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Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von der Antike bis zur Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilmour
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sich.
    Schließlich drohte die Regierung Persano mit der Entlassung und zwang ihn somit, die Insel Lissa vor der dalmatinischen Küste anzugreifen. Daraufhin beschoss die italienische Flotte die österreichischen Stellungen auf der Insel, um die Landung ihrer Truppen vorzubereiten, als Tegetthoff erneut auftauchte und die Abrechnung unausweichlich wurde. Während Persano seine Linien organisierte, traf das lang erwartete Panzerschiff Affondatore ein, was ihn veranlasste, sein Flaggschiff, die Re d’Italia, zu verlassen und die Schlacht von einem mit Panzerplatten armierten Geschützturm des neuen Schiffs aus zu leiten. Aber die meisten seiner Kapitäne hatten seinen Standortwechsel nicht mitbekommen und warteten weiterhin auf Signale von der Re d’Italia , bis es von Tegetthoffs Flaggschiff gerammt wurde und sank. Der gleichzeitige Verlust eines anderen Schiffs, das Treffer erhielt und explodierte, überzeugte Persano, dass die Schlacht verloren sei, obwohl er gegenüber den Österreichern immer noch in der Überzahl war und ohne Weiteres das Gefecht hätte weiterführen können. Wie die Generäle bei Custoza betrachtete er eine Schlappe als die entscheidende Katastrophe. Er befahl, wie La Marmora, den Rückzug und dirigierte seine Schiffe zurück nach Ancona, wo sich eine Menschenmenge versammelt hatte, um gekaperte österreichische Schiffe zu bejubeln. *199
    Lissa bedeutete das Ende von Persanos Karriere. Man warf ihm Feigheit vor, abgesetzt wurde erjedoch wegen geringerer Vergehen wie Fahrlässigkeit und Unfähigkeit. Die Niederlage hatte vor allem für die Zukunft der italienischen Marine weitreichende Konsequenzen. Man versuchte fortan, Schlachten auf offener See zu vermeiden. Eine Folge davon war die Katastrophe vom November 1940, als die Briten die halbe Flotte ausschalteten, die im Hafen von Tarent lag. Eine besonders tückische Konsequenz des Kriegsgeschehens von 1866 war der psychologische Schaden für die italienische Nation. Lissa und Custoza wurden zum Synonym der Schmach und Schande, die man unbedingt tilgen wollte. Die Italiener rückten keineswegs von ihren Großmachtsbestrebungen ab, im Gegenteil. Österreich schien ein geeignetes Objekt, um die gekränkte Ehre wiederherzustellen. Deshalb schlug Vittorio Emanuele 1878 Bismarck vor, gemeinsam Habsburg anzugreifen, was beiden den Sieg und territorialen Zugewinn einbringen würde. Als der Kanzler erwiderte, das Deutsche Reich sei schon groß genug, wurde Italien Bündnispartner Österreichs und konzentrierte sich auf koloniale Abenteuer in Afrika. Dennoch, die Niederlagen von 1866 taten weh und wirkten noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Die Vorstellung, die Scharte müsse ausgewetzt werden, war ein wesentliches Motiv für die Teilnahme an den beiden Weltkriegen 1915 und 1940.

MIT SIZILIEN GEHT ES BERGAB
    Während die Gewalt auf dem Festland abflaute, flammte sie in Sizilien auf. 1866 folgte eine große Revolte auf eine kleinere drei Jahre zuvor. Den Umstand nutzend, dass im Sommer 1866 die Garnison von der Insel abgezogen und zum Kampf gegen Österreich in den Norden geschickt wurde, wagten sich bewaffnete Banden aus den Bergen und besetzten weite Teile Palermos. Die Banden waren ähnlich zusammengesetzt wie die neapolitanischen »Briganten«, unter ihnen fanden sich Kriminelle, Bauern, Deserteure und andere ehemalige Soldaten. Wie gewohnt beschäftigte sich die Regierung nicht mit den möglichen Ursachen des Aufstands. Daher sah man ihn nicht als Sozialrevolte, ausgelöst durch die Politik Turins, vielmehr gaben die Minister der Mafia die Schuld und entsandten die Armee. Das Wort Mafia war in den 1860er Jahren noch nicht allgemein in Gebrauch, und überdies verstand nicht jeder dasselbe darunter. Die einen bezeichneten die Gutsverwalter der in der Stadt lebenden Großgrundbesitzer als mafiosi, die anderen Bandenmitglieder, die in den Zitronenhainen Palermos Schutzgelder erpressten, oder Neureiche, die nach 1860 Gemeindeland einzäunten und mit Gewalt verteidigten. Manche sahen in der Mafia etwas, das sich von anderen kriminellen Organisationen unterschied, eine Geheimgesellschaft mit eigenen Ritualen und geheimen Regeln. Die Diskussion über die Mafia und deren Bekämpfung wurde ein Jahrhundert lang behindert, weil viele Sizilianer leugneten, dass die »ehrenwerte Gesellschaft« überhaupt existiert. Wieder einmal reagierte der Staat mit Gewalt und schickte seine Generäle, die glaubten, die Insulaner seien Barbaren, die keine andere Sprache

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