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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Fahrgäste holten ihre Taschentücher hervor und hielten sie sich vor die Nase. Der Gestank vom Fluss war so überwältigend, dass er ihnen Tränen in die Augen trieb.
    Burton blickte aus dem Fenster. Irgendwo in dieser Straße gab es einen Hof, auf dem ein junges Mädchen namens Sarah Lovitt 1839 von Spring Heeled Jack behelligt worden war   – nur einer der vielen Angriffe, die Edward Oxford auf der Suche nach seinem Ahnherrn verübt hatte. Das war vor vierundzwanzig Jahren gewesen; in dieser kurzen Zeit hatte Oxfords Einfluss das britische Empire völlig verwandelt. Dass ein Mensch so schnell eine solch gravierende Veränderung herbeiführen konnte, erschien Burton geradezu unglaublich. Allerdings gab es durchaus andere Beispieledafür; schließlich strotzte die Geschichte nur so vor Personen, die dasselbe vollbracht hatten: Caesar, Dschingis Khan, Napoleon. Oxford hatte den Tod Königin Victorias verursacht. Danach war sein Einfluss subtiler geworden; er hatte lediglich Henry Beresford gegenüber unbedachte Äußerungen über die Zukunft von sich gegeben. Der Marquis hatte diese Informationen an Isambard Kingdom Brunel weitergereicht, dessen schöpferische Begabung durch die Hinweise entfacht worden war. Dies hatte zur Schaffung des politischen und kulturellen Molochs geführt, den die Kaste der Technokraten verkörperte.
    Während sich Brunels Ingenieure und Eugeniker ihrem Erfindungseifer hingaben, hatte Oxfords Präsenz in Gestalt von Spring Heeled Jack auch eine entgegengesetzte Kraft inspiriert   – die Libertins, die danach trachteten, die gesellschaftlichen Richtlinien zu ändern und eine neue Spezies zu erschaffen: den befreiten Menschen.
    All dies hatte einem rasch wachsenden Chaos Vorschub geleistet, zumal sich die wissenschaftlichen Entwicklungen und die gesellschaftlichen Experimente unkontrolliert beschleunigten. Für Charles Darwin, den Mann, der als »Gottes Henker« bezeichnet wurde und der unter den Einfluss seines Vetters geraten war, des Eugenikers Francis Galton, waren die Möglichkeiten so überwältigend gewesen, dass er darüber den Verstand verlor.
    Wie viele andere sind etwas geworden, das sie niemals hätten sein sollen?, fragte sich Burton.
    Der Growler bog nach links auf die Vauxhall-Brücke und reihte sich in die Schlange der Fahrzeuge, die warteten, die Maut für die Überquerung zu bezahlen.
    »Teufel noch mal!«, fluchte Trounce. »Wie lange sollen wir hier sitzen und diesen Gestank ertragen?«
    »Ich kann kaum etwas sehen«, sagte Swinburne, der hinausspähte. »Lässt sich unmöglich abschätzen, wie weit wir von den Mauthäuschen entfernt sind. Sie wollen in dieser Nebelsuppe doch nicht wirklich mit Rotorstühlen fliegen, Hase?«
    »He!«, protestierte der Polizeibeamte. »Nennen Sie mich nicht Hase! Aber natürlich haben Sie recht. Nach all der frischen Luft in Yorkshire hatte ich ganz vergessen, wie undurchdringlich der Londoner Nebel sein kann.«
    Burton unterbreitete einen Vorschlag. »Es sind nur noch wenige Meilen zu Scotland Yard. Warum gehen wir nicht zu Fuß und borgen uns stattdessen Hochräder aus?«
    Trounce willigte ein. Wenig später überquerten sie die Brücke zu Fuß und verfluchten dabei den Gestank, den Verkehr und den Nebel.
    »Ich kann Ihnen sagen, Captain, ich freue mich schon darauf, diese elende Jauchengrube von einer Stadt für ein paar Monate hinter mir zu lassen«, verriet Trounce.
    *
    Als sie Ilford erreichten, war es sechs Uhr. Wenngleich sich der Nebel dort als lichter erwies, schwand das Tageslicht bereits, und die spärlich beleuchtete Ortschaft war in Düsternis gehüllt.
    Sie lenkten ihre Velozipede die Cranbrook Road entlang, dann bogen sie in die Grenfell Place.
    »Wir suchen nach Nummer 16«, sagte Trounce.
    Eine Minute später fanden sie die Adresse   – ein abgeschiedenes Haus ein Stück abseits der Straße, verborgen von einer knorrigen, unnatürlich verkrümmten Eiche.
    »Meiner Treu!«, entfuhr es Trounce. »Warum hat jemand ein solches Ungetüm im Garten?«
    Sie öffneten das Tor, schritten hindurch, duckten sich unter den Ästen hinweg und folgten dem Pfad zur Eingangstür. Im Haus brannte kein Licht.
    Trounce betätigte den Türklopfer mit der ihm eigenen Vehemenz, erhielt als Antwort jedoch nur Stille.
    »Das ist eine Mordermittlung«, sagte er und wich zwei Schritte zurück. »Deshalb habe ich keine Hemmungen, einzubrechen.Treten Sie bitte beiseite, während ich meine Schulter zum Einsatz bringe.«
    Burton hob eine Hand. »Das

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