Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)
Teenager war.
Der Junge besuchte die Schule in Busseto, fand einen Gönner, der ihm ein privates Musikstudium in Mailand finanzierte, und begann eine Karriere, die praktisch von Anfang an von Familientragödien überschattet war. Im Alter von 19 Jahren verlor er seine einzige Schwester, mit 22 heiratete er die Tochter seines Gönners, verlor aber innerhalb von vier Jahren durch Krankheit seine ganze junge Familie – Tochter, Sohn und Ehefrau –, ehe seine erste Oper (Oberto) an der Mailänder Scala uraufgeführt wurde. Nach dem Tod seiner Frau versuchte er von seiner nächsten Verpflichtung, einer Komödie, zurückzutreten, aber der Impresario bestand – vielleicht aus Wohlwollen – darauf, dass der Vertrag erfüllt wurde, und so kam auch Un giorno di regno (König für einen Tag) in Mailand auf die Bühne. Wenn man bedenkt, wie viel Leid Verdi durchlebte und dass er ohnehin wenig Sinn für Humor hatte, ist diese Oper, die dem Werk und Geist Rossinis viel verdankt, überraschend reizvoll und unbeschwert. Leider war das Publikum der Scala anderer Meinung. Die Premiere war ein solches Fiasko (das damals beliebteste Wort für eine misslungene Uraufführung), dass die Oper schonam folgenden Abend aus dem Programm genommen wurde. Der Komponist schrieb in den nächsten 50 Jahren keine Komödie mehr.
Verdis Karriere wurde von Nabucco gerettet, der 1842 in der Scala 75 Aufführungen erlebte, im Jahr darauf in 19 weiteren Opernhäusern inszeniert wurde und 1844 in 25 Häusern auf die Bühne kam. *143 Später wurde Nabucco als die erste von Verdis »Risorgimento-Opern« bezeichnet, weil italienische Nationalisten behaupteten, das unter österreichischem »Joch« lebende Publikum habe sich mit den nach Freiheit lechzenden Israeliten identifiziert, die vom babylonischen König Nebukadnezar (Nabucco) aus Jerusalem verschleppt und versklavt wurden. Allerdings gibt es kaum zeitgenössische Belege dafür, dass das Publikum diese Verbindung herstellte oder der Komponist dies beabsichtigt hatte. Die Oper wurde so beliebt, weil sie das starke, bewegende Werk eines jungen Talents war.
Auf Nabucco folgte eine weitere sogenannte Risorgimento-Oper, I Lombardi alla prima crociata (Die Lombarden auf dem Ersten Kreuzzug). Hier glaubten die Besucher angeblich, sie seien die Kreuzfahrer und die Österreicher ihre sarazenischen Feinde. Danach komponierte Verdi mit Ernani die schönste seiner frühen Opern, gefolgt von drei weiteren (I due Foscari, Giovanna d’Arco und Alzira) , die er in kürzester Zeit niederschrieb. Als Nächstes kam mit Attila die dritte Risorgimento-Oper auf die Bühne, bei der sich das Publikum angeblich mit dem römischen Volk identifizierte und sogar ermunternde Rufe laut werden ließ, als der römische General dem Hunnenkönig erklärt: »Du magst das Universum haben, doch überlass Italien mir.« Anfang 1847 lieferte Verdi mit Macbeth erneut eine Glanzleistung, erlebte eine erfolgreiche Inszenierung von I Masnadieri (Die Räuber) in Covent Garden in Anwesenheit von Königin Victoria und lieferte dann mit Il Corsaro (Der Korsar) eines seiner schwächsten Werke.
In der Folge wurde Verdi als maestro della rivoluzione italiana gefeiert, als großer Patriot, dessen Musik die Menschen animierte, 1848 und 1849 auf die Barrikaden zu gehen oder sich Garibaldi anzuschließen. Allerdings war die einzige Oper, die er im Revolutionsjahr schrieb, ein unpolitisches Piratendrama, das seine Uraufführung in Triest erlebte, einer Stadt des Habsburgerreiches. Verdi fuhr nicht nach Triest, verbrachte aber 1848 ohnehin nicht viel Zeit in Italien. Seit August des Vorjahres lebte er in Paris und bearbeitete (nicht sehr erfolgreich) I Lombardi unter dem Titel Jérusalem für die Opéra. Obwohl das Werk im November Premiere hatte, blieb er auch nach den Aufständen in Sizilien und anderswo in Paris. Offenbar wurde er lieber Zeuge einer Revolution in Frankreich als in seinem Heimatland. Erst nach den »Fünf Tagen« von Mailand und der Vertreibung Radetzkys reiste er in die lombardische Hauptstadt.
Selbstverständlich war derKomponist ein Patriot, der mit starken Emotionen für ein unabhängiges Italien eintrat. In bewegenden Momenten ließ er sich rühren. Von Mailand aus schrieb er an Francesco Piave, den Librettisten von Ernani und Macbeth, er bedaure, dass er nicht am Kampf teilgenommen habe. »Ehre sei den Tapferen! Ehre sei ganz Italien, das in diesem Augenblick wahrhaft groß ist! Die Stunde der Befreiung« habe geschlagen, gab
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