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Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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hatte. Der Obduktion zufolge hatte sie unter dem Einfluss von Alkohol und Beruhigungsmitteln gestanden, weshalb die Polizei ihren Tod als Unglücksfall behandelte.
    »Es war also nichts faul an der Sache?«
    »Annamari wollte Make wegen unterlassener Hilfeleistung anzeigen, aber Eki Henttonen und Henrik haben sie davon abbringen können. Das hätte doch keinem was genützt. Make hat Sanna nicht ins Wasser geschubst, die ist selber gegangen. Freiwillig.« Antti nahm ein Stück Brot und tunkte den letzten Rest der Spaghettisoße auf. »Irgendwie hab ich das Gefühl, dass rund um die Hänninens ständig Tragödien passieren. Erst Sanna. Dann Mallus Fehlgeburt, nach jahrelangem Hoffen auf ein Baby, schließlich die Trennung von ihrem Mann. Und jetzt Armi und Kimmo …«
    »Fehlgeburt und Trennung? Erzähl mal von Mallu.«
    »Ich weiß nicht viel von ihr. Armis Schwester. Arbeitslose Bauzeichnerin. Verheiratet mit Teemu Laaksonen, ich glaub, er ist Techniker. Nach dem, was Armi erzählt hat, hatten sie Probleme mit dem Kinderkriegen, aber letzten November hat’s endlich geklappt, und im März hatte Mallu dann die Fehlgeburt. Jetzt ist Laaksonen aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen.« Antti verzog das Gesicht. »Klingt furchtbar, aber das ist eine ganz normale Geschichte. Das Leben geht ganz einfach daneben.«
    » Harm und Leid « , sagte ich, ohne weiter darüber nachzudenken. Wir prusteten los, obwohl mir eigentlich gar nicht danach zumute war. Aber es tat gut, mit Antti zu lachen.
    Wenn ich mir in der Kanzlei den Honda holte, überlegte ich mir, würde ich es noch schaffen, die Familie Mäenpää zu besuchen. Also rief ich in Lippajärvi an, und nach einigem Sträuben war Armis Vater endlich bereit, mich zu empfangen. So ungern ich die armen Leute in ihrer Trauer behelligte, es musste sein. Schließlich kannten sie Armi am besten.

Fünf
Der Friedhof der ausrangierten Kinder
    Ich parkte den kleinen schwarzen Honda vor dem verwitterten anderthalbstöckigen Einfamilienhaus. Irgendwo lärmten spielende Kinder. An der Tür schlug mir absolute Stille entgegen. Der Mann, der mir öffnete, musste Armis Vater sein, blond und stämmig wie sie. Er sagte nicht mal guten Tag, bedeutete mir nur stumm, hereinzukommen.
    Nach den von Innenarchitekten eingerichteten Häusern, die ich in Tapiola gesehen hatte, wirkte das Wohnzimmer der Mäenpääs mit der aufdringlich gemusterten Tapete und dem abgewetzten Plüschsofa fast anheimelnd. Auf dem Bücherregal standen mehr Gläser, Pokale und Souvenirs als Bücher, und die wiederum waren hauptsächlich Auswahlbände von Reader’s Digest.
    Die Frau, die auf dem Sofa hockte, machte den Eindruck von Alltäglichkeit jedoch zunichte. Ihr Gesicht war so verweint, dass die Augen kaum noch zu sehen waren. Der abgetragene schwarze Rock und die an den Nähten glänzende Bluse sahen aus, als hätte sie darin geschlafen. Sie schien mich überhaupt nicht wahrzunehmen, sondern starrte an mir vorbei.
    »Schon wieder Polizisten?« Eine schwarz gekleidete junge Frau kam ins Wohnzimmer, sie hatte eine Schürze vorgebunden: Mallu, Armis Schwester. Wir hatten uns am Freitagabend bei Hänninens unterhalten, aber sie schien mich nicht zu erkennen.
    »Aha, diesmal eine Frau«, sagte sie zornig. »Hoffentlich sind Sie rücksichtsvoller als die Kerle, die ich bisher erlebt habe. Das ist jetzt schon der dritte Besuch von der Polizei am selben Tag. Und jedem muss man wieder von neuem erzählen, dass meine Eltern gestern den ganzen Vormittag auf einem Ausflug des Seniorenclubs waren, was mindestens zwanzig Menschen bezeugen können.«
    »Ich bin nicht von der Polizei. Wir haben uns übrigens vorgestern Abend bei Hänninens kennen gelernt.«
    Mallu sah mich verblüfft an, dann fiel der Groschen:
    »Ja klar, du bist Anttis Freundin! Du siehst so anders aus als an dem Abend. Warum bist du hier – wie heißt du noch gleich?«
    »Maria Kallio. Ich arbeite für die Anwaltskanzlei Henttonen und bin Kimmo Hänninens Rechtsbeistand.« Ich kam mir vor wie ein Grabsteinverkäufer.
    Als Kimmos Name fiel, kam Leben in die zusammengesunkene Gestalt auf dem Sofa. Tränen rollten über die Wangen, deren Farbe an erfrorene Äpfel erinnerte. Mallu legte schützend den Arm um ihre Mutter.
    »Es tut mir aufrichtig Leid«, sagte ich zu Armis Mutter gewandt.
    »Sind Sie das Fräulein Kallio, das Armi gefunden hat?«, fragte Armis Vater mit der lauten, krächzenden Stimme eines schwerhörigen Kettenrauchers.
    »Wie kannst du Kimmos

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