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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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dahinter erwies sich als rechteckig und enthielt Aktenschränke sowie einen Schreibtisch, ferner sechs robuste Metalltüren, jede nummeriert.
    Ein am Schreibtisch sitzender Mann erhob sich und fragte: »Nummer vier, die Herren?«
    Burke nickte. Er wandte sich an Burton. »Sie haben dreißig Minuten, Captain. Mr. Hare und ich warten hier.«
    »In Ordnung.«
    Zelle 4 wurde geöffnet, und Burton trat ein. Die Tür wurde hinter ihm geschlossen. Er hörte, wie ein Schlüssel im Schloss klickte.
    Der Raum erinnerte eher an ein Wohnzimmer denn an eine Gefängniszelle. Es gab Bücherregale, einen Schreibtisch, einen Sekretär, ein Sofa und Lehnsessel, Ziertand auf dem Kaminsims und Bilder an den Wänden. Zu Burtons Rechter stand eine Tür offen, und John Speke kam aus einem weiteren Raum, bei dem es sich offenbar um ein Schlafzimmer handelte.
    Der Lieutenant lief barfuß und trug ein Beinkleid sowie ein weißes, zerknittertes, über den Hosenbund hängendes Baumwollhemd.
    »Dick!«, rief er. »Tut mir leid, alter Freund, ich hatte ja keine Ahnung, dass es schon so weit ist.«
    »Hallo, John. Wie fühlst du dich?«
    »So gesund und munter, wie es ein zum Tode Verurteilter nur erwarten kann.« Speke deutete auf die Lehnsessel. »Komm, setz dich.«
    Als sie den Raum durchquerten, beugte sich der Lieutenant dicht zum Agenten des Königs und raunte leise: »Sie werden uns abhören.«
    Burton nickte leicht und nahm Platz.
    Neben Spekes Sessel stand ein Beistelltisch. Er ergriff davoneine Karaffe mit Brandy, schenkte zwei Gläser voll und reichte eines davon seinem Gast.
    »Hältst du mich für schuldig, Dick?«
    »Eindeutig nicht«, antwortete Burton.
    »Gut. Alle anderen sind mir egal. Aber ich muss dich um Vergebung bitten. Eine Charakterschwäche meinerseits hat mich während unserer Erkundung Berberas wütend auf dich werden lassen, und alles, was wir seither erdulden mussten, geht darauf zurück. Ich dachte, du würdest mich für einen Feigling halten. Ich war zornig und verbittert.«
    »Und du hast falschgelegen, John. Ich habe nie so von dir gedacht. Aber wenn es Vergebung ist, die du willst, dann betrachte sie als gewährt.«
    »Danke.«
    Zögerlich hob Speke sein Glas an. Burton beugte sich vor, stieß mit ihm an, und sie tranken.
    »Erinnerst du dich an all die schrecklichen Tage voll Krankheit in Ujiji?«, fragte Speke, womit er auf 1857 anspielte, als sie den Tanganjikasee entdeckt hatten.
    »Wie könnte ich das vergessen, John? Ich dachte damals, wir wären endgültig erledigt.«
    »Als es mir am schlechtesten ging, hast du oft neben meiner Pritsche gesessen und mir Camoens vorgelesen. Würdest du das noch einmal tun? Das würde mir viel Trost spenden. Man hat mir ein Exemplar von Luisad zugestanden.«
    »Gewiss.«
    Speke stand auf, ging zu einem Bücherregal und kehrte mit einem Buch zurück. Er reichte es Burton und setzte sich wieder.
    »Ich habe eine Seite gekennzeichnet.«
    Burton nickte und schlug das Buch an einer Stelle auf, an der ein loses Blatt Papier aus den Seiten ragte. Er sah Spekes Handschrift darauf und schaute zu seinem Freund auf.
    Speke begegnete seinem Blick einen Moment lang. Seine Augenlinse funkelte.
    Burton richtete die Aufmerksamkeit wieder auf das Buch. Er begann, laut vorzulesen.
    »›Ah, oh Wehe!‹, ruft die Sirene laut.
    ›Eine triste Vision vor meinen Augen graut.
    An Tagus’ Gestade voll Triumph er wendet,
    tief im Staub des Helden Glorie endet   …‹«
    Burton war mit den Arbeiten des portugiesischen Dichters so gut vertraut, dass er auswendig fortfuhr und die Strophen fehlerlos rezitierte, obwohl sich sein Blick und sein Verstand Spekes Nachricht widmeten. Er las:
    Dick,
    ich habe niemandem erzählt, was sich im Tempel zugetragen hat. Ebenso wenig haben wir miteinander darüber gesprochen, denn in den Tagen nach jenen Ereignissen waren wir nicht in der Verfassung, uns zu unterhalten. Abgesehen davon kann ich mich außer an einen grellen Blitz und einen ohrenbetäubenden Schuss an kaum etwas erinnern.
    Aber in den letzten Tagen scheint sich der Schleier des Lichts, das mich geblendet hat, gehoben zu haben. Was ich bezeugt habe, hat in meinem Verstand Klarheit erlangt, und ich fühle instinktiv, dass es für dich von Bedeutung sein könnte.
    Ich will versuchen, dir in der richtigen Abfolge zu beschreiben, was sich ereignet hat, doch in Wahrheit sind es bloß Facetten eines Lidschlags.
    Dick, dieses Ding, das Darwin und seine Spießgesellen an meinem Kopf angebracht haben, diese

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