Auf der Suche nach Tony McKay
überzeugt, dass es da auch ganz akzeptable Charaktere unter denen gibt.
Der Mensch mit dem dünnen Schnurrbart, dem wir hier jetzt gegenüber stehen, gehört aber definitiv zu den schmierigeren Vertretern seiner Branche. Er hat Heiko gleich als das schwächste und beeinflussbarste Glied in der Kette ausgemacht und adressiert alles, was er sagt, an ihn. Wenn Heiko uns nicht dabei hätte, dann würde der mit einer feuerroten Corvette, völlig überteuert für $15.000 vom Hof fahren.
‘Hör mal,’ sagt Rosa zu Heiko, ‘wir brauchen ein Auto, das total unauffällig ist, in dem Teil fallen wir ja auf, wie ein Hippie im Managementteam der Deutschen Bank.’
Der Autoverkäufer guckt Rosa aus zusammengekniffenen Augen an, wendet sich wieder Heiko zu und preist den sparsamen Benzinverbrauch der Corvette.
Rosa und ich gehen ein bisschen umher, um uns die anderen Autos anzugucken. In einer Ecke steht ein unauffälliger, weißer Buick für $1.500. Das ist ein Auto nach dem sich niemand umdrehen und das niemandem auffallen würde.
Der Gebrauchtwagenhändler hat Heiko mittlerweile einen Arm um die Schultern gelegt und redet eindringlich auf ihn ein. Höchste Zeit einzuschreiten.
‘Oi,’ ruft Rosa ihm zu, ‘we want to test-drive this one here.’
Der Mensch guckt säuerlich in unsere Richtung und macht sich widerwillig auf den Weg zu uns.
‘You wouldn’t want that one,’ sagt er bestimmt und zeigt auf ein anderes Gefährt, das dreimal so teuer ist, ‘try this one, much better value, less mileage, too.’
Aber Rosa ist nicht an dem anderen interessiert, auch wenn es weniger Meilen auf dem Tacho hat.
‘Can you get the keys or not?’ fragt sie mit zusammengezogenen Brauen.
Der Typ schnauft einmal, dreht sich dann um und geht zu seinem kleinen Container zurück, in dem sich das Büro befindet, um die Schlüssel zu holen.
Als Rosa zurück auf den Hof fährt, den Autoverkäufer leicht grünlich um die Nase auf dem Beifahrersitz, sitzen Heiko und ich im Schatten vor dem Büro-Container. Die beiden steigen aus.
‘Allright,’ sagt Rosa zu dem Typen, ‘let’s talk business: $800 cash.’
Der fängt ein Palaver an über Frau und Kinder und wie soll er die denn ernähren, wenn er seine Blechschüsseln unter Wert verkauft. Er macht ein Gegenangebot über $1300. Rosa zeigt sich unbeeindruckt, wiederholt unser Angebot von $800 cash auf die Kralle. Das Gejammer des Typen geht weiter, aber die Erfahrungen der letzten Wochen haben uns ein paar nützliche Dinge gelehrt.
‘Komm Rosa,’ sage ich und ziehe sie am Ärmel, ‘let’s go, there are plenty other car dealers down the road.’
Wir drehen uns um und gehen zur Strasse.
‘Aber was ist mit der Corvette?’ fragt Heiko.
Rosa wirft ihm einen Blick zu, der bedeutet, ‘Halt den Mund und komm mit!’
Heiko guckt verwirrt, sagt dann aber, ‘Ok, sorry, bye,’ zu dem Autoverkäufer und trottet uns hinterher.
Noch bevor wir an der Straße sind, kommt der Händler hinter uns her gerannt und ruft uns ein neues Angebot zu, ‘$1000, my absolutely last offer.’
Rosa bleibt stehen, dreht sich um, fixiert ihn, sagt ‘$850, take it or leave it.’
Der Typ macht den Mund auf und wieder zu, schluckt und schlägt ein.
‘Ihr habt also ein Auto gekauft,’ stellt Britta fest und guckt auf unsere Errungenschaft auf dem Innenhof des Motels. ‘Sehr schön,’ sagt sie ironisch.
‘Aber das ist ja genau der Punkt,’ macht Rosa sich die Mühe zu erklären, ‘das sieht so durchschnittlich aus, damit könnten wir den Secret Service beschatten und die würden nichts merken.’
Wenn man wie wir aus H. kommt, dann fällt man in eine von zwei Gruppen von Mentalität. Entweder denkt man, dass die Welt außerhalb H.s so kompliziert und undurchschaubar ist und in ihr ungeahnte Gefahren lauern, dass man sich lieber nicht aus der relativen Sicherheit und Geborgenheit des Gewohnten entfernen sollte. Die Menschen in dieser Gruppe bleiben zu Hause und fahren höchstens mal nach Hamburg, aber dies meist auch nur einmal in ihrem Leben, denn selbst Hamburg hat oft eine traumatische Wirkung auf die guten Bürger von H.
Die andere Gruppe tendiert dazu, sich alles einfacher vorzustellen als es tatsächlich ist. Diese Leute machen sich auf in die große weite Welt, und damit meine ich nicht nur Hamburg, ja Leute in dieser Kategorie schaffen es manchmal auch bis Hannover oder sogar Dortmund, sprich Süddeutschland. Sie erkennen in der Regel Gefahren und Probleme erst, wenn diese
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