Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
Vom Netzwerk:
unermüdlich die Landwirtschaft und investierten viel Energie in den erfolglosen Versuch, die Sümpfe der Maremma trockenzulegen. Aber die Linie starb in geradezu archetypischer Dekadenz aus. Der vorletzte Großherzog Cosimo III., der länger regierte als jeder andere Medici (1670 – 1723), war frömmlerisch und prüde und sammeltedie Heiligenreliquien. Unter ihm wurde die toskanische Flotte auf drei Galeeren reduziert, und in der Armee dienten senile, lahme und halbblinde Soldaten. *67 Sein Nachfolger Gian Gastone präsentierte eine andere Variante der Dekadenz. Oft zeigte er sich betrunken in der Öffentlichkeit, ein Homosexueller ohne Chance, mit seiner furchteinflößenden deutschen Gemahlin Kinder zu zeugen. Er wurde zum Gespött, dennoch war Gian Gastone ein weiserer und toleranterer Herrscher als sein Vater. Er unterband Übergriffe der Kirche in der Toskana und hob judenfeindliche Edikte auf. Überdies senkte er die Steuern für Kleinbauern und schaffte die Abgaben auf Lasttiere ab. Mit seinem Tod 1737 starb die Familie aus, auch wenn das Herzogtum unter einer neuen Dynastie weiterlebte, die ohne eigenes Verschulden in der Hysterie des Risorgimento unterging.
    Der letzte Akt der Medici-Herrschaft spiegelte jene Einstellung gegenüber ihren Rechten, Pflichten und Beziehungen zur Öffentlichkeit, die sie über Jahrhunderte an den Tag gelegt hatten. Gian Gastones Schwester Anna Maria Ludovica bestimmte, dass nach ihrem Tod (1743) das gesamte Vermögen ihrer Familie – Gemälde, Skulpturen, Bibliotheken, Juwelen und andere Kostbarkeiten – dem neuen Großherzog und seinen Nachfolgern vermacht wurde, allerdings unter der Bedingung, »dass von diesen Dingen, da sie zum Schmuck des Staates, zum Nutzen des Volkes und als Anreiz für die Neugier der Fremden bestimmt sind, nichts veräußert oder aus der Hauptstadt oder aus dem Gebiet des Großherzogtums weggebracht werden soll«. *68 Sie befinden sich bis heute in der Toskana.
----
    10 Siehe oben S. 65.
    11 Siehe unten Kapitel 4.
    12 In Spanien kam die Renaissance sehr spät an. Noch 100 Jahre nachdem Brunelleschi die Kuppel des Doms in Florenz vollendet hatte, bauten die Spanier gotische Kathedralen.

5
UMKÄMPFTES ITALIEN
FREMDE HERRSCHER
    »Seit das Römische Reich von jener Größe herabzusinken begann«, schrieb Guicciardini im 16. Jahrhundert, »hatte Italien niemals so großes Glück genossen, niemals sich in einem so wünschenswerten Zustand befunden, wie derjenige war, der ihm im Jahre des Heils 1490 und den unmittelbar vorhergehenden und nachfolgenden Jahren Sicherheit und Ruhe gewährte.« *90 Die italienischen Staaten erlebten eine Ära beispiellos guten Einvernehmens – die größeren erkannten, dass sie nicht alle anderen beherrschen konnten –, und die Halbinsel war mehr als 200 Jahre lang von größeren Invasionen aus dem Norden verschont geblieben. All das änderte sich 1494, als mit Karl VIII. der erste von drei französischen Königen in Folge eine große Armee nach Italien führte.
    Mit den Anjou verwandt, hatte Karl einen schwachen und eigentlich ruhenden Anspruch auf den Thron von Neapel. Aber von Ludovico Sforza, dem kultivierten und gewitzten Herrscher Mailands, angestachelt, zog der junge König, beinahe ohne auf Gegenwehr zu stoßen, durch die Halbinsel nach Süden und eroberte Neapel. Nach dem begeisterten Empfang durch seine neuen Untertanen vergnügte er sich in der Stadt, gab Bankette und veranstaltete Turniere. Aber Karl war weder geduldig noch klug genug, um auf Dauer populär zu bleiben. Als in der französischen Armee die Syphilis zu grassieren begann, fand Karl sich plötzlich einer mächtigen Koalition aus Venedig, Mantua, Florenz, dem Papst und Ludovico von Mailand gegenüber, der die Seiten gewechselt hatte. Im Juli 1495 eilte er in den Norden, wurde aber bei Fornovo von den Streitkräften Venedigs und Mantuas gestellt, die seinen durch Krankheit geschwächten und dezimierten Truppen dreifach an Zahl überlegen waren. Da die Franzosen nach der Schlacht ihren Rückzug fortsetzten, beanspruchten die Italiener den Sieg für sich: Ihr Anführer Gianfrancesco II. Gonzaga, Markgraf von Mantua, feierte das Ereignis sogar mit dem Bau einer »Sieges«-Kirche in seiner Stadt und beauftragteMantegna, die Madonna della Vittoria zu malen. Aber alle anderen erkannten, dass es in Wirklichkeit eine Niederlage war, dass Italien enorme Verlust erlitten und man es den Franzosen gestattet hatte, beinahe unbeschadet zu entkommen, wo man sie doch

Weitere Kostenlose Bücher