Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
betrachten.
    »Eins und zwei gibt nicht eins, aber eins und nichts gibt zwei sodann;
    Wahrheit kann schwerlich falsch sein, wenn Falschheit auch nicht wahr sein kann.«
    Sie wandte sich wieder den beiden Männern zu.
    »Es fällt mir dieser Tage schwer, die Zeit zu messen. Ich habe ein völlig anderes Empfinden von Zeit, seit ich   … äh, sozusagen Wurzeln geschlagen habe. Die Zeit ist ganz anders, als ich immer dachte. Kannst du dir die Zeit als etwas vorstellen, das erfüllt ist von Paradoxen und Echos? Was gäbe das für ein herrliches Gedicht!
    Einst gab es der Saurier viele, sie waren weit verbreitet als Tier;
    damals war das Mammut Gott, jetzt ist es ein prämierter Stier.
    Viel ist parallel, doch vieles auch schief, das kommt dann doch hinzu;
    Du bist ganz gewiss nicht ich, aber ich bin ganz bestimmt nicht du.
    Der Fels entspringt der Ebene, der Bach fließt aus dem Fels heran;
    Hähne gibt es für die Henne, aber Hennen gibt’s auch für den Hahn.
    Gott, den wir nicht sehen, ist; Gott, der nicht ist, den sehen wir;
    Lug, wie wir wissen, ist Trug, und Trug, so sag ich, ist Schwindel hoch vier.«
    Swinburne krümmte seinen dicken Stiel und erzitterte unter einem Anflug schrillen Gelächters. Blätter rieselten von seinen höheren Ästen herab.
    Wells beugte sich nahe zu Burton und flüsterte: »Ich bin der Ansicht, dass dein Freund, die riesige Pflanze, sturzbetrunken ist!«
    Der Entdecker schien den kleinen Kriegsberichterstatter gar nicht zu hören. »Vertikale und horizontale Aspekte«, murmelte er bei sich. »Wer hat sonst noch über das Wesen der Zeit mit mir gesprochen?«
    Swinburne gab einen Laut von sich, der einem Rülpsen ähnelte, und richtete die Blütenblätter wieder auf Burton.
    »Trotz meiner völlig neuen Wahrnehmung«, sagte er, »erkannte ich bei deinem Auftauchen auf Anhieb, dass du nicht warst, wo   – oder vielmehr wann   – du hingehörst. Und mir gefiel der Gedanke überhaupt nicht, dass du da draußen jenseits der Berge unter den Wilden warst.«
    »Tatsächlich sind davon nicht mehr viele übrig«, warf Wells ein. »Die meisten, die es noch gibt, sind mittlerweile Askaris.«
    Swinburne ließ ein verächtliches Zischen vernehmen. »Ich spiele damit nicht auf die Afrikaner an. Ich meine die Europäer.«
    »Ah. Verstehe.«
    »Die Barbarei, die auf diesem Kontinent im Namen der einen oder anderen Ideologie, dieser Politik oder jener begangen worden ist   – einfach abscheulich! Und ich habe vor, dem ein Ende zu bereiten. Bald werde ich die Kraft besitzen, die deutsche Vegetation   – das rote Unkraut und die Giftpflanzen   – welken und absterben zu lassen. Ich habe bereits Einfluss über diese grässlichen Schöpfungen erlangt, die von den Preußen früher als Fahrzeuge benutzt wurden   …«
    Wells stieß hervor: »Dann waren Sie das! Sie haben die Kontrolle über die Schnapper übernommen! Haben Sie den Weg aus Tabora für uns geräumt?«
    »So nennt man sie? Ja, natürlich war ich das. Jetzt will ich sie benutzen, um dieses Land seiner Armeen zu entledigen. Mein Einfluss wächst, Mr. Wells. Eines Tages werden meine Wurzeln von Küste zu Küste reichen. Und wenn es so weit ist, werde ich Afrika in Utopia verwandeln!«
    »Utopia!« Wells’ Augen schimmerten feucht vor Hoffnung.
    »Solange diese Version der Geschichte existiert, wird Afrika ein Garten Eden sein.«
    Die Blume senkte sich herab, bis sie sich auf gleicher Höhe mit den Gesichtern der beiden Männer befand.
    »Allerdings«, fiepte sie, »sollte diese Version der Geschichte gar nicht existieren. Du musst zurückkehren, Richard, und all diesen Abweichungen ein Ende bereiten.«
    Bertie Wells runzelte die Stirn und ließ den Blick zwischen der zinnoberroten Blüte und Burton hin- und herwandern. »Mr. Swinburne«, sagte er. »Richard hat mir das Phänomen voneinander abweichender Versionen der Geschichte erklärt. Warum können sie nicht nebeneinander existieren?«
    »Zeit ist etwas Komplexes. Sie ist wie Musik. Neben dem Rhythmus gibt es auch   …«
    »Eine Melodie«, ergriff Burton das Wort. »Refrains, Tonlagen, Klangfarben und Aufbau. Zeit besitzt Harmonien, Lautstärke, Akzente und Pausen. Sie besitzt Strophen und   … Bismillah! Ich habe das schon einmal gehört, und zwar von   … von   … Herbert Spencer!« Er schaute verwirrt drein. »Aber er war nicht Herbert Spencer.«
    »Der gute alte Blechkopf!«, rief Swinburne. »Ich frage mich, was aus ihm geworden ist.«
    Burton zeigte auf die Stelle, an der

Weitere Kostenlose Bücher