Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)
1867, kehrte er verzweifelt nach Caprera zurück und blieb dort drei Jahre. Seine Soldatenlaufbahn endete 1871 nach dem Feldzug auf Seiten der Französischen Republik gegen Preußen, obwohl er noch einige Jahre davon träumte, das Trentino und Südtirol von den Österreichern zu »befreien«.
Garibaldi starb 1882, zehn Jahre nach Mazzini. Am Ende ihres Lebens waren beide enttäuscht von Italien, dem sie ihr Leben gewidmet hatten. Der revolutionäre Verschwörer Mazzini hatte »gehofft, Italiens Seele zu erwecken«, und musste zugeben, dass er gescheitert war. Der Staat, der 1861 entstand, war »nur ein Trugbild, eine Parodie Italiens«. Die Ernüchterung des Soldaten Garibaldi war nicht weniger groß. Kurz vor seinem Tod schrieb er bitter: »Zeit meines Lebens träumte ich von einem ganz anderen Italien, nicht von dem verarmten und gedemütigten Land, das heute vom Abschaum der Nation regiert wird.« *188
Garibaldi, der Mann mit den vielen Talenten, war ebenso ehrbar wie bescheiden und legte keinen Wert auf Geld. Im Kampf war er tapfer und mitreißend, in seinen öffentlichen Äußerungen beredt und charmant, wenn er im Parlament nicht gerade eine wirre Attacke gegen Cavour ritt. In vielen seiner Ansichten war er seiner Zeit erstaunlich weit voraus. Er befürwortete die Emanzipation der Frau, die Gleichstellung der Rassen und die Abschaffung der Todesstrafe. Wie Mazzini war auch er Patriot, verstieg sich aber nicht in einen auftrumpfenden, chauvinistischen Nationalismus. Beide träumten von einer Union der europäischen Staaten. Ungewöhnlich auch, dass Garibaldi Vegetarier war und dass er die Feuerbestattung befürwortete, die in Italien gesetzlich verboten war.
Er betrachtete sichals Antimilitarist und meinte, er sei »zum Landwirt oder zum Seemann geboren« gewesen; nur Gewaltherrscher und Priester hätten ihn zum Soldaten gemacht. *189 Die Erklärung ist ein bisschen unredlich. Garibaldi mag ein humaner Kämpfer gewesen sein, der Sorge trug, zivile Opfer zu vermeiden, aber er war kein verhinderter Pazifist. Er war stets zur Stelle, wenn es galt, Menschen zu befreien oder Unterdrücker niederzuwerfen. Er war ein charismatischer Anführer, der Schlachten liebte und es verstand, sie zu schlagen. Bei Weitem der beste Soldat, den das moderne Italien hervorbrachte, entschied er die Gefechte durch seine Entschlossenheit und seinen Mut, sein Improvisationstalent und sein kämpferisches Geschick für sich. Doch seine taktischen Mittel waren begrenzt, und dass er auch gegen zahlenmäßig überlegene Gegner antrat, brachte nicht immer den Sieg. Vielleicht hat sein Biograph Jasper Ridley sein militärisches Talent am anschaulichsten verdeutlicht: Von den 53 Schlachten, die Garibaldi in Südamerika und Italien ausfocht, gewann er 34, verlor 15 und beendete vier unentschieden. *190
Viele schätzten Garibaldi als politisch unbedarft ein, und manchmal war er das auch. Dennoch war er realistischer als Mazzini und häufig hellsichtiger als Cavour. In Sizilien und Neapel regierte er 1860 besonnen und klug, während er gleichzeitig gegen die Bourbonen kämpfte und sich mit den Provokationen der piemontesischen Regierung auseinandersetzte. Seine militärischen Leistungen, seine Tapferkeit, seine Vorbildlichkeit und seine Fähigkeit, vaterländische Begeisterung zu wecken – all das spielte für den Erfolg der Einigung Italiens eine entscheidende Rolle. Ohne Garibaldi gäbe es das Königreich beider Sizilien womöglich noch heute. Garibaldi war ein Mann des Volkes, der seine Gefährten mitreißen konnte, für eine Sache zu kämpfen, die ihnen sonst vielleicht gleichgültig gewesen wäre. Er war der Held, nach dem die italienischen Patrioten lange gesucht hatten. Er wurde zur unanfechtbaren Legende, auf die auch Mussolini Anspruch erhob, als er sich und seine Schwarzhemden in die Tradition Garibaldis und seiner Rothemden stellte. Sein spektakulärer Triumph, die Eroberung des Südens, begründete das moderne Italien. Ob sie segensreich war, sei es für den Norden oder für den Süden, werden wir später sehen.
EINIGE GENERÄLE UND EIN ADMIRAL
Im Jahr 1850 erklärte Massimo D’Azeglio im Parlament, Piemont sei »eine historische Heimstatt der Ehre, ein historisches Land der Krieger«. *197 Obwohl er selbst wenig von einem Krieger hatte, wollte der Ministerpräsident hier verständlicherweise das militärische Ethos seines Landes betonen. Turin war keine alte Reichshauptstadt wie Rom, keine Hauptstadt der Künste wie Florenz und
Weitere Kostenlose Bücher