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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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einem ledernen Aktenkoffer in der Linken von Oberstleutnant Maximilian Metzger in Empfang genommen wurde, dem Lagerkommandanten. Sie unterhielten sich ein paar Minuten, dann marschierten sie zu den aufgereihten Gefangenen und schritten den vordersten Rang von einem Ende zum anderen ab. Dabei bedachten sie jeden Mann mit einem flüchtigen Blick. Als sie das Ende der ersten Reihe erreichten, wiederholten sie den Vorgang in der zweiten.
    Auf Burtons Höhe hielten sie an. »Hier, Herr Generalmajor«, sagte Metzger. »Hier ist der gesuchte Mann!«
    Lettow-Vorbeck musterte Burtons Gesicht, zog eine Fotografie aus der Tasche, betrachtete sie und nickte.
    »Sehr gut! Bringen Sie ihn her!«
    Metzger gab zwei Rhinozeroswachen ein Zeichen. Sie stapften herbei, packten Burton an den Ellbogen und zerrten ihn aus der Reihe. Er wurde über den Exerzierplatz geschleift, ins Büro desKommandanten gezerrt und auf einen Stuhl vor einem wuchtigen Schreibtisch gedrückt. Dann nahmen die Wachen zu beiden Seiten des Tisches Aufstellung und standen stramm.
    Lettow-Vorbeck trat ein und befahl barsch: »Lasst uns allein!«
    Die Wachen schlugen die Hacken zusammen und polterten mit schweren Schritten hinaus.
    An der Decke drehte sich ein federbetriebener Ventilator. Burton legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und ließ die Luft über sein Gesicht wehen. Er fühlte sich zu Tode erschöpft.
    »Wissen Sie, wer ich bin?«, fragte Lettow-Vorbeck auf Englisch mit starkem Akzent.
    Ohne die Lider zu öffnen, antwortete Burton: »Generalmajor Paul Emil von Lettow-Vorbeck. Sie befehligen die deutschen Streitkräfte in Ostafrika.«
    »Das ist richtig. Sehr gut. Nun denn.«
    Burton hörte, wie ein Stuhl erst über den Boden schabte und anschließend knarrte, als der deutsche Offizier darauf Platz nahm. Ein dumpfes Klatschen ertönte   – es war der Aktenkoffer, der auf den Schreibtisch geschwungen wurde   –, gefolgt von einem Klicken, als Lettow-Vorbeck ihn öffnete.
    »Ich habe hier eine Akte, in der Sie ziemlich bedeutsam erscheinen«, sagte er.
    Burton erwiderte nichts. Er war hungrig und durstig, vor allem jedoch brauchte er Schlaf.
    »Gefreiter Frank Baker, gefasst auf den westlichen Hängen der Dut’humi-Hügel vor zwei Jahren. Sie waren allein   – ein Flüchtling vom fehlgeschlagenen britischen Sturmangriff auf die Tanganjika-Eisenbahn.«
    Stille breitete sich aus. Burton, die Augen immer noch geschlossen, dachte an Bertie Wells und die Nacht zurück, als sie unter freiem Himmel neben Thomas Honestys Grab geschlafen hatten. Nach Sonnenuntergang war die Temperatur rapide gefallen, und in den Stunden der Dunkelheit hatten sie beide Fieber bekommen. Burtons Träume waren von Gewalt erfüllt gewesen,von Szenen, in denen Preußen und Araber einander abschlachteten. Als er erwachte, war er von Tau durchnässt und voller neuer Erinnerungen, und er hatte sich verflucht. Wie konnte er vergessen haben, dass es in der Nähe ein Dorf gab? Nur ein Stück den Pfad entlang!
    Wells litt unter schweren Halluzinationen, die sich in wirren Monologen äußerten. Er faselte von Insekten, die aus dem Mond krochen, von unsichtbaren Wahnsinnigen und dreibeinigen Weberknechten. Mit den spärlichen Resten seiner Kraft zerrte Burton den Kriegsberichterstatter auf die Beine und schleifte ihn einen überwucherten Pfad entlang, der in eine andere Lichtung mündete, wo ein verwahrlostes Dorf stand. Die männlichen Bewohner waren längst nicht mehr da   – man hatte sie zum Wehrdienst eingezogen   –, und die Verbliebenen erwiesen sich als alt und halb verhungert. Burton ließ Wells bei ihnen, während er loszog, um zu jagen.
    Allerdings wurde er dabei selbst zur Beute. Drei Schnapper stürzten aus dem Gestrüpp hervor und verfolgten ihn über morastiges Gelände im dichten Dschungel. Es war seltsam: Burton hätte schwören können, dass sie ihn jederzeit hätten erwischen können; stattdessen schienen sie ihn vor sich herzutreiben.
    An einem der Schnapper sprossen Mohnblumen, als er hinter Burton herschlurfte.
    Als er die Verfolger endlich abschütteln konnte, hatte er sich verirrt und erlitt einen Malariaschub.
    Die Deutschen fanden ihn bewusstlos neben einem Pfad. Seither hatte er bis zu seiner jüngsten Verlegung nach Ugogi fast zwei Jahre im Kriegsgefangenenstammlager III verbracht.
    Große Teile seines Gedächtnisses waren zurückgekehrt. Er wusste, dass er der Agent des Königs war. Er erinnerte sich daran, dass Algernon Swinburne, William Trounce,

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