Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
die einzige, extrem schwache Uran-Linie, die im gesamten optischen Spektrum zwischen 300 und 800 nm vorkommt. Uran konnte somit zum ersten Mal in einem metallarmen Stern nachgewiesen werden. Dieser Stern wurde dann mit dem Uran:Thorium-Chronometer auf 14 Milliarden Jahre datiert.
Aber selbst im Fall von CS 31082–001 lieferte nur der Uran:Thorium-Chronometer ein physikalisch sinnvolles Alter. Andere Häufigkeitsverhältnisse, wie Thorium:Europium, lieferten entgegen allen Erwartungen keine brauchbaren Altersmessungen. Der Thorium: Europium-Chronometer lieferte für CS 31082–001 ein negatives Alter. Da selbst Astronomen nicht in die Zukunft schauen können – denn ein negatives Alter würde das, falls korrekt, erfordern –, ist dies ein klassisches Beispiel für ein »unphysikalisches« Ergebnis. Aus dieser Tatsache heraus wurde klar, dass es noch viele Details im r-Prozess und seinem astrophysikalischen Herstellungsort gibt, die dringend erforscht werden müssen. Dafür werden weitere r-Prozess-Sterne benötigt, besonders solche, in denen mehrere verschiedene Chronometer gemessen werden können. Nur so können sowohl die Details wie auch die Ausnahmen der r-Prozessnukleosynthese verstanden werden.
Diese beiden r-Prozess-Sterne sowie mehrere etwas metallreichere und wesentlich weniger r-Prozess-angereicherte Sterne waren bis dahin nur aus Zufall in den jeweiligen Stichproben entdeckt worden. Um systematisch nach weiteren Exemplaren dieser besonderen Sterne zu suchen, wurde 2001 eine große Kampagne mit einem der vier 8 m Very Large Telescopes der Europäischen Südsternwarte gestartet. Ziel war es, grobe Spektren von 350 Sternen aus der neueren Hamburg/ESO-Durchmusterung aufzunehmen, um sie auf ihre Europiumlinie bei 412.9 nm hin zu untersuchen. r-Prozess-Sterne zeigen eine starke Europiumlinie, da die verschiedenen Isotope dieses Elements fast ausschließlich im r-Prozess synthetisiert werden. Eine sichtbare starke Europiumlinie im Spektrum ist der beste Indikator dafür, dass man einen weiteren r-Prozess-Stern gefunden hat. Denn normale metallarme Sterne zeigen normalerweise keine Europiumlinie in ihrem Spektrum oder, wenn überhaupt, nur eine sehr schwache Linie.
Die mehrere Jahre dauernde Suche war in der Tat erfolgreich. Ein Dutzend r-Prozess-Sterne mit sehr hohen Europiumhäufigkeiten von mehr als zehnmal mehr Europium als Eisen wurde ausfindig gemacht sowie weitere Sternen mit etwas weniger hohen Überhäufigkeiten. Alles in allem ergab sich, dass ca. 5% der metallarmen Sterne extreme r-Prozess-Sterne sind. Die meisten dieser Neuentdeckungen konnten mit dem Thorium:Europium-Chronometer auf ein ähnliches Alter wie die beiden ersten Sterne datiert werden. Allerdings konnte in keinem Stern Uran nachgewiesen werden. Denn es war unmöglich, für die durchweg eher schwächeren Sterne die extrem hohe Datenqualität zu erlangen, die für die Uranmessungen benötigt werden würde.
Eine Urandetektion ist nämlich nur möglich, wenn ein r-Prozess-Stern mehrere Bedingungen erfüllt:
Natürlich muss der Stern zuerst einmal eine große Menge an r-Prozess-Elementen im Vergleich zu Eisen in sich tragen.
Der Stern sollte möglichst hell sein, damit die nötige extrem hohe Datenqualität innerhalb einer angemessenen Teleskopzeit erreicht werden kann.
Der Stern muss extrem metallarm sein, damit die Absorptionslinien der anderen, leichteren Elemente wie z.B. Eisen oder Titan die Linien der r-Prozess-Elemente im Spektrum nicht unnötig verdecken.
Der Stern muss sehr kühl sein und sich somit am mittleren oder oberen Ende des Roten-Riesenastes befinden. Oberflächentemperaturen zwischen 4500 und 5000 Grad Kelvin sind erwünscht, denn dann sind die Absorptionslinien stärker ausgeprägt als in wärmeren Sternen. Nur dann ist die winzige Uranlinie etwas stärker im Spektrum ausgeprägt und kann etwas einfacher detektiert werden.
Schließlich muss der Stern nur eine geringe Kohlenstoffhäufigkeit besitzen. Denn direkt neben der Uranlinie befindet sich eine relativ starke molekulare Kohlenstofflinie, die bei hohen Kohlenstoffhäufigkeiten sehr stark ist und die Uranlinie vollständig verdeckt.
Eine Uranmessung ist dann unmöglich. Der erste r-Prozess-Stern, CS 22892–052, ist ein solcher Fall: Eigentlich ein perfekter Kandidat, aber da er zusätzlich kohlenstoffreich ist, ist keine Uranmessung möglich. Weiterhin ist eine geringe Kohlenstoffhäufigkeit auch für die Bestimmung der Thoriumhäufigkeit von Vorteil. Denn auch in
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