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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Swinburnes hohle Wurzel den Höhleneingang überdeckte. »Er ist da drin.«
    »Meiner Seel! Wirklich? Hatte er denn etwas mit deinem Transport hierher zu tun?«
    Krampfhaft dachte der Entdecker darüber nach, was er antworten sollte. Irgendetwas fühlte sich völlig falsch an. Der Uhrwerkphilosoph war ein Freund und Verbündeter gewesen, doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund fühlte Burton sich bedroht, als er nun an ihn dachte. »Ja«, sagte er schließlich und spürte sofort, dass er eine Unwahrheit von sich gegeben hatte.
    »Dann musst du zu ihm gehen«, meinte Swinburne. »Und er muss dich ins Jahr 1863 zurückschicken. Denn, um Mr. Wells’ Frage zu beantworten, diese abweichenden Versionen der Geschichte greifen wuchernd um sich und verwandeln die Zeit in eine Kakofonie. Man stelle sich zehn Orchester vor, die im selben Konzertsaal verschiedene Weisen spielen. Die Musiker würden durcheinanderkommen. Manche würden versehentlich die falsche Melodie spielen. Musikalische Ausdrücke würden falsch platziert und durcheinandergeraten. Ein heilloses Chaos würde entstehen. Und genau das geschieht. Wenn diese Situation sich weiter ungehindert entfaltet, werden die Grenzen zwischen den verschiedenen Versionen der Realität durchbrochen. Unterschiedliche Technologien werden auf schreckliche Weise miteinander vermischt. Die Persönlichkeiten von Menschen werden sich hoffnungslos verzerren. Die Ereignisse werden sich in zunehmend exzentrische Richtungen entwickeln.«
    »Aber wie kann ich den Schaden umkehren?«, fragte Burton.
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ich bin nur ein Dichter. Aber du wirst einen Weg finden.«
    Der Agent des Königs schaute zu der Öffnung in Swinburnes Wurzel. Er wollte die Höhle nicht betreten; er wollte nicht in die Grotte oder den Tempel. Und vor allem wollte er Herbert Spencer nicht sehen.
    Ihm fiel ein von Blumen übersäter kleiner Hügel auf, der wie eine Grabstelle anmutete. Die hintersten Winkel seines Geistes schienen sich zusammenzuziehen, als wollten sie ein Geheimnis hervorpressen, doch das Wissen setzte nicht ein; stattdessen machte sich tiefe Traurigkeit breit.
    Er wandte sich an Wells. »Algy hat recht, Bertie. Und das bedeutet, ich muss dich jetzt verlassen. Ich muss den Tempel betreten.«
    »Ich komme mit.«
    »Das ist nicht nötig, und es könnte gefährlich sein.«
    »Ich habe dich von Anfang an begleitet. Jetzt muss ich auch dabei sein, um das Ende zu erleben.«
    Burton überlegte kurz, dann nickte er.
    »Algy«, sagte er und drehte sich wieder der zinnoberroten Blüte zu. »Es tut mir leid, dass dir das widerfahren ist.«
    »Es tut dir leid?«, entgegnete der Dichter. »Muss es nicht! Auf mehr hätte ich nie hoffen können! Meine Sinne sind lebendig , Richard. Und was für Sinne es sind! Ich habe mich dem Leben nie so verbunden, mich nie so berauscht davon gefühlt. Endlich empfinde ich die unausdrückliche Poesie schieren Seins! Es ist erstaunlich!«
    Burton streckte den Arm empor und legte eine Hand seitlich an die Blume. »Dann freue ich mich für dich, mein Freund.«
    Swinburnes Blütenblätter zogen sich zu einer runzligen Öffnung zusammen, und die Blume beugte sich vor, um dem Entdecker einen taunassen Kuss auf die Stirn zu drücken.
    Dann zog sich Swinburne zurück und sagte: »Los jetzt.«
    Burton fasste zum Sattel seines Fahrzeugs hinauf und hob sein Gewehr herunter. Als Wells es sah, kehrte er zu seinem Weberknecht zurück und folgte dem Beispiel seines Freundes. Zusammen überquerten sie die Lichtung zu der Öffnung in der Wurzel der Pflanze.
    Der Agent des Königs schaute zurück. Die riesige rote Blume hatte sich in den Sonnenschein erhoben. Ihre Blütenblätter hatten sich wieder geöffnet. Drei Schmetterlinge umtänzelten sie. Lächelnd bewegte Burton sich in den hohlen Pflanzenfortsatz.
    Swinburne flüsterte:
    »Eine Seele, so groß wie die ganze Welt weit,
    ihn zu loben, ihn zu lieben, macht Stolz zum Gebot;
    was können ihm tun der Tod, die Zeit,
    ihm, der des Lebens Tücken trotzt wie ein Gott?«
    Sir Richard Francis Burton und Herbert George Wells stiegen durch die hohle Wurzel in die Grotte hinab. Sie traten aus einer Öffnung des Glieds, durchquerten die Kammer und robbten durch die schmale Röhre in deren Wand zu dem Vorsprung, der die gewaltige Höhle überblickte. Nachdem sie dem Pfad nach unten gefolgt waren, wurden sie von den Batembusi in Empfang genommen, die sie zum Tempel des Auges geleiteten.
    Der Kriegsberichterstatter starrte

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