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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe
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für uns aber immer noch eine Menge Geld war, das wir uns vom Mund abgespart hatten.
    Wir drei machten uns also in Rosas altem Auto auf nach Italien. Die Fahrt dahin verlief noch einigermaßen harmonisch, und einmal angekommen waren Unterkunft, Verpflegung und die Umgebung dort auch ganz schön. Das Problem war nur die Schreibwerkstatt selber und die Tutoren, allesamt gestandene Schmalzautorinnen. Rosa beschloss schon am ersten Tag, dass das alles kompletter Blödsinn ist und sabotierte die Schreibübungen, die man uns dort stellte. Eine romantische Szene zwischen dem Held und der Heldin einer fiktiven Geschichte uferte bei Rosa zu einer Sex-Farce aus, in der am Ende beide in der Notaufnahme landeten, wenn ich mich recht erinnere. Die Tutorin nahm Rosa anfangs noch ernst und versuchte ihr zu erklären, warum das so jetzt aber nicht geht und Rosa-Rot derlei nicht veröffentlichen kann. An Tag drei der siebentägigen Veranstaltung wurde Rosa dann gebeten zu gehen. Die sah das eher als Auszeichnung an, und fuhr rüber nach Kroatien, wo sie sich eine Woche an den Strand legte. Britta und ich nahmen den Zug nach Hause.
     
    Heiko wacht auf. Er guckt verschlafen zu uns hinüber. Ich reiche ihm einen Kaffee, den ich der Stewardess abgenommen habe, während er schlief.
    ‘Wie geht’s Britta?’ fragt er.
    ‘Einigermaßen ok,’ sage ich. Sie hat ihren Kopf wieder gegen das Fenster gelehnt und starrt auf das Photo von Staszek mit seinem Labrador.
    ‘Und du?’ frage ich ihn. Er zuckt mit den Schultern. Der arme Heiko sitzt etwas eingeengt am Rande der mittleren vier Sitze. Neben ihm sitzt ein schwer übergewichtiger Mann, neben dem seine ebenso gebaute Frau und neben der die noch dickere Schwiegermutter. Die drei diskutieren die viel zu kleinen Portionen, die American Airlines serviert.
    ‘Next time,’ sagt die Frau zu ihrer Schwiegermutter, ‘we fly United, at least they don’t starve you.’
    Verhungert sehen die drei nicht gerade aus. Und wenn sie für den ja kaum siebenstündigen Flug kleinere Portionen als gewohnt essen, dürften sie immer noch nicht verhungern. Ja, selbst wenn sie in den sieben Stunden überhaupt nichts essen, würde das wohl nicht wirklich Schaden anrichten, im Gegenteil, Fasten soll ja ganz gesund sein – wobei ich mir nicht sicher bin, ob ein siebenstündiges Essensaufnahmemoratorium schon als Fasten gilt. Fasten, also der Verzicht auf feste Nahrung bei ausreichender Versorgung des Körpers mit Flüssigkeiten, dauert ja in der Regel irgendwo zwischen einem und sieben Tagen.   Um das also mal auf den Punkt zu bringen: nicht nur verhungert diese Familie nicht, wenn sie sieben Stunden nicht isst, ja sie fastet noch nicht einmal. Und selbst bei reduzierter Nahrungsaufnahme, haben sie über den Tag verteilt wohl immer noch mehr Kalorien zu sich genommen, als 99.8% der Weltbevölkerung.
    Die drei sehen das aber offenbar anders und die Nörgelei geht weiter. Der Mann guckt gierig in Heikos Richtung. Ich hoffe, dass der Blick Heikos unangetastetem Lunch gilt, das vor ihm auf dem kleinen Klapptischchen liegt, und nicht Heiko selber.
    Heiko bemerkt den Blick und versucht etwas von dem Mann abzurücken, was in der Enge des Flugzeuges aber schwierig ist.
    ‘Would you like my lunch?’ fragt Heiko schließlich und hält dem Mann das Tablett hin.
    ‘Gee, thanks, that’s awfully nice of you,’ sagt der und schnappt es Heiko gierig aus den Händen.
    ‘What about Mum and me, Dick?’ sagt nun seine Frau.
    Da ich normalerweise nicht esse, wenn ich unterwegs bin, habe ich mein Lunch auch noch vollständig vor mir stehen.
    ‘Here,’ sage ich, ‘have mine,’ und reiche auch mein Tablett hinüber.
    ‘God bless you, sweetheart,’ sagt die Frau freundlich und stellt es vor sich hin. Sie gibt den Apfel an ihre Schwiegermutter weiter und macht sich selber über den fettigeren Teil des Essens her.
    ‘When we’ve landed, then let’s stop at McDonalds before we go home,’ sagt der Mann nun mit vollem Mund.
    ‘Nah, I’d rather stop at that All-you-can-eat place down Jefferson Avenue, Dick,’ antwortet seine Frau.
    ‘And once we get home, you’ll defrost us some steaks,’ schmatzt der Mann.
    Na wie gut, dass die akute Hungersnot gerade noch abgewendet worden und die Kalorienzufuhr für die nächsten zehn Stunden geklärt ist. Mit dem, was die drei über 24 Stunden zu sich nehmen, könnte man wahrscheinlich ein Dorf in Afrika für eine Woche versorgen. Und noch was zurücklegen. Ich schätze Junkies

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