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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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Papst die weltliche Herrschaft sowie den geistlichen Primat über das Weströmische Reich verliehen hatte. Erst in der Renaissance wies Lorenzo Valla nach, dass es sich um eine der spektakulärsten Fälschungen der Geschichte handelte. Doch da hatte das Dokument (das der Feder eines päpstlichen Klerikers aus dem 8. Jahrhundert entstammte) seinen Zweck bereits erfüllt und die Bildung des Kirchenstaats gerechtfertigt, eines breiten Gebietsstreifens von der Adria bis zum Tyrrhenischen Meer, der die Teilung der italienischen Halbinsel bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhundert zementierte. Die Päpste erweiterten ihr Territorium, das Rom und sein Umland umfasste (das sogenannte Patrimonium Petri) und brachten auch die Herzogtümer Perugia, Spoleto und Benevent, die Mark Ancona und schließlich die Romagna und Teile der Emilia unter ihre Herrschaft. In der Folge geriet die von Jesus getroffene Unterscheidung zwischen dem Reich Gottes und dem des Kaisers in Vergessenheit. Vergessen wurde auch Papst Gregor der Große aus dem 6. Jahrhundert, der sich gern »Diener der Diener Gottes« nennen ließ. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, einen Papst der Renaissance als Diener zu bezeichnen, nicht einmal als Diener Gottes.
    Die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen den Päpsten und dem Heiligen Römischen Reich begannen im 11. Jahrhundert. Zuvor waren sowohl das Papsttum als auch die weltliche Macht in ein so finsteres Mittelalter versunken, dass nicht einmal Revisionisten Licht ins Dunkel bringen konnten. Das Reich Karls des Großen wurde zwischen seinen Enkeln und Urenkeln aufgeteilt, und die weitgehend in Abwesenheit ausgeübte Herrschaft über Italien lief mit Karl dem Kahlen (875 – 877) und Karl dem Dicken (880 – 887) aus. Das Jahrhundert endete mit der Invasion der Magyaren aus Ungarn, die den Norden verheerten, und in den folgenden 60 Jahren blieb die Lage instabil. In der langen Geschichte der Uneinigkeit Italiens sind diese Jahrzehnte ein Sonderfall, eine Ära dominiert von Magnaten, die sich anmaßten, König – manchmal sogar Kaiser – zu sein, und gegen andere genauso unglaubwürdige Prätendenten kämpften. Wie anarchistisch und turbulent es in jenen Jahren zuging, zeigt eine Liste der Prätendenten, denen es zwischen 888 und 962 gelang, Könige von Italien zu werden: ein Markgraf von Friaul,zwei Herzöge von Spoleto, ein Herzog von Kärnten, ein König der Provence, ein Herzog von Burgund, zwei Könige von Arles, zwei Markgrafen von Ivrea und ein ostfränkischer König.

ITALIA GERMANICA
    Eine gewisse Stabilität oder wenigstens Beständigkeit kehrte in Italien erst Mitte des 10. Jahrhunderts wieder ein, als Otto, Herzog von Sachsen und König des Ostfrankenreiches, über seine Frau Adelheid (die Tochter, Witwe und Gefangene dreier früherer italienischer Könige) Anspruch auf den italienischen Thron erhob. Otto übernahm die langobardische Königswürde. Dem Beispiel Karls des Großen folgend, reiste er 962 nach Rom, ließ sich vom Papst zum Kaiser krönen und begründete damit die Herrschaft dreier Dynastien deutscher Kaiser in Italien – der Sachsen, Salier und Staufer –, unterbrochen durch das kurze Zwischenspiel der Welfen und der Supplinburger. Die Herrschergalerie umfasste einen Lothar, zwei Friedriche, drei Konrads, vier Ottos und sieben Heinriche.
    Die Herrscher nannten sich Rex romanorum et semper augustus (»römischer König und allzeit Mehrer des Reichs«, wie dieser Titel verdeutscht wurde) und die Krönungen, die sie zu absolvieren hatten, verweisen auf die Komplexität ihrer Rolle und die Schwierigkeiten bei der Erfüllung unterschiedlicher Pflichten als deutscher König, König von Italien und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Nach der Wahl durch die deutschen Kurfürsten wurden sie in Aachen, der Lieblingspfalz Kaiser Karls des Großen, zum deutschen König gekrönt und galten damit auch als römische Könige. Später überschritten sie die Alpen, um in Pavia, Monza oder Mailand die Eisenkrone der Langobarden zu erhalten. Die letzte Station war die Fahrt nach Rom, wo sie vom Papst zum Kaiser gekrönt wurden.
    Das Heilige Römische Reich erstreckte sich von Ost- und Nordsee bis zur Adria und zum Tyrrhenischen Meer. Solche Dimensionen zwangen den Kaiser zu ausgedehnten Reisen, auf denen auch Gebirge zu überwinden waren. Während der Herrscher sich in Italien aufhielt und mit dem Papst um die Vergabe geistlicher Ämter stritt, konnte in Deutschland jederzeit ein Konflikt

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