Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
Atomkernen abhängen. Aus diesem Grund sind sowohl die r-Prozess-Sterne wie auch die s-Prozess-Sterne Beispiele für das, was in der sogenannten nuklearen Astrophysik studiert wird.
So arbeiten Astronomen, theoretische Kernphysiker und Experimentatoren zusammen, um aus den Elementhäufigkeiten dieser Sterne möglichst viele Informationen z.B. über den r-Prozess und seinen Produktionsort abzuleiten. Denn weder der extreme Neutronenfluss noch die einzelnen neutronenreichen, radioaktiven Isotope, die während eines r-Prozesses auftreten, können im Labor synthetisiert werden. So liefern die metallarmen Sterne als Träger der chemischen Fingerabdrücke der diversen Nukleosyntheseprozesse wichtige experimentelle Daten zur Synthese der schwersten Elemente im Universum.
In diesem Zusammenhang dient Blei nochmals als Beispiel. Obwohl Blei zu späteren Zeiten im Universum hauptsächlich im s-Prozess synthetisiert wird, gab es auch schon zu Frühzeiten eine gewisse Bleiproduktion durch den r-Prozess. Blei wird einerseits direkt während des r-Prozesses durch den β-Zerfall der schwersten, neutronenreichsten Isotope im transuranen Bereich erzeugt. Andererseits entsteht es auf kosmischen Zeitskalen durch den langsamen α-Zerfall von Thorium und Uran.
Eine Bleimessung in einem r-Prozess-Stern ist noch schwieriger als die einer Uranlinie. Denn die einzige Bleilinie bei 405.8 nm ist noch schwächer und benötigt somit eine noch höhere Datenqualität. Dennoch konnte die Bleilinie in CS 31982–001 und HE 1523–0901 detektiert werden. Da unterschiedliche r-Prozess-Modelle durchaus verschiedene Häufigkeitsverteilung der allerschwersten Elemente vorhersagen, sind Tests auf Selbstkonsistenz der Modelle in sich und auf Übereinstimmung mit den Beobachtungen besonders wichtig und informativ.
Können in ein und demselben Stern Thorium-, Uran- und Bleihäufigkeiten gleichzeitig bestimmt werden, liegt ein Konsistenztestfall vor, da die Häufigkeiten dieser drei Elemente sowohl über den r-Prozess als auch über den radioaktiven Zerfall miteinander gekoppelt sind.
Um die drei beobachteten Häufigkeiten zu erklären, müssen also der Bleianteil, der direkt im r-Prozess erzeugt wird, plus der Anteil, der durch den radioaktiven Zerfall über viele Milliarden Jahre langsam vor sich geht, vorhergesagt werden. Gleichzeitig müssen die Thorium- und Uranhäufigkeiten nach etwa 13 Milliarden Jahre langem Zerfall richtig vorhergesagt werden. Mit diesem Test können die verschiedenen r-Prozess-Modelle weiter verbessert werden. Dies wird zu verbesserten Vorhersagen der r-Prozesshäufigkeiten in der Supernova führen, was letztendlich für verbesserte stellare Altersbestimmungen mit geringeren Unsicherheiten sorgen wird.
6. Willkommen in unserer Milchstrasse
Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, mag dem Betrachter unvorstellbar groß am Himmel erscheinen. Ihr Ausmaß übertrifft unser Vorstellungsvermögen bei weitem. Wenn man aber genauer hinschaut, stellt sich heraus, dass auch eine so große Galaxie über eine deutliche Struktur verfügt, so dass sie einem am Ende doch nicht mehr so groß erscheint. Die Struktur kann man auf das Gas und den Staub, die Millionen von Einzelsternen sowie große Sternhaufen und sogar Zwerggalaxien zurückführen. Somit kann die Galaxie in verschiedene Komponenten aufgeteilt werden, von der jede einzelne ihre eigene Geschichte hat. Das macht es interessant, die jeweiligen Regionen der Galaxie mit ihren kosmischen Bewohnern im Detail zu untersuchen.
6.1. Eine Milchstraße über uns
Wer die Milchstraße von der Nordhalbkugel aus schon einmal gesehen hat, war vielleicht genauso davon beeindruckt wie ich. Es war immer spannend, sich vorzustellen, wie viele Sterne dort oben wohl leuchten mögen. Als ich dann Jahre später die Milchstraße in einer kalten, winterlichen, aber extrem klaren Nacht in Australien das erste Mal in ihrer ganzen Pracht sehen konnte, wurde mir sofort klar, dass die Astronomie wirklich meine Sache ist. Denn wie in Farbabbildung 6.A zu sehen ist, sieht die Milchstraße auf der südlichen Hemisphäre wesentlich dramatischer aus und zeigt mehr Sterne und Struktur. Das motivierte mich sehr, das Handwerkszeug dieser Wissenschaft auch gleich weiter in Australien zu erlernen.
Abb. 6.A
Wiederum einige Jahre später nutzte ich eines der Großteleskope in Chile für meine Arbeiten zu Zwerggalaxiensternen, nämlich das 6,5 m-Magellan-Clay-Teleskop. In einer sternenklaren Nacht hatten dort einige
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