Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
die Gefangenenkolonne ein, ließ die Hände des Mannes jedoch frei. Dann zog er die Gefangenen mit sich, fort von den Sklaven und hinaus auf die offenen Felder.
    »Was machst du?«, flüsterte Isabel.
    »Gerechtigkeit walten lassen«, antwortete Burton und ließ die Männer anhalten. »Ziele mit deiner Luntenschlosspistole auf Tippu Tip, Isabel.«
    »Soll ich als Ein-Frau-Erschießungskommando dienen?«
    »Nur wenn er versucht, den hier auf uns zu richten«, gab Burton zurück, legte einen Revolver in die Hand des Arabers und trat zurück. Die Züge des Sklavenhändlers verrieten Verblüffung.
    »Hört jetzt gut zu«, forderte Burton die Gefangenen auf. »Ihr schaut nach Osten, nach Sansibar. Doch wenn ihr in diese Richtung geht, werdet ihr euch unter den Dorfbewohnern und Sklaven wiederfinden, die wir gerade befreit haben. Sie werden euch in Stücke reißen. Deshalb solltet ihr euch nach links wenden und ein paar Meilen nach Norden marschieren, bevor ihr wieder nach Osten schwenkt. Morgen früh kann euch die Sonne leiten, aber jetzt haben wir Nacht   – eine gefährliche Zeit zum Reisen, denn die Löwen jagen, und in der Dunkelheit ist das Gelände tückisch. Aber ich kann euch zumindest etwas Schutz gegen Raubtiere mitgeben. Deshalb hält euer Anführer einen Revolver mit sechs Patronen in der Hand. Leider ist er blind, also müsst ihr ihm sagen, wohin er die Waffe richten und wann er den Abzug drücken muss. Aber ihr habt nur diese sechs Patronen. Und falls euch die Aussicht, bis nach Sansibar zu laufen, zu beschwerlich erscheint   … nun, wie gesagt, es sind sechs Patronen, und ihr seid zu sechst. Muss ich noch mehr sagen?«
    »Du kannst nicht erwarten, dass wir in Ketten den ganzen Weg bis zur Küste zurücklegen!«, protestierte Tippu Tip.
    »Hast du nicht dasselbe von deinen Gefangenen erwartet?«, konterte Burton.
    »Aber sie sind Sklaven!«
    »Sie sind Männer, Frauen und Kinder. Und jetzt los mit euch, ihr habt einen weiten Weg.«
    »Allah erbarme dich unser!«, rief einer der Männer.
    »Vielleicht tut er es«, meinte Burton. » Ich nicht.«
    Der Mann am Ende der Reihe fragte mit kläglicher Stimme: »Was sollen wir tun, el Murgebi?«
    »Marschieren, du Narr!«, herrschte der Sklavenhändler ihn an.
    Stolpernd setzte sich die aneinandergekettete Gruppe in Bewegung und entfernte sich langsam.
    »Tippu Tip!«, rief Burton hinterher. »Hüte dich vor Abdullah, dem Derwisch, denn wenn du mir noch einmal unter die Augen trittst, töte ich dich eigenhändig!«
    *
    In dieser Nacht schlief niemand.
    Die befreiten Sklaven trugen die toten Araber und Preußen über den Pfad auf die Felder und legten sie in einem entfernten Winkel ab, um bei Tageslicht ein Massengrab auszuheben. Einige von Isabels Frauen wachten über die Leichen, um zu verhindern, dass Aasfresser sich darüber hermachten. Die Afrikaner fürchteten sich zu sehr, um diese Aufgabe zu übernehmen, denn sie glaubten, rachsüchtige Geister würden sich erheben und sie angreifen.
    Von den vierhundert Sklaven waren die meisten aus Dörfern weiter westlich entführt worden. Dies erwies sich nun als Segen, denn Burtons Träger waren vom Kampflärm und der Nähe der Sklavenhändler dermaßen verängstigt, dass sie Saíd und seine Männer überwältigt und sich in die Nacht davongestohlen hatten. Zweifellos flüchteten sie den Weg zurück, den die Expedition gekommen war. Zum Glück hatte ihre Furcht ihre Habsucht überwogen, und sie hatten sich aus dem Staub gemacht, ohne Vorräte zu stehlen.
    Die befreiten Sklaven erklärten sich bereit, die Träger zu ersetzen, allerdings unter der Voraussetzung, dass jeder, der sich seinem Heimatdorf näherte, die Karawane verlassen durfte, um nach Hause zurückzukehren. Burton berechnete, dass sie so zumindest die Märsche von Dut’humi zum fernen Ugogi überbrücken konnten, und willigte ein.
    Die Vorräte aus dem Lager der Araber wurden mitsamt Burtons Proviant im Bandani des Dorfes gelagert. Auch Tippu Tips Mulis wurden beschlagnahmt. Dann wurde ein großes Feuer angezündet, die Pflanzenfahrzeuge in Stücke gehackt und in die Flammen geworfen.
    Die Töchter der Al-Manat sperrten ihre einhundertacht Pferde in Pferche.
    »Wir verlieren sie nach und nach durch die Tsetsefliegen«, teilte Isabel dem Agenten des Königs mit. »Bisher sind es zwölf. Die Tiere sind im heißen Wüstenklima aufgewachsen. Das Klima hier ist nicht gut für sie   – es zehrt an ihrer Widerstandskraft. Bald werden wir zu Fuß kämpfen

Weitere Kostenlose Bücher