Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)
im Königreich beider Sizilien brach: mit der Ausrufung des Kriegsrechts, dem Niederbrennen von Dörfern, Erschießungen von Bauern, bei denen man Waffen fand, der erbarmungslosen Beschießung von Ancona, Capua und Gaeta. In Staaten, denen Piemont nicht einmal den Krieg erklärt hatte, gerierte er sich, als wollte er an einem Barbarenvolk Rache üben, und nicht, als hoffte er, sie von den Vorzügen der italienischen Einigung zu überzeugen. Für seine Rolle, die er bei der Vertreibung der Bourbonen 1861 spielte, belohnte man ihn mit der Herzogswürde, und damit stand er als Kommandeur quasi auf einer Stufe mit Marlborough oder Masséna, dem Herzog von Rivoli. Bald darauf kehrte er als Generalleutnant des Königs nach Neapel zurück, um in dem Bürgerkrieg zu kämpfen, den er selbst mit heraufbeschworen hatte.
Im Sommer 1866 war die italienische Armee wie folgt aufgeteilt: La Marmora stand mit einem Großteil der Truppen in der Lombardei, Cialdini befehligte ein großes Heer bei Bologna, und Garibaldi führte seine Freiwilligen in den Ausläufern der Alpen. Diese Aufteilung, eine Folge der Eifersüchteleien und des Misstrauens zwischen den führenden Generälen, machte die Zusammenarbeit schwierig. La Marmora traf sich mit Cialdini, um den Feldzug zu besprechen, aber es gelang nicht, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Ohne sich abzustimmen, rückte La Marmora mit seinen Truppen gegen die vier Festungen (das Festungsviereck der Österreicher mit Mantua, Peschiera, Verona und Legnano) vor. Ohne einen Aufklärungstrupp zu entsenden, ging er davon aus, dass sich die Österreicher östlich der Etsch befanden, und überschritt den Fluss Mincio. Deshalb war er erstaunt, am Ostufer auf österreichische Truppen zu stoßen, die seine Vorhut bei Custoza angriffen und zurückschlugen. Giuseppe Govone, der tüchtigste piemontesische Befehlshaber, unternahm mit seiner Division einen Gegenangriff und gewann einiges an Boden zurück, musste aber mangels Verstärkung aufgeben. Verzweifelt forderte er von Enrico Della Rocca, dem General in der Nachhut, ihm frische Truppen an die Front zu schicken, aber dieser verweigerte jede Unterstützung. Mehr Höfling als Soldat, klebte Della Rocca an Befehlen La Marmoras, statt der militärischen Grundregelzu folgen, dem Geschützfeuer nachzumarschieren.
Im Lauf des Tages geriet La Marmora selbst zunehmend in Panik. Seine Armee war über eine erhebliche Entfernung auseinandergezogen, und er galoppierte von einer Einheit zur anderen, so dass seine Untergebenen selten wussten, wo er gerade war. Aus irgendeinem Grund verzichtete er, für ihn selbst unerklärlich, 20 Kilometer vom Schlachtfeld entfernt, auf den Angriff. Der König befahl Cialdini, La Marmora zu Hilfe zu kommen, aber der General weigerte sich. Sein Standort war ohnehin zu weit entfernt, um das Schlachtfeld noch rechtzeitig erreichen und das Ergebnis beeinflussen zu können.
Beide Generäle verwechselten eine militärische Schlappe mit einer Niederlage und entschieden sich für den Rückzug. Cialdini hätte aber seine Leute zum Po führen und dort die Flanke der Österreicher bedrohen können. Und La Marmora hätte sich am Mincio neu formieren und mit den Abteilungen, die in dieser Schlacht noch keinen einzigen Schuss abgefeuert hatten, einen Gegenangriff unternehmen können. Bei Custoza hatte er bisher nicht einmal 1000 Mann verloren, und seine Armee war immer noch weit größer als die des Feindes. Sein unnötiger Rückzug – die Österreicher verfolgten ihn nicht einmal – fügte der Demütigung nach der militärischen Niederlage noch die Beschämung hinzu und demoralisierte eine Nation, die glaubte, den Sieg schon in der Tasche zu haben. La Marmora, Della Rocca und vielleicht auch Cialdini hätten sich für ihr Verhalten eigentlich vor einem Kriegsgericht verantworten müssen. Doch keiner der Drei wurde angeklagt. Statt als unfähiger General verurteilt zu werden, wurde La Marmora nach seinem Tod mit dem großartigen Denkmal auf der Piazza Bodoni in Turin belohnt.
Nicht alle Militärdenkmäler in Turin wurden zu Ehren von Königen oder Befehlshabern errichtet. Manche erinnern an Armeeeinheiten, vor allem an die Bersaglieri (die immer im Laufschritt dargestellt werden), aber auch an die Kavallerie, an die Carabinieri und die Alpini, die Gebirgsjäger. Nur ein Monument, das den Teilnehmern der Krimexpedition gewidmet ist, zeigt einen Marinesoldaten.
Piemont hatte keine Seefahrertradition. Bevor ihm auf dem Wiener Kongress
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