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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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er sich überzeugt, als schriebe er ein ahnungsvolles Libretto. Gegen den Willen des Volkes könne keine Macht bestehen, und in ein paar Jahren, vielleicht ein paar Monaten, werde Italien »frei sein, vereint, republikanisch«. Piave, so wandte er sich streng an seinen Briefpartner, dürfe ihm nicht wieder davon sprechen, Musik zu schreiben.

    Du sprichst mir von Musik!! Was ist in Dich gefahren? … Du glaubst, dass ich mich jetzt mit Noten, mit Tönen beschäftigen will? … Es
gibt, es darf nur eine Musik geben, die den Ohren der Italiener von 1848 gefällt: die Musik der Kanonen! … Für alles Gold der Welt schriebe ich nicht
eine Note: ich hätte die größten Gewissensbisse, Notenpapier zu benutzen, aus dem man so gute Patronen machen kann. *144

    Verdi ging in diesem Brief auch darauf ein, dass Piave Nationalgardist in Manins venezianischer Republik geworden war, und gestand schließlich, er wollte, wenn er sich hätte anwerben lassen können, auch nur ein einfacher Soldat sein. »Aber jetzt kann ich nur ein Tribun sein, und ein miserabler Tribun.« Aber er blieb die Erklärung schuldig, warum er sich nicht hatte anwerben lassen. Er war erst 34 Jahre alt, 15 Jahre jünger als D’Azeglio, der umstandslos vom Künstler zum Offizier wechselte. Die Erklärung folgte im nächsten Absatz: »Ich muss wegen Verpflichtungen und Geschäften nach Frankreich zurück.« Dort habe er »zwei Opern zu schreiben und auch noch verschiedene Gelder einzufordern«. Er war also Patriot, solange der Patriotismus nicht mit seiner Arbeit und den Geschäften in Konflikt geriet. Später sickerte durch, dass der Hauptgrund für seinen Italienbesuch nicht die Zustimmung zur Revolution oder ein Besuch der Barrikaden, sondern der Kauf eines Bauernhofs bei Roncole war, wo er sich später niederließ. Nach einem guten Monat in Italien kehrte er Mitte Mai ins sichere Frankreich zurück, während in der Heimat der Kampf um die Lombardei bevorstand.
    Von Paris aus beklagte Verdi den Waffenstillstand, der auf die Niederlage Piemonts in der ersten Schlacht bei Custoza folgte. »Welch eine jämmerliche Epoche von Zwergen! Nichts Großes geschieht – nicht einmal große Verbrechen!« Er komponierte unterdessen die Musik zu einer Schlachthymne, Suona la tromba (»Es schallt die Trompete«), deren Text von dem jungen Dichter Goffredo Mameli stammte und die Verdi an Mazzini in der Hoffnung geschickt hatte, sie möge »zwischen der Musik der Kanonen bald in der lombardischen Ebene erklingen!. *145 Mazzini hatte im Mai um die Hymne gebeten, der Komponist schickte sie aber erst im Herbst, als die Kämpfe in der Lombardei beendet und die italienischen Kanonen verstummt waren. Das Werk hätte zwar in späteren Feldzügen verwendet werden können, aber es zündete nie so recht, und schließlich wurde ein anderes Gedicht Mamelis, Fratelli d’Italia (»Brüder Italiens«), vertont von Michele Novaro, zur italienischen Nationalhymne. Mameli selbst starb mit nur 21 Jahren 1849 im Kampf um Rom an der Seite Garibaldis.
    In Paris komponierte Verdi seine einzige unbestreitbare Risorgimento-Oper, La Battaglia di Legnano (Die Schlacht von Legnano). Dieses Werk feierte, wie sein Librettist meinte, »die glorreichste Epoche der italienischen Geschichte«, das 12. Jahrhundert. Sie wurde im Januar 1849 im republikanischen Rom Mazzinis uraufgeführt, und ihr Komponist verließ widerwillig Frankreich, um an den ersten Abenden zu dirigieren. Wieder blieb er nur einen guten Monat in Italien und reiste ab, bevor der eigentliche Kampf begann, Garibaldis Verteidigung der Stadt. Unter diesen Umständen war der Erfolg der Oper vorprogrammiert. Vom Eröffnungschor, der die Italiener endlich als »ein Volk von Helden« beschwört, bis zum Schlussakt (»Für das Vaterland sterben«) samt der obligatorischen Zugabe schwoll der Applaus so an, dass die Musik kaum noch zu hören war.
    Offensichtlich war Verdi in Rom Anfang 1849 der Komponist der Stunde, aber während der Revolutionsjahre scheint das für andere Teile Italiens nicht gegolten zu haben. Manche Patrioten fragten sich, warum seine vorherigen drei Opern von Räubern, Piraten und einem schottischen Thronräuber und dessen mordlüsterner Ehefrau handelten. Andere verstanden nicht, warum er in einer so kritischen Zeit über eine mittelalterliche Schlacht schrieb und nicht über neuere Ereignisse wie die »Fünf Tage« von Mailand. Nach der Proklamation der neuen Verfassungen Anfang 1848 brachten einige Städte Attila und

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