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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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dort.«
    »Oh, mein guter Charles, passen Sie auf, die furchtbare Rampillon hat mich entdeckt, verstecken Sie mich und sagen Sie mir rasch, was mit ihr vorgefallen ist, siehat ihre Tochter verheiratet oder ihren Geliebten, ich bringe da etwas durcheinander, ich weiß nicht mehr; oder vielleicht beide … und miteinander! … Ach nein, richtig, jetzt besinne ich mich, ihr Fürst hat sie verstoßen … tun Sie so, als sprächen Sie mit mir, damit diese Berenike nicht kommt und mich zum Diner einladen will. Im übrigen verschwinde ich jetzt. Hören Sie, mein lieber Charles, wollen Sie sich nicht jetzt, wo ich Sie endlich einmal sehe, entführen lassen und mit mir zur Prinzessin von Parma gehen, sie würde sich so freuen, und Basin auch, mit dem ich mich dort treffe. Wenn man nicht manchmal durch Mémé etwas von Ihnen hörte … Sie dürfen nicht vergessen, ich sehe Sie ja überhaupt nicht mehr!«
    Swann lehnte ab; da er Charlus gesagt hatte, er werde direkt von Madame de Saint-Euverte nach Hause gehen, legte er keinen Wert darauf, durch einen Besuch bei der Prinzessin von Parma möglicherweise um eine Botschaft zu kommen, auf deren Überbringung durch einen Diener er schon den ganzen Abend gehofft hatte und die er nun vielleicht zu Hause beim Concierge finden würde. »Der arme Swann«, sagte an jenem Abend die Fürstin zu ihrem Gatten, »er ist immer sehr nett, aber er sieht furchtbar traurig aus. Sie werden es selber sehen, er hat mir versprochen, daß er dieser Tage zu uns zum Abendessen kommt. Ich finde es ja im Grunde lächerlich, daß ein so gescheiter Mann sich um eine solche Person soviel Kummer macht. Nicht einmal interessant ist sie, es heißt, sie sei furchtbar dumm«, setzte sie mit der Weisheit derjenigen, die nicht lieben, hinzu, die alle der Meinung sind, ein Mann von Geist solle nur um eine Frau unglücklich sein, die es auch verdient. Mit dem gleichen Recht wundert man sich, daß sich jemand herbeiläßt, wegen einer so unscheinbaren Kreatur, wie der Kommabazillus 1 es ist, an Cholera zu erkranken.
    Swann wollte gehen, doch in dem Augenblick, als er gerade glaubte, sich losgemacht zu haben, bat ihn General de Froberville, ihn mit Madame de Cambremer bekannt zu machen, und er mußte noch einmal mit ihm in den Salon zurück, um nach ihr zu suchen.
    »Was meinen Sie, Swann, ehe ich von den Wilden massakriert würde, möchte ich lieber der Mann dieser Dame sein; was halten Sie davon?«
    Die Worte »von den Wilden massakriert« bohrten sich schmerzhaft in Swanns Herz; auf der Stelle hatte er das Bedürfnis, das Gespräch mit dem General fortzusetzen:
    »Oh«, sagte er, »manch schönes Leben hat dieses Ende gefunden … Sie wissen ja … dieser Seefahrer, dessen Asche Dumont d’Urville mitgebracht hat, La Pérouse 1 … (und schon war Swann so glücklich, als spräche er von Odette). Das ist eine anziehende Gestalt, die mich immer interessiert hat, dieser La Pérouse«, setzte er melancholisch hinzu.
    »Richtig, richtig! La Pérouse«, sagte der General. »Ein bekannter Name. Eine Straße heißt nach ihm.«
    »Kennen Sie jemand in der Rue La Pérouse?« fragte Swann erregt.
    »Ich kenne nur Madame de Chanlivault, die Schwester des guten Chaussepierre. Wir hatten neulich einen reizenden Theaterabend bei ihr. Das ist ein Salon, der eines Tages sehr elegant sein wird, Sie werden sehen!«
    »So! Sie wohnt in der Rue La Pérouse. Das ist sympathisch, es ist eine hübsche Straße, sie hat so etwas Schwermütiges.«
    »Sagen Sie das nicht, Sie sind offenbar in letzter Zeit nicht dagewesen; schwermütig ist da gar nichts mehr, es wird mächtig gebaut in der ganzen Gegend.«
    Als Swann endlich den General der jungen Madame de Cambremer vorstellte, ließ sie, da sie den Namen desGenerals zum erstenmal hörte, ein flüchtiges Lächeln freudigen Erstaunens auf ihren Zügen erscheinen, als habe sie nie von jemand anderem reden hören; denn da sie die Freunde ihrer jetzigen Familie nicht kannte, glaubte sie bei jeder neuen Person, die man ihr vorführte, es könne einer von ihnen sein, und da sie es für ein Zeichen besonderen Takts hielt, so zu tun, als habe sie schon viel von dem Betreffenden gehört, seit sie verheiratet war, reichte sie ihm die Hand in jener zögernden Art, die die natürliche Zurückhaltung andeuten sollte, zu der man sie erzogen hatte und die sie erst überwinden mußte, gleichzeitig aber auch die spontane Sympathie, die über die Hemmung siegte. Daher erklärten denn auch ihre Schwiegereltern,

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