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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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der den widerwilligen Michelangelo überredete, die Decke der Sixtinischen Kapelle zu bemalen, obwohl der Künstler murrte, sein Metier sei die Bildhauerei und nicht die Malerei – genau wie er später grummelte, er sei kein Architekt, als Papst Paul III. ihn drängte, den Neubau des Petersdoms zu übernehmen. Julius erkannte aber auch Michelangelos wahre Berufung und beauftragte ihn, zwei Monumente zum Ruhm der Familie della Rovere anzufertigen: das päpstliche Grab, das er nicht vollendete, und eine Bronzestatue des Papstes, die in einer Kirche in Bologna aufgestellt, doch schon wenige Jahre später entfernt und vom Herzog von Ferrara für Kanonen eingeschmolzen wurde.
    Die Priorität sämtlicher Renaissancepäpste war die Verschönerung Roms, der Erfolg und die Bereicherung der eigenen Familie und der Erhalt –und wenn möglich die Erweiterung – des Kirchenstaats. Bis zur Reformation kümmerten sie sich kaum um die Religion, außer wenn es um Interdikte oder die Exkommunikation von Feinden ging. Um sie zu verstehen, muss man ihre religiöse Rolle außer Acht lassen und sie als typische Renaissancefürsten betrachten, die brutaler und habgieriger als viele andere, aber genauso leidenschaftlich auf ihren Reichtum und die Kunst, auf ihre Macht und den Erhalt ihrer Dynastie bedacht waren. Die Korruption trieb in Rom schlimmere Blüten als im übrigen Italien, vielleicht weil Päpste mehr Geld für Bestechung übrig haben und begieriger darauf sind, korrumpiert zu werden, als andere Fürsten. Viele waren bereit, für Pfründe eine hübsche Summe und für den Kardinalshut ein Vermögen zu zahlen. Manche jedoch verzichteten zugunsten des Nepotismus auf Bares: Verwandte erhielten Positionen, wo sie den Interessen des Papstes und seiner Familie dienen konnten. Sixtus IV. (1471 – 1484), der erste della-Rovere-Papst, der diese Gepflogenheit einführte, machte drei seiner Neffen zu Kardinälen (darunter den späteren Papst Julius II.) und schanzte einem von ihnen sechs Bistümer zu; der junge Mann starb allerdings noch in seinen Zwanzigern. Der aus Spanien stammende Borgia-Papst Alexander VI. (1492 – 1503) trieb es noch schlimmer. Er erhob seinen berüchtigten Sohn Cesare 16-jährig zum Erzbischof von Valencia und im Jahr darauf zum Kardinal, später ernannte er ihn zum Herzog der Romagna und unterstützte ihn im Bestreben, einen Borgia-Staat im Norden Italiens aufzubauen, der glücklicherweise nur kurzlebig war.
    Eine erfolgreichere und irgendwie auch sympathischere Dynastie waren die Farnese, deren Papst Paul III. (1534 – 1549) der Bruder einer Mätresse des Borgia-Papstes war. Paul sorgte dafür, dass sein Sohn Herzog von Parma und Piacenza wurde, ein unabhängiges Herzogtum, das Pauls Nachfahren für die nächsten 260 Jahre bis ins 19. Jahrhundert hinein beherrschten (am Ende in weiblicher Linie). Er war auch der Großvater von Alessandro Farnese, wegen seiner Mildtätigkeit und seines politischen Geschicks »der große Kardinal« genannt. Sein Urenkel, gleichfalls ein Alessandro, ist der berühmte Feldherr, der die südlichen Provinzen der Niederlande für Spanien zurückeroberte und daher – wohl oder übel – als der Vater des heutigen Belgien angesehen werden muss.
    Vetternwirtschaft blieb für die nächsten 200 Jahre eine zwanghafte Gewohnheit der Päpste – außer in der kurzen Regentschaft des niederländischen Papstes Hadrian VI. (1522 – 1523) –, bis der neapolitanische Papst Innozenz XII. Ende des 17. Jahrhunderts dem einen Riegel vorschob. Doch der Braschi-Papst Pius VI. (1775 – 1799) setzte diese Tradition kurz vor der Französischen Revolution fort, als er einen seiner Neffen zum Herzog und einen anderenzum Kardinal erhob. So beklagenswert es auch war, der Nepotismus beflügelte auch die päpstliche Phantasie und trieb sie in militärische Abenteuer: die Farnese in Parma, die Borgia in der Romagna, die Medici gegen die Republikaner in ihrer Heimatstadt Florenz. Diese päpstlichen Vertreter ihrer Familien kämpften in erster Linie für ihre Verwandten. Im Großen und Ganzen schädigte die Vetternwirtschaft den Ruf der Kirche, denn der Zusammenhang zwischen dem Leben Jesu und seiner Apostel und dem Prunk und Luxus der Kirchenfürsten der Renaissance und ihrer Höfe erschloss sich nicht. Viele Christen in Europa wollten die Kirche reformieren. Die Bischöfe sollten gezwungen werden, in ihren Diözesen zu leben, und Missbrauch wie der Ablasshandel sollte aufhören. Doch die Päpste waren sehr

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