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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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tauchten die zwei Reisenden in ihren eigenartigen, unsteten Schein.
    Sie hatten etwa eine Meile in dieser Klamm zurückgelegt, als die Weberknechte eine kleine Erhebung aus Steinen passierten, bei der es sich offensichtlich um ein Grab handelte. Burton, der sich daran erinnerte, wer dort beerdigt lag, wurde von Trübsal übermannt.
    Sie zogen weiter durch dichtes Blätterwerk, das sich teilte, wenn sie sich näherten, und unter herabhängenden Lianen hindurch, die sich hoben, um sie vorbeizulassen, und über verschlungene Wurzeln hinweg, die sich im Mulch vergruben, um die großen Maschinen nicht zum Stolpern zu bringen.
    Selbst an diesem vor Sonnenlicht geschützten Ort tollten Sittiche durch die Vegetation und warfen voll Begeisterung mit Beleidigungen um sich, die ausnahmslos auf Englisch erfolgten, wie Wells bemerkte, obwohl sie sich tief im Herzen des deutschen Ostafrikas befanden.
    Weiter ging es, höher hinauf. Die Klamm mündete in eine breite, bewaldete Kuppe. Durch das dichte Blätterdach erspähten die Männer verschneite Gipfel, die in den Himmel stachen.
    Das Terrain neigte sich abwärts, und die Spur der Mohnblumen führte sie schließlich zum Eingang einer zweiten Spalte, die sich als noch enger und tiefer erwies als die vorherige Schlucht. Als sie die Kluft zwischen den Felsen betraten, schloss sich die Vegetation wie ein Tunnel um sie. Seltsame, zinnoberroteFrüchte hingen von den Ästen, rund und mit einem gespenstischen Schimmern.
    »So etwas habe ich noch nie gesehen«, murmelte Wells. »Ich habe den Eindruck, das alles gehört zu einer einzigen Pflanze, als befänden wir uns in einem gigantischen Lebewesen.«
    Allmählich schwand die Zahl der Sittiche, und tiefe Stille hielt rings um die Männer Einzug, durchbrochen nur vom leisen Tuckern der Dampfmotoren ihrer Vehikel und vom Summen der Insekten.
    »Wir werden beobachtet«, sagte Burton unvermittelt.
    »Was? Von wem? Wo?«
    Burton zeigte auf eine Lücke im Blätterwerk zur Rechten. Wells spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Düsternis und sah, dass ein nackter Mann, matt vom roten Licht erhellt, auf einem Ast kauerte. Seine Haut war schwarz und wirkte wie die eines Reptils. In den Händen hielt er einen Bogen.
    »Chwesi«, sagte Burton. »Die Kinder des Auges. Sie werden uns nichts tun.«
    »Wie kannst du so sicher sein?«
    »Ich bin es einfach, Bertie.«
    Als sie weiterfuhren, immer tiefer hinein in die Klamm, sichteten sie weitere der stillen, reglosen Beobachter.
    Und plötzlich herrschte Tageslicht.
    Sie waren in ein weitläufiges natürliches Amphitheater gelangt. Sonnenschein drang durch die Blätter und Äste und fiel schräg auf ein Gewirr aus Vegetation, das dermaßen chaotisch war, dass beiden Männern ein verwunderter Ausruf entfuhr. Zweige, Blätter, Schlingpflanzen, Ranken, Lianen, Stängel, Halme, Früchte und Blumen bildeten ein wirres Durcheinander; alle waren rot, und alle wucherten ringsum die Felswände hinauf, überzogen den Boden und hingen von oben herab.
    Aus der Mitte erhob sich ein kolossaler Stamm, der sich hoch über den Reisenden in zahlreiche Äste verzweigte, an denen große, fleischige Blätter wuchsen. Dazwischen blühten bizarrezinnoberrote Blumen. Einer der Äste bewegte sich zu ihnen herab, begleitet von lautem Ächzen und Knarzen, als das Holz sich bog und streckte. Der Ast lenkte eine riesige Blüte, ein Gewächs mit stachelartigen Zähnen in den Blütenblättern und blasenähnlichen Schwellungen am unteren Teil. Die Blüte bewegte sich, bis sie unmittelbar vor Burton hing.
    Die Blasen blähten sich. Die Blütenblätter rollten sich auseinander. Ein fest verschlossener, knospenartiger Knoten kam zum Vorschein. Die Blasen zogen sich zusammen. Luft blies zwischen den Lippen der Knospe hervor und verursachte ein hohes Zischen wie bei einem Kinderballon, dessen Inhalt entweicht. Die Lippen bewegten sich und formten das Zischen zu Worten.
    Die Pflanze sprach.
    »Meine Güte, Richard! Du hast dir ja ganz schön Zeit gelassen. Was in drei Teufels Namen hast du nur so lange getrieben?«
    *
    Aus dem tiefen Indigoblau des afrikanischen Himmels senkte sich eine dünne Linie herab.
    Wabernd und zitternd bewegte sie sich durch die heiße, verdichtete Luft und flog in weitem Bogen in die Schlucht.
    Sidi Bombay brüllte: »Speer!« Keinen Lidschlag später schoss der Schaft aus der wabernden Hitze hervor, schlug in seine Brust ein und schleuderte ihn nach hinten. Er kam auf dem felsigen Boden zum Sitzen und blickte

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