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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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schließlich war sie nicht ohne Reiz, und ich verstehe sehr gut, daß jemand sie liebt, während das Fräulein von Robert, ich versichere Ihnen, zum Totlachen ist. Ich weiß, daß man mir das alte Sprüchlein von Augier entgegenhalten wird: ›Was macht das Fläschchen aus, wenn man nur trunken ist!‹ 1 Nun, Robert ist vielleicht trunken, aber in der Wahl des Fläschchens hätte er doch mehr Geschmack beweisen können! Stellen Sie sich vor, zunächst einmal stellte sie die Forderung, ich solle mitten in meinem Salon eine Treppe aufstellen. Das ist ja auch eine Kleinigkeit, nicht wahr, und sie hatte mir auch angekündigt, daß sie platt auf den Stufen zu liegen gedenke. Und dann hätten Sie wirklich hören sollen, was sie deklamierte! Ich kennenur die eine Szene daraus, aber ich glaube nicht, daß man sich so etwas überhaupt vorstellen kann. Es nennt sich Les sept princesses .« 1
    » Les sept princesses ! Ui ui uiii, das nenne ich aber Snobismus«, rief d’Argencourt. »Aber warten Sie mal, ich kenne das ganze Stück. Der Verfasser hat es dem König geschickt, der kein Wort davon verstand und mich bat, ich solle es ihm erklären.«
    »Es handelt sich doch nicht etwa um den Sâr Peladan?« 2 fragte der Historiker der Fronde in der Absicht, etwas Witziges und Aktuelles zu sagen, aber mit so leiser Stimme, daß die Frage unbemerkt blieb.
    »So? Sie kennen Les sept princesses ?« wandte sich die Herzogin an d’Argencourt. »Da gratuliere ich Ihnen. Ich kenne freilich nur eine davon, bin aber seither auch gar nicht mehr neugierig auf die sechs anderen. Wenn sie alle so sind wie die, die ich gesehen habe!«
    Welch dumme Pute!, dachte ich, gereizt wegen der eisigen Begrüßung, die sie mir hatte zuteil werden lassen. Ich fand eine Art von bitterer Genugtuung darin, ihr völliges Unverständnis für Maeterlinck zu konstatieren. Und wegen einer solchen Frau laufe ich Morgen für Morgen kilometerweit, ich bin wirklich gut! Jetzt möchte ich sie nicht mehr geschenkt. Solcherart waren die Worte, die ich zu mir selbst sagte; sie stellten das Gegenteil von meinen Gedanken dar; es waren Äußerungen, wie man sie in der Konversation tut, wie wir dergleichen in Augenblicken sagen, in denen wir, zu ruhelos, um für uns zu bleiben, mangels eines anderen Gesprächspartners mit uns selbst so unaufrichtig wie mit einem Fremden zu reden das Bedürfnis verspüren.
    »Ich kann es gar nicht beschreiben«, fuhr die Herzogin fort, »es war einfach zum Kranklachen. Das wurde denn auch weidlich getan, etwas zu sehr sogar, denn die kleine Person hat das nicht geschätzt, und im Grund hat es mirRobert stets übelgenommen. Ich bedaure das nicht einmal, denn wenn alles gut abgelaufen wäre, hätte das Fräulein vielleicht wiederkommen wollen, und ich frage mich, wie sehr Marie-Aynard das goutiert hätte.«
    So wurde in der Familie Roberts Mutter genannt, Madame de Marsantes, Witwe des Aynard de Saint-Loup, um sie von ihrer Kusine, der Fürstin von Guermantes-Bavière, einer anderen Marie, zu unterscheiden, zu deren Vornamen Neffen, Vettern und Schwäger entweder den Vornamen ihres Mannes oder einen weiteren ihrer eigenen hinzusetzten, so daß sie manchmal Marie-Gilbert, manchmal Marie-Hedwige genannt wurde.
    »Erst fand am Abend vorher eine Art Generalprobe statt, die etwas ganz Exquisites war!« fuhr Madame de Guermantes in ironischem Tonfall fort. »Stellen Sie sich vor: sie sprach einen Satz, nein, nicht einmal, einen viertel Satz und hielt dann inne; und fünf Minuten lang, ich übertreibe nicht, kam nichts mehr.«
    »Ui ui uiii!« rief d’Argencourt.
    »Mit aller Höflichkeit habe ich anzudeuten gewagt, daß das vielleicht ein bißchen seltsam wirken könne. Da hat sie mir wörtlich zur Antwort gegeben: ›Man muß alles immer so sprechen, als erfinde man es eben selbst.‹ Wenn man darüber nachdenkt, ist das wirklich phänomenal, eine solche Antwort!«
    »Aber ich glaubte, Gedichte rezitiere sie nicht schlecht«, meinte einer der beiden jungen Leute.
    »Die hat doch keine Ahnung, was ein Gedicht ist«, antwortete Madame de Guermantes. »Ich selbst habe sie übrigens gar nicht erst zu hören brauchen. Es hat mir genügt zu sehen, wie sie mit ihren Lilien dahergekommen ist! Ich habe sofort gemerkt, daß sie kein Talent hat, als ich die Lilien sah!«
    Alles lachte.
    »Sie sind mir doch nicht böse, liebe Tante, wegenmeines Scherzes neulich mit der Königin von Schweden? Da bin ich und flehe um Vergebung.«
    »Nein, ich bin dir nicht böse;

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