Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)
viel mehr am Geld als an Reformen interessiert. Wie Papst Martin V. im 15. Jahrhundert gesagt haben soll: »Ohne Reformen hat die Kirche 1400 Jahre standgehalten, ohne Geld hält sie sich keine Woche.« *66
Beim Laterankonzil 1512 – 1517 erlitten die Reformer eine herbe Niederlage. Unterstützt von Spanien, ruderte die Kirche dogmatisch und autoritär zurück und wandte sich gegen den Humanismus. Schließlich triumphierte die Gegenreformation mit ihrer Ablehnung des aus der Antike stammenden Gedankenguts der Renaissance. Der 1555 gewählte, schon betagte Papst Paul IV. ließ zahllose Bücher verbrennen, verbannte die Juden Roms in Ghettos und ließ die anstößigen Körperstellen von Michelangelos Figuren an der Decke der Sixtinischen Kapelle mit Feigenblättern übermalen. Die meisten seiner Nachfolger und ihre Kardinäle bestanden auf einer strikten Einhaltung der Dekrete des Konzils von Trient (1545 – 1563), der zentralen Dogmen der Gegenreformation. Der dynamische, einflussreiche Kardinal und Erzbischof von Mailand, Carlo Borromeo (1538 – 1584, 1610 heiliggesprochen), ließ Tänze und den Karneval verbieten und zwang die Pfarrer, ihre Gemeindemitglieder auszuhorchen, um an Informationen über Ketzer und verbotene Bücher zu gelangen. Die katholische Kirche machte zwar in Trient den Reformern einige Zugeständnisse – so wurde den Bischöfen nahegelegt, in ihren Diözesen zu residieren –, doch ihre Weigerung, auf die Protestanten zuzugehen, machte die Spaltung Europas unausweichlich. England, Schottland, Zürich, Genf, die Niederlande, weite Teile Deutschlands und Skandinaviens sagten sich von der römisch-katholischen Kirche los. Die italienischen Protestanten wanderten in der Regel nach Genf aus, doch die meisten Italiener blieben ihrer Kirche treu. Ihre Verehrung der Jungfrau Maria und der Heiligen wog schwerer als ihre Bestürzung über das Verhalten der Päpste.
So erfolgreich wie die Farnese in der Umsetzung ihrer Familieninteressen waren auch dieMedici-Päpste, die es zweimal schafften, ihre verbannte Familie zurück nach Florenz zu holen und wieder an die Macht zu bringen. Nach 1530 einigten sich Papst Clemens VII. und sein ehemaliger Widersacher und jetziger Verbündeter Kaiser Karl V. darauf, die Medici zur Erbdynastie von Florenz zu erheben. Die Linie sollte mit Alessandro beginnen, einem illegitimen, noch sehr jungen Großneffen des ersten Medici-Papstes. Als ein paar Jahre später der frisch auf den Thron gehobene Herzog Alessandro von einem neidischen Vetter ermordet wurde, konnte kein passender Nachkomme Lorenzos des Prächtigen gefunden werden, doch die Magie des Familiennamens war so groß, dass man einen anderen jungen Medici auftrieb. Er war jedoch so entfernt verwandt (glücklicherweise hieß er Cosimo), dass er nicht den Anspruch erheben konnte, von jenem ersten Cosimo abzustammen, der als erster Medici die Geschicke von Florenz gelenkt hatte.
Aber der neue Cosimo bewies, dass er genauso geduldig und talentiert war wie der alte. Er führte diplomatische Verhandlungen mit dem mächtigsten aller Kaiser, von dessen Sohn er – nach einer Belagerung – das lang begehrte Siena erhielt. Bald prangte auf dem Palazzo Pubblico das Familienwappen der Medici. Er setzte Spione ein und nahm politische Gegner gefangen, schuf aber auch ein stabiles Verwaltungssystem, das 200 Jahre lang fast unverändert überdauerte. Wie zu dieser Zeit in der Aristokratie üblich, zogen die Medici aus ihrem Familienpalast in der Innenstadt aus und richteten sich in dem weitläufigen, aber festungsartigen Palazzo Pitti jenseits des Arno ein, wo sie genug Platz hatten, um die Boboli-Gärten anzulegen. Cosimo lernte, den Staat und nicht die Stadt als sein Reich zu betrachten, und vollzog damit eine Abkehr von den Gewohnheiten früherer Medici. Er machte es sich zur Pflicht, die Wirtschaft seines gesamten Herrschaftsbereichs aufzubauen, nicht nur die Hauptstadt und deren unmittelbares Umland. Als der Papst ihm 1569 einen neuen Titel verlieh, wählte Cosimo den eines Großherzogs der Toskana, was beweist, dass die Medici sich fortan eher als Toskaner denn als Florentiner fühlten.
Cosimo und seine Nachfolger waren fähige Herrscher und aufgeklärte Ökonomen, einige waren auch Wissenschaftler. Sie bauten den Hafen von Livorno aus – die Briten bestanden jahrhundertelang auf dem Namen Leghorn – und förderten den Zuzug von Kaufleuten, darunter die jüdischen Vorfahren von Benjamin Disraeli. Sie förderten auch
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