem reisen kann man mit deiner Lokomotive auch noch.«
    Ich hatte es hier eindeutig mit einem anderen Kaliber von Leuten zu tun als in Brahes Lager. Burke mochte wohl seine Expedition schlecht geplant haben und organisatorisch eine Niete sein, ganz zu schweigen von seinen Fähigkeiten als Leiter eines solchen Unternehmens, aber auf den Kopf gefallen war er nicht. Schnell hatte ich an seiner Miene gemerkt, dass er nur die Hälfte von dem glaubte, was ich ihm und den anderen beiden versuchte auf die Nase zu binden. Wahrscheinlich hatte er es nur hingenommen, weil es seine einzige Chance war, mit dem Leben davonzukommen. Da fragt man auch mal nicht so genau nach. Das alles würde anders werden, wenn wir erst am Dig Tree auf Brahe und Wright gestoßen wären. Bis dahin hatte ich noch drei Tage Zeit.
    Andererseits erfuhr ich nun aus erster Hand, was ich nur aus einer kurzen Darstellung auf der Rückseite einer Landkarte wusste. Es war bewundernswert, was diese ehemals vier Männer auf sich genommen hatten, nur um in letzter Konsequenz doch zu scheitern. In der Geschichte, wie sie im Moment noch Bestand hatte, hatten drei von ihnen ihren Entdeckerdrang mit dem Leben bezahlt. Zumindest das sollte sich ändern. Burke hatte den Golf von Carpentaria zwar erreicht, aber das Meer nicht gesehen. Sie waren bis zu einem Flusslauf gelangt, dessen dichte Mangrovenwälder ein weiteres Vordringen unmöglich gemacht hatten. Doch an dem Wasserstand des Flusses konnten sie eindeutig Gezeitenwirkung feststellen, also mussten sie sehr nahe an der Küste sein. Doch der endgültige Triumph war ihnen versagt geblieben. Sie hatten weder, wie Reverend Storie auf dem Bankett anlässlich ihrer Abreise gesagt hatte, im Inneren des Kontinents eine Wüste wie die Sahara gefunden noch ausgedehnte Seen. Es war wie es war, ein gottverlassenes, unwirtliches Stück Land ohne wirkliche Naturschönheiten. Sie hatten ein paar Flusssysteme entdeckt, deren Verlauf sie nicht erforschen konnten, und hatten sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, ihnen Namen zu geben. Ihre Unkenntnis über klimatische Zusammenhänge und eine viel zu optimistische Beurteilung ihrer Reisezeit hatten sie im Norden im Schlamm der Regenperiode versinken lassen. Ein Wunder, dass sie es überhaupt so weit geschafft hatten. Aus Wills und Burkes Aufzeichnungen ging hervor, dass sie manchmal nur ein paar Meilen am Tag vorwärts gekommen waren. Irgendwo in dieser Unbill hatten sich dann, so vermutete ich, die Fehler in der Datierung eingeschlichen. Allen drei merkte man, als sie jetzt ihre Reise für mich Revue passieren ließen, die Enttäuschung über ihren Misserfolg an. Es war wohl das erste Mal, dass ihnen dieser Umstand richtig zu Bewusstsein kam. In den Wochen vorher hatte die Angst um das nackte Überleben keinen anderen Gedanken zugelassen.

 
9
     
    Am nächsten Tag hatten wir nicht so viel Glück. King klagte über Bauchschmerzen und Burke verstauchte sich beim Feuerholzsammeln den Knöchel, sodass er nur noch humpeln konnte. Kings Bauchschmerzen kamen wahrscheinlich von den Unmengen Reis, die er in sich hineingeschlungen hatte und an die sein Magen schon längst nicht mehr gewöhnt war. Das alles verzögerte unsere Abfahrt um mehr als eine Stunde. Als Nächstes verfuhr ich mich. Vielleicht war ich, weil bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich alles gut geklappt hatte, unaufmerksam geworden, vielleicht hatte Burke, der neben mir saß, auch den Kompass nicht richtig beachtet, jedenfalls merkte ich irgendwann, dass die Sanddünen nicht mehr parallel zur Fahrtrichtung verliefen, sondern sich quer in die Fahrspur schoben. Ich hielt an und blickte mich um. Die Landschaft hatte auf meiner Hinfahrt nicht viele

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