Auf der Suche nach Tony McKay
eine gute Idee?
Der letzte Bericht, bevor es zu den Regionalnachrichten übergeht, lässt uns alle hellhörig werden. Er kommt aus China. Der deutsche Botschafter in Peking wird über die Wahrscheinlichkeit befragt, ob die sozialen Unruhen im Norden des Landes auf den Rest Deutschlands überspringen können. Begleitet wird das Interview mit dramatischen Bildern von Hilde, die aus einem Fenster im zweiten Stock unserer Post lehnt, eine rote Fahne schwenkt und Unverständliches grölt. Der Herr Hubert sitzt auf dem Dachfirst und bewirft die Fernsehteams mit nicht abgeholten Paketen. Der Botschafter schwitzt, sein Krawattenknoten ist gelockert und er gestikuliert nervös mit den Händen. Der arme Mensch bemüht sich verzweifelt das Ganze als einen einmaligen, kurzfristigen Vorfall darzustellen dem ‘die Sicherheitsorgane in unserem Land in Kürze ein Ende bereiten werden’.
Mein Gott, schicken die den Bundesgrenzschutz nach H.? Hoffentlich erst nachdem wir Paulchen für 25.000 Euro ausgelöst haben.
Im Anschluss äußert sich noch Mr Peng, Wirtschaftswissenschaftler, zu dem Thema. Da China Trillionen in die deutsche Wirtschaft investiert hat, so seine Meinung, sind die dort jetzt entsprechend beunruhigt. Die deutschen Sicherheitsorgane stellt er als ineffektiv und zu schwach dar, denn wenn so was in einer abgelegenen chinesischen Provinz passiert wäre, da hätten die den Revoluzzern aber sofort den Garaus gemacht.
Betretene Stille.
Es folgen die Regionalnachrichten. Der erste Bericht dreht sich natürlich um die immer noch andauernde Besetzung unserer Post. Ein paar ähnlich gesinnte Altersgenossen von Hilde und Dieter haben von dem Gebäude neben der Post ein Seil zu einem der oberen Stockwerke gespannt und versorgen die Besetzer über diese Luftbrücke mit allem Lebensnotwendigen. Die örtliche Reporterin berichtet gewissenhaft über diese neue Entwicklung und Herr Ingenieur Düssen von Blohm und Voss in Hamburg teilt seine fachmännische Meinung zur Zuverlässigkeit der Konstruktion mit uns. Dann Schnitt, die Reporterin leitet weiter zu einer Kollegin nach Chemnitz mit einer ganz aktuellen Nachricht, gerade hereingekommen - ein paar Rentner dort haben ebenfalls eine der örtlichen Postfilialen besetzt, und ein Banner mit den Worten „Karl-Marx-Stadt kämpft mit!“ aus dem Fenster gehängt.
Rosa schaltet um.
Um 21:45 Uhr brechen wir auf. Britta hat die beiden Umschläge mit dem Geld und Heiko hat Paulchens Katzentransportkorb, seine Schnüffeldecke und homöopathische Rescue-Tropfen (nicht klar für wen). Wir nehmen Heikos Auto, Rosa fährt.
Als wir zum Marktplatz kommen, stehen dort nur ganz vereinzelt Autos, alle irgendwo am Rand geparkt. Die guten Bürger von H. liegen Sonntagabends um 22:00 Uhr im Bett in Vorbereitung für einen neuen Arbeitstag, die treiben sich nicht auf dem Marktplatz herum. Rosa parkt ziemlich zentral und wendet dann, so dass die Front des Autos in Richtung Ausfahrt zeigt. Wir sitzen und warten.
‘Was ist, wenn die nicht kommen?’
‘Ich bin sicher die kommen,’ sagt Rosa, ‘die wollen ihr Geld wiederhaben.’
Heiko ist nicht überzeugt, dass es jemanden gibt, der 25.000 Euro einem fauchenden Perserkater vorziehen könnte. ‘Was, wenn die Paulchen schon verkauft haben, an irgendeinen gewissenlosen Züchter und der hält ihn jetzt in einem dunklen, kalten Zwinger im Garten?’ Seine Stimme überschlägt sich wieder.
Rosa reicht Heiko eine Papiertüte zum hinein atmen. Es dauert eine Weile bis sich seine Atemfrequenz wieder normalisiert hat.
‘Wirst sehen, die werden schon kommen,’ versuche ich Heiko zu beruhigen. Und wirklich, ein großer schwarzer Mercedes kommt in diesem Augenblick von Osten auf den Marktplatz gebogen. Rosa leuchtet zweimal auf und die Limousine nähert sich langsam. Sie hält neben uns und ein Fenster summt nach unten. Am Steuer sitzt der Schläger mit der Pistole aus dem Strip-Club.
‘Wo ist Geld?’ will er wissen.
‘Erst wollen wir die Katze sehen,’ sagt Rosa mutig. Nach der Exkursion nach Westerdeichstrich, hat sie eine gewisse Expertise im Umgang mit kriminellen Elementen erlangt. Der Fahrer zischt Unverständliches über seine Schulter nach hinten, woraufhin die Tür hinter dem Fahrer von innen geöffnet wird und wir Fauchen und Schmerzensschreie, untermalt von gutturalem Gefluche hören. Ein Mann mit schweren Straßenarbeiterhandschuhen und Taucherbrille über den Augen steigt aus. Das bisschen Haut, das nicht bedeckt ist, ist
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