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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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Wesentlichen ausStadtstaaten, die sich unter Führung des größten Stadtstaats selbst verwalteten. Die Idee Italien hatte mit Vergil und seinen Zeitgenossen der augusteischen Epoche ihre große Stunde, wurde aber auch damals durch imperiale Erwägungen beiseite geschoben. Rom entwickelte sich so schnell vom Stadtstaat zum Weltreich, dass für Nationalismus kein Raum und für die Herausbildung einer ethnischen italienischen Identität keine Zeit blieb. Und die Römer hatten den Weg zum Weltreich eingeschlagen, noch bevor sie ganz Italien beherrschten.
    Das entscheidende Jahr war 260 v. Chr., als sie beschlossen, aus dem Nichts eine Marine aufzubauen, um die Karthager aus Sizilien zu vertreiben – eine kühne Entscheidung, weil die Römer als Seefahrer keine Erfahrung hatten, die Karthager (und ihre phönizischen Vorfahren) dagegen seit Jahrhunderten das Mittelmeer befuhren. Der Erfolg dieser Bemühungen war erstaunlich: Der Sieg sicherte ihnen nicht nur Sizilien, sondern auch Korsika und Sardinien. Sizilien wurde bald ein klassisches Beispiel imperialer Ausbeutung, dem die europäischen Imperialmächte 2000 Jahre später nacheiferten. Frieden und Wohlstand zogen ein, was auch für Rom Reichtum und eine zuverlässige Versorgung mit Getreide bedeutete; die Weizenerträge waren höher als im 20. Jahrhundert. Cato bezeichnete die Insel als »Kornkammer der Republik, die Amme, an deren Brust sich das römische Volk nährt«. *39 Ein Großteil des Getreides wurde von Sklaven gesät und geerntet.
    Im Zweiten Punischen Krieg gegen Hannibal 218 – 201 v. Chr. eroberte Rom große Teile der Iberischen Halbinsel und erlangte damit die Kontrolle über das westliche Mittelmeer. Es folgten die beiden Makedonischen Kriege, durch die es Griechenland und die Vorherrschaft im östlichen Mittelmeer erlangte, und der Dritte Punische Krieg, der Karthago von der Landkarte tilgte und aus weiten Teilen Nordafrikas eine römische Provinz machte. Vorrang hatte stets der Aufbau eines Imperiums, nicht einer Nation.
    Moderne Empfindlichkeiten entdecken viel Abscheu Erregendes im Römischen Reich: die Kreuzigungen und die Sklaverei, die Gladiatorenkämpfe, die Korruption und die Lasterhaftigkeit seiner Herrscher. Es ist kaum ein schärferer Kontrast denkbar als zwischen den großen Männern der Republik – den Scipionen, den Gracchen, den beiden Catos, Cicero – und all den Sadisten, Psychopathen und Verbrechern – Caligula, Nero, Heliogabal und so weiter –, die unter den Kaisern so zahlreich vertreten waren. Zur Zeit der Republik konnten die Römer Konsuln werden, nachdem sie in Armee und Verwaltung gedient hatten. Der Weg der Kaiser zur Macht war mit den Leichen ihrer ermordeten Verwandten gepflastert. Zu Neros Opfern zählenseine erste Frau und seine Mutter, vielleicht auch seine zweite Frau. Sogar Konstantin der Große – der erste Kaiser, der aus dem Römischen Reich einen christlichen Staat machte –, ordnete die Ermordung seiner zweiten Frau und seines ältesten Sohnes an, des Unterkaisers Crispus.
    Dennoch schuf das Römische Reich Wohlstand, gefördert durch freien Handel und eine gemeinsame Währung. Es sorgte für Recht und Gerechtigkeit und zeigte ethnisch und sozial eine Toleranz, wie sie das moderne Europa erst in jüngster Zeit anstrebt. Hohe Beamte mussten weder Aristokraten noch Römer sein, ja nicht einmal aus Italien stammen. Zwei seiner besten Kaiser, Trajan und Hadrian, kamen von der Iberischen Halbinsel und einige ihrer Nachfolger aus Gallien, Thrakien, Illyrien, Syrien, Arabien und Nordafrika. Was wir über die römische Geschichte in der Schule lernen, besteht vorwiegend aus Eroberungen, Morden und Invasionen der Barbaren, aber im ersten, zweiten und vierten Jahrhundert des Römischen Reiches herrschte im Mittelmeerraum ein Frieden wie zu keinem späteren Zeitpunkt mehr. Anders als die Städte des Mittelalters brauchten römische Städte keine starken Befestigungsanlagen, auch die Hauptstadt bis ins 5. Jahrhundert nicht. Fast das ganze 1. Jahrhundert n. Chr. hindurch gelang es einer einzigen Legion, an der gesamten nordafrikanischen Küste für Ruhe zu sorgen, in Spanien war gar keine militärische Präsenz nötig. Das Zeitalter des Augustus und das 2. Jahrhundert unter den Adoptivkaisern waren weitgehend friedlich und von Wohlstand geprägt, jedenfalls im Vergleich zum darauffolgenden Jahrtausend. Edward Gibbon kam in den 1770er Jahren zu der Einschätzung, die Zeit zwischen 98 und 180 n. Chr. sei »jene Epoche in

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