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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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Bestandteil des Disputs zwischen Papst und Kaiser war der Status des normannischen Königreichs Sizilien. Der Süden Italiens unterschied sich schon damals grundlegend vom Norden. Süditalien war sehr viel bäuerlicher, von feudalen Strukturen geprägt und ethnisch heterogen, und das Leben war vom Mittelmeer und seinen Anrainer-Völkern in einer Weise bestimmt, wie man es sich in den Städten der Poebene mit ihren Verbindungen zu Mitteleuropa jenseits der Alpen kaum vorstellen konnte. Unter autoritären Herrschern, die die Wirtschaft lenken wollten, und in unbehaglicher Nachbarschaft zu grundbesitzenden Baronen hatten die Städte des Südens kaum Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Nur wenige erlebten eine kurze Blütezeit wie die Hafenstadt Amalfi, deren Kaufleute in Ägypten und am Bosporus Handel trieben. Wie im Norden lebten im Süden auch Römer, Lombarden und Franken, aber vor allem viele Byzantiner, Griechen und muslimische Araber, außerdem eine bedeutende jüdische Minderheit. Diese multikulturelle und multireligiöse Gemeinschaft in dem Königreich wurde überraschend von einer kleinen Gruppe Rittern aus der Normandie zusammengehalten. Ihre Nachkommen herrschten fast 200 Jahre lang extravagant, aber im Großen und Ganzen erfolgreich.
    Normannische Abenteurer, die als Söldner Arbeit suchten, waren schon im frühen 11. Jahrhundert in den Süden gekommen. Papst Benedikt VIII. heuerte sie für den Kampf gegen die Byzantiner in Apulien an, und schon bald erhielten einige Ritter, unter ihnen auch die bemerkenswerten Brüder Hauteville, Ländereien von ihren dankbaren Auftraggebern. Aus Angst, dass diese Normannen zu stark werden könnten, führte ein späterer Papst eine Armee gegen sie, wurde aber besiegt und von Robert Guiskard, einem der fünf Hauteville-Brüder, 1053 gefangengenommen. Notgedrungen willigte der Papst ein, für seine Oberherrschaft über den Süden Robert Guiskard zum »Herzog von Apulien, Kalabrien und des zukünftigen Sizilien« zu erheben. Das Adjektiv »zukünftig« wurde bald überflüssig, als der neue Herzog, unterstützt von seinem jüngeren, aber genauso talentierten Bruder Roger, über Kalabrien vorrückte und 1061 in Sizilien einmarschierte. Daraufhin konzentriertesich Robert Guiskard auf die Eroberung des Festlands im Norden, er nahm Bari ein und beendete dort 1071 die byzantinische Herrschaft, während Roger (später bekannt als »der Große Graf«) die Araber in Sizilien besiegte, 1072 Palermo und 1090 schließlich die ganze Insel eroberte. Nach dem Tod der beiden Brüder konnte der Sohn des Großen Grafen die Hauteville-Territorien vereinigen und wurde nach der Gefangennahme eines weiteren Papstes als Roger II. König von Sizilien.
    Der neue König gehörte zu den besten Herrschern des Mittelalters, großzügig und weitblickend, kultiviert und mit administrativem Geschick. Er weigerte sich, am Zweiten Kreuzzug teilzunehmen, denn religiöse Toleranz war die Grundlage seiner Herrschaft, und er bestand auf Achtung und Respekt gegenüber den Sitten und Gebräuchen der verschiedenen Gruppen seines Reichs. Er sprach fließend griechisch und arabisch, und sein Hof war intellektuell und weltoffen wie kein anderer im damaligen Europa. Zeugnisse der unter seiner Herrschaft entstandenen Architektur, die arabische, normannische und byzantinische Elemente vereint, sind die Cappella Palatina in Palermo mit ihren herrlichen Mosaiken und die Kirche San Giovanni degli Eremiti mit ihren runden Kuppeln. König Roger II. gelang es, den Wohlstand und Einfluss Siziliens auf den Stand zu bringen, auf dem es zuletzt zur Zeit der alten Griechen war – und auf den es nie wieder kommen sollte. Er machte die größte Insel des Mittelmeers zu einem Mikrokosmos dessen, was ein von Meer umgebenes Land sein könnte, aber sehr selten ist: ein Raum der Begegnung von Kulturen, Religionen und Völkern in einem Klima der gegenseitigen Achtung und Toleranz.
    Die Päpste hielten es mit den Normannen genauso wie mit den Kaisern: Sie schmeichelten und baten, wenn sie etwas von ihnen brauchten, andernfalls bekämpften und exkommunizierten sie die Könige. Robert Guiskard und Roger II. wurden mit dem Kirchenbann belegt. Als die Hauteville und die Staufer (das Herrschergeschlecht Friedrich Barbarossas) sich 1186 dynastisch vereinten, war die Feindschaft des Papstes endgültig. Rogers Nachfolger war sein Sohn Wilhelm I., wieder ein tüchtiger und erfolgreicher Hauteville, der ganz zu Unrecht unter gegnerischen Adligen als

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