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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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sehr treffender Beiname, denn Florenz erwarb seinen Ruhm im Mittelalter und in der Renaissance und nicht im Barock. Die Kirchen der Basilicata, etwa in der Stadt Matera, wo noch im 20. Jahrhundert viele Einwohner in Höhlen lebten, sind im romanischen, barocken oder einem aus beidem gemischten Stil, nie aber im klassischen Stil erbaut. Das gilt für die meisten Städte Süditaliens, es sei denn, der Ort wurde von einer Naturkatastrophe heimgesucht und musste wiederaufgebaut werden. Wie Messina jenseits der Meerenge wurde auch Reggio Calabria nach dem Erdbeben 1908 komplett wiederaufgebaut. Noto und Ragusa im Südosten Siziliens erhielten nach dem Beben von 1693 ein schöneres – barockes – Gesicht. Was von Catania nach einem der verheerenden Ausbrüche des Ätna im Jahr 1669 noch übrig war, wurde eine Generation später durch ein Erdbeben zerstört. Auf solche Katastrophen reagierte die Bevölkerung mit dem Bau imposanter Barockkirchen, die hier eine Dichte erreichen wie an kaum einem anderen Ort der Welt.
    Schon seit dem 13. Jahrhundert war der Süden aufgrund der Rivalitäten zwischen der angevinischen und der aragonesischen Dynastie verarmt, und die nicht enden wollenden Kämpfe zwischen den Herrschern und ihren Baronen trugen das Ihre dazu bei. Als Anfang des 16.Jahrhunderts der Süden an die spanische Krone fiel, wurde die Sache nicht besser. Die neuen Herrscher wahrten zwar den Frieden in Sizilien, hatten aber wohl nicht das Gefühl, dass das Land irgendwie gelenkt werden müsste. Kein spanischer König betrat jemals sizilianischen Boden – außer Kaiser Karl V., der als Karl I. zugleich König von Spanien war und unermüdlich reiste. Vielleicht hatten sie nicht ganz unrecht. Die sizilianischen Adligen begnügten sich offenbar damit, in Palermo zu faulenzen, gaben die Pachteinnahmen von ihren Gutshöfen für den Bau von Palästen aus und kauften sich Titel von den Spaniern. Mit dieser raffinierten Methode füllte die spanische Regierung ihre Kassen. Im 17. Jahrhundert wurden bei einer Bevölkerungszahl von einer Million über 100 Fürstentümer geschaffen. Am Ende des folgenden Jahrhunderts war die Zahl auf 148 gestiegen. Auf der Insel gab es überdies 788 Markgrafen und rund 1500 Herzöge und andere Barone. *65 Palermo gewann auf diese Weise zwar etliche Prachtbauten hinzu, aber es fehlte das Geistesleben, das unter König Roger und Kaiser Friedrich geblüht hatte. Die Renaissance erreichte Palermo nicht, ebensowenig wie die Aufklärung.
    Anfang des 16. Jahrhunderts erlebte die Hochrenaissance in Rom ihre Blütezeit, doch als Masaccio und Donatello kurz zuvor in Florenz den Aufbruch zu einem neuen Kunststil gewagt hatten, war die einstige imperiale Machtzentrale noch eine kleine, in Ruinen liegende Stadt. Im 13. Jahrhundert wurde die katholische Kirche nicht von Rom, sondern von Avignon aus regiert – von sieben aufeinanderfolgenden französischen Päpsten und 111 französischen Kardinälen. Seit 1377 residierten wieder Päpste in Rom, allerdings nicht unangefochten. Während des 40-jährigen Großen abendländischen Schismas gab es mindestens zwei, wenn nicht drei rivalisierende Päpste, jeder mit seinem eigenen Kardinalskollegium, und jeder beanspruchte den Stuhl Petri für sich. Erst als die Wirrnisse vorbei waren und der Colonna-Papst Martin V. (1417 – 1431) die Zügel der Kirche in die Hand nahm, konnte der Wiederaufbau Roms beginnen.
    Das Wachstum verlief rasant. Im Lauf von 100 Jahren verwandelte sich Rom in eine Stadt der Paläste und Brunnen, der gepflasterten Straßen und neuen Kirchen. Die Bevölkerungszahl stieg von 17 000 auf 115 000, womit Rom die drittgrößte Stadt Italiens hinter Neapel und Venedig wurde. Die Bautätigkeit bedeutete aber auch die Plünderung und Zerstörung des Alten: Der ägyptische Granit der Caracalla-Thermen wurde für die Brunnen auf der Piazza Farnese verwendet, und das Kolosseum schien der perfekte Steinbruch für den Ponte Sisto zu sein. Man konnte von den Renaissancepäpsten nicht verlangen, sich nostalgisch dem Denkmalschutz zu widmen. Sie wollten Monumente in der Ewigen Stadt errichten, um ihren Namen für die Ewigkeit zu erhalten: die della Rovere, Medici und Farnese und später die Borghese, Barberini, Pamphili und Chigi.
    Der größte Kunstförderer unter den Päpsten war gleichzeitig ein angriffslustiger Kriegstreiber. Julius II. aus der Familie della Rovere war ein leidenschaftlicher und jähzorniger Papst ohne jeden Hang zur Spiritualität. Er war es,

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