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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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sich das wirklich getraut, jede Woche solche Statisten zu mieten. Es ist kaum zu glauben!«
    »Oh! Aber Cambremer ist ein Name, den es gibt, er ist sogar alt«, meinte der General.
    »Ich habe nichts dagegen, daß er alt ist«, gab die Fürstin trocken zurück, »›euphonisch‹ jedenfalls ist er nicht.« Sie setzte dabei das Wort »euphonisch« gleichsam in Anführungsstriche, eine kleine affektierte Manier der Coterie Guermantes.
    »Finden Sie? Sie ist aber zum Anbeißen«, sagte der General, der kein Auge von Madame de Cambremer ließ. »Meinen Sie nicht auch?«
    »Sie spielt sich zu sehr auf, ich finde das bei einer so jungen Person nicht richtig, denn ich kann mir nicht denken, daß sie ›von meiner Generation‹ ist«, antwortete Madame des Laumes (diese Wendung nämlich war bei den Gallardon und Guermantes gleichermaßen beliebt).
    Als aber die Fürstin bemerkte, daß Monsieur de Froberville Madame de Cambremer auch weiterhinanstarrte, setzte sie, halb aus Bosheit gegen jene, halb aus Liebenswürdigkeit dem General gegenüber hinzu: »Ich meine, nicht richtig … ihrem Mann gegenüber! Ich bedaure, daß ich sie nicht kenne, da Sie so offenbar für sie eingenommen sind, ich hätte Sie ihr gern vorgestellt.« Sie sagte das, obgleich sie wahrscheinlich nichts dergleichen getan hätte, wäre sie mit der jungen Marquise bekannt gewesen. »Ich glaube, ich muß mich jetzt von Ihnen verabschieden, eine Freundin von mir hat Geburtstag, da muß ich gratulieren«, bemerkte sie schlicht und wahrheitsgemäß, wobei sie die gesellschaftliche Veranstaltung, zu der sie sich begab, auf das bloße Maß einer langweiligen Zeremonie reduzierte, an der teilzunehmen jedoch unerläßlich und ausgesprochen nett war. »Außerdem treffe ich da Basin«, setzte sie hinzu, »der, während ich hier war, Freunde besucht hat, die Sie auch kennen, glaube ich; sie heißen ›Iéna‹, wie die Brücke.«
    »Zunächst ist das der Name eines Sieges gewesen, Fürstin«, sagte der General. 1 »Wissen Sie, für einen alten Haudegen, wie ich einer bin«, setzte er hinzu, indem er sein Monokel, um es abzuwischen, in der gleichen Weise abnahm, wie man einen Verband wechselt, während die Fürstin den Blick unwillkürlich abwendete, »ist dieser napoleonische Adel zwar natürlich auch eine Sache für sich, aber doch sehr schön in seiner Art; jedenfalls sind es Leute, die sich als Helden geschlagen haben.«
    »Aber ich habe die größte Hochachtung vor Helden«, sagte die Fürstin in einem leicht ironisch gefärbten Ton. »Wenn ich nicht mit Basin zu dieser Fürstin von Iéna gehe, so einfach deswegen, weil ich sie nicht kenne. Basin kennt sie und mag sie sehr gern. Nein, nein, nicht was Sie denken, es ist kein Flirt, ich habe keinen Grund, etwa dagegen zu sein! Was würde es auch schon nützen, wenn ich dagegen wäre!« fügte sie mit melancholischer Stimme hinzu, denn jeder wußte, daß Fürst des Laumesseit dem ersten Tag nach seiner Heirat mit ihr seine entzückende Kusine ohne Unterlaß betrogen hatte. »Aber hier ist es anders, es sind Leute, die er von früher kennt, sie nützen ihm irgendwie, ich finde das ganz recht. Im übrigen muß ich sagen, daß schon allein, was er mir von ihrem Haus erzählt hat … Stellen Sie sich vor, sie sind ganz in ›Empire‹ eingerichtet!«
    »Aber Fürstin, das ist doch ganz natürlich, es werden die Möbel ihrer Großeltern sein.«
    »Dagegen sage ich ja auch nichts, nur wird es nicht schöner dadurch. Ich verstehe sehr gut, daß man möglicherweise keine hübschen Sachen besitzt, aber deswegen braucht man doch noch keine lächerlichen aufzustellen. Ich kann nun mal nicht anders, ich finde, es gibt nichts Schwülstigeres, nichts Spießbürgerlicheres als diesen grausigen Stil mit den Kommoden, die mit Schwanenköpfen verziert sind, als wären es Badewannen.«
    »Aber ich glaube doch, sie haben auch schöne Sachen, sie sollen den berühmten Mosaiktisch haben, an dem irgendein Vertrag unterzeichnet worden ist, ich glaube, der von …«
    »Ach was! Vom historischen Gesichtspunkt aus mögen die Sachen interessant sein, dagegen sage ich ja nichts. Aber schön? … sie sind nun eben mal fürchterlich! Auch ich habe solche Stücke, die Basin von den Montesquious geerbt hat. 1 Nur lagern wir sie in Guermantes auf dem Speicher, wo kein Mensch sie sieht. Doch gut, darum handelt es sich ja nicht; ich würde auch mit Basin zu ihnen hinlaufen und sie mitten unter ihren Sphinxen und Kupferbeschlägen besuchen, wenn ich sie

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