Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
Vom Netzwerk:
ausbrechen, der ihn nordwärts eilen ließ. Nach Beilegung dieser Krise musste er womöglich erneut die Alpen überqueren, um die Rebellion lombardischer Städte niederzuschlagen oder sich noch weiter südlich einer militärischen Bedrohung durch Byzanz oder das normannische Königreich Sizilien zu erwehren. Dennoch fanden die Kaiser Zeit, ihre Interessen jenseits der Reichsgrenzen zu verfolgen, etwa auf Feldzügen in Polen, und sie nahmen an vierKreuzzügen teil. Eine vorhersehbare Folge solch frenetischer Aktivität war, dass sie Italien vernachlässigen mussten. Dort hatten sie zwar ihre Rechtsorgane und Steuerbehörden und auch den Rückhalt von Bischöfen und Adligen, denen sie die Verwaltung der Städte überließen. Aber durch die Abwesenheit des Herrschers wurden die Institutionen und die Bischöfe geschwächt und die Adligen ermuntert, das zu tun, was ihnen ohnehin am besten gefiel: Verschwörungen anzuzetteln und Loyalitäten aufzukündigen. Solche Strukturen eigneten sich kaum für die Verwaltung des neuen Italien im 11. Jahrhundert, wo steigende landwirtschaftliche Erträge, der Aufschwung des Handels und das Bevölkerungswachstum einen sozialen und wirtschaftlichen Wandel in Gang setzten. Wachstum und Wohlstand der Städte stärkten das Selbstvertrauen ihrer Bürger und weckten den Wunsch, die Angelegenheiten ihrer Kommunen selbst in die Hand zu nehmen. 9 Wenig geneigt, die Oberhoheit eines abwesenden Ausländers mit fragwürdigem Herrschaftsanspruch zu akzeptieren, wählten sie ihre politische Führung bald selbst, sprachen Recht und stellten eigene Streitkräfte. Die Kaiser, durch endlose Kriege in Deutschland abgelenkt, machten Zugeständnisse, die den Städten praktisch völlige Autonomie gewährten. Im ausgehenden 11. Jahrhundert hatte ihre Herrschaft über die Lombardei und die Toskana fast nur noch symbolischen Charakter.
    Friedrich Barbarossa, Herzog von Schwaben und im Jahr 1155 zum Kaiser erhoben, war entschlossen, diese Entwicklung rückgängig zu machen. Der unermüdliche Feldherr mit hehren Vorstellungen von seinen Rechten und seiner Würde wurde später zum Symbol deutscher Einheit, ein Held der Romantiker und ein Vorbild für Adolf Hitler, der dem Angriff auf die Sowjetunion den Decknamen »Unternehmen Barbarossa« gab. Friedrich sah die Ottonen als Nachfolger der Caesaren und sich selbst als Nachfolger der Ottonen. Er verglich sich mit Augustus und qualifizierte die Könige Frankreichs und Englands als nachrangige Herrscher ab. In Italien hatte er vor, die sogenannten Regalien zurückzufordern, auf die er nach freundlicher Auskunft von Rechtsgelehrten aus Bologna Anspruch hatte. Dazu zählte das Recht, in den Städten Amtsträger zu ernennen, Steuern auf Salz und Fisch sowie Straßen- und Handelszölle zu erheben. Er wollte dieses Geld und war entschlossen, es sich zu holen. Und er genoss das Ansehen, das sich aus der Unterwerfung anderer ergab.
    Der offene Ungehorsam Mailands, der größten italienischen Stadt, veranlasste ihn, in Italien einzufallen, und das insgesamt sechsmal. Sein Vorwand – vielleicht mehr als nurein Vorwand – lautete, er eile kaisertreuen Städten wie Lodi oder Como zu Hilfe, die 1111 und 1127 von Mailand erobert und geschleift worden waren. 1162 nahm Barbarossa Mailand ein und zerstörte es. Schon 1159 hatte er Crema dem Erdboden gleichgemacht, eine mit Mailand verbündete Stadt, die er mit äußerster Brutalität belagerte. Geiseln aus Crema wurden an die Belagerungstürme gebunden, so dass die Verteidiger mit ihren Pfeilen Verwandte und Mitbürger trafen.
    Barbarossas Italienzüge führten 1167 zur Gründung des Lombardischen Bundes, in dem sich 16 Städte zur Verteidigung gegen das kaiserliche Heer
     zusammenschlossen. Zu einer Schlacht kam es aber vorerst nicht, denn der Kaiser musste wegen dringlicherer Angelegenheiten nach Deutschland zurückkehren,
     und es dauerte einige Jahre, bis er an der Spitze eines neuen Heeres wiederkam. Obwohl inzwischen einige Städte abgefallen waren, errang der Lombardische
     Bund 1176 bei Legnano unweit von Mailand einen großen Sieg und konnte mit seinen Fußtruppen Friedrichs Reiterheer in die Flucht schlagen. Für die
     Halbinsel war dies ein historischer Augenblick, der eine Einheit bekundete, wie es sie vom Tod Theoderichs bis zur Gründung des modernen Italien kein
     zweites Mal gab. Wenn Patrioten des 19. Jahrhunderts in den Geschichtsbüchern nach berichtenswerten heroischen Ereignissen suchten, war Legnano ein
    

Weitere Kostenlose Bücher