Auf die feine Art
schönster Traum, eines Tages ›P. Mäenpää und Sohn‹ auf seinen Wagenpark schreiben zu können. Als ich fünf war und Armi ein Jahr alt, hat Vater Mumps und als Folgekrankheit eine Hodenentzündung bekommen. Da musste er den Traum begraben, einen Sohn zu zeugen. Er hat dann auch bald seine Firma verkauft und ist Taxifahrer geworden.
Dann haben sie angefangen, von Enkelkindern zu reden. Fünf Jahre lang haben Teemu und ich es versucht. Dann hatte ich eine Fehlgeburt, und seitdem ist meine Gebärmutter so vernarbt, dass sich mit neunzigprozentiger Sicherheit keine Eizelle in ihr einnisten kann. Aber sie hatten ja immer noch Armi. Jetzt haben sie nicht mal mehr die.«
Mallu sprach monoton und ausdruckslos, trotzdem kam es mir vor, als ob sie schrie. Meine Hände auf dem Lenkrad zitterten, als ich sagte:
»Wir sind auch nur drei Mädchen, ich bin die Älteste. Jetzt ist meine mittlere Schwester schwanger, und die gesamte Verwandtschaft erwartet einen Jungen.«
»Ich weiß nicht mal, ob ich überhaupt Kinder gewollt hätte«, fuhr Mallu fort, als hätte sie mich gar nicht gehört. »Ich war das ewige Probieren und die Tests so satt. Teemu hat schlechtes Sperma, ich eine Endometriose, die dann operiert wurde. Außer dem Versuch, Kinder zu kriegen, hatten wir nichts mehr gemeinsam.«
»Ihr wollt euch also scheiden lassen?«
»Das ist das Beste. Soll er doch sein schwaches Sperma an einer anderen Frau erproben«, sagte Mallu verbittert und fing dann an, mir Fahranweisungen zu geben. Als ich vor den billig zusammengeschusterten Etagenhäusern anhielt, sagte sie zu meiner Überraschung:
»Jetzt hab ich bloß von mir geredet. Wenn du noch Zeit hast, mit reinzukommen, kann ich dir auch was über Armi erzählen. Ich hab’s nicht eilig, nach Lippajärvi zurückzufahren, da werd ich nämlich noch verrückt.« Sie war mit einem Bein noch im Auto, als sie sich auch schon ihre Zigarette anzündete.
Natürlich hatte ich Zeit, es war erst kurz nach fünf. Mallu führte mich in eine dunkle Wohnung im Erdgeschoss, deren Einrichtung irgendwie halbiert wirkte. An dem großen Küchentisch standen nur zwei Stühle, bei der Sitzgruppe fehlten der Tisch und einer der beiden Sessel. Die Stereoanlage hatte immerhin zwei Lautsprecher. Mallu folgte meinem Blick und meinte trocken:
»Teemu hat das Auto und den Videorecorder gekriegt, ich die Haushaltsgeräte. Ach herrjemine, die Wäsche!«
Die Zigarette im Mundwinkel, räumte sie die Waschmaschine leer, der der gleiche Geruch entströmte wie dem Erdkeller meines Onkels. Mallu schnüffelte an ihrer Wäsche und erklärte, die müsse gleich nochmal gewaschen werden. Sie stellte die Maschine an und sagte, sie würde schnell ihre Eltern anrufen und Bescheid geben, dass sie etwas länger wegblieb.
Zu guter Letzt saßen wir auf den beiden Küchenstühlen und tranken Kaffee.
»Also, zu Armi. Du hast ja gehört, was Mutter gesagt hat. Armi hat nie jemandem Ärger gemacht. Und irgendwie stimmt das auch. Sie war meine brave kleine Schwester, weißt du, so eine mit hübschen Schleifchen im Haar. Als sie klein war, hat sie für die Nachbarn die Hunde ausgeführt, später dann die Kinder gehütet. Wahrscheinlich ist sie deshalb auch auf die Schwesternschule gegangen, weil sie eben diesen Drang hatte, andere zu umsorgen. Aber sie hat schon als Kind immer erstaunlich viel über das Leben anderer Leute gewusst. ›Mutti, warum stehen bei den Kervinens so viele leere Schnapsflaschen rum?‹ Solche Sachen hat sie gefragt, wenn sie vom Babysitten zurückkam.«
»Fürsorglichkeit ist eine Form, Macht auszuüben«, erklärte ich, ohne genau zu wissen, was ich damit eigentlich sagen wollte.
»Genau. Ich bin mir immer schon sicher gewesen, dass Armi sich meinetwegen auf Frauenkrankheiten spezialisiert hat, nicht bloß, weil sie anderen helfen wollte. Vielleicht war das tatsächlich eine Art Machtstreben …«
»Was ist deine Mutter von Beruf?«
»Kassiererin bei Elanto, inzwischen aber Frührentnerin, weil es ihr gesundheitlich nicht so gut geht. Unsere Familie ist natürlich nicht fein genug für Kimmos Mutter, die alte Hexe. Wenn Kimmo nicht verhaftet worden wäre, dann würd ich glatt behaupten, Mama Hänninen hat Armi erwürgt, damit die sich nur ja nicht in ihre feine Sippe einschleicht. Ich könnte schwören, dass irgendeiner von denen auch bei Sannas Tod die Finger im Spiel gehabt hat. Sanna war nämlich ein Schandfleck für die Familie.«
Mallu spürte offenbar, wie entsetzt ich sie
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