Auf die feine Art
zurückgekommen?«
»Am besten erzählst du der Polizei von dem Anruf. Das kann für Kimmo sehr wichtig sein.« Ich seufzte erleichtert auf. Wenigstens etwas, was Kimmo entlastete.
»Und du, Minna, wann hast du Armi zuletzt gesehen?«
Minna überlegte.
»Das ist wohl zwei Wochen her … Ich hatte vorige Woche Nachtschicht und hab nicht mal mit ihr telefoniert. Aber als wir uns das letzte Mal gesehen haben, waren wir zuerst im Kino und haben danach noch ein Glas Wein getrunken. Armi war ziemlich besorgt, ich weiß aber nicht, worüber. Sie hat mich nach Medikamenten ausgefragt, sie wollte alles Mögliche über Benzodiazepine wissen.«
»Was ist das?«
»Beruhigungsmittel, ziemlich milde. Sie hat gesagt, einer von ihren Bekannten futtert die wie Bonbons.«
Ich überlegte, ob ich die Medizinschränkchen meiner Bekannten inspizieren sollte. Allerdings machte Tablettenmissbrauch noch keinen zum Mörder. Aber Armi hatte in einer Privatpraxis gearbeitet. Vielleicht hatte sie mit Medikamenten gedealt?
»Mit mir hat sie mal über diese Sanna gesprochen«, mischte sich Sari ein. »Also über die Schwester von Kimmo, die letztes Jahr ertrunken ist. Die war ja total bescheuert, hat sogar Drogen genommen. Vor ein paar Wochen war Armi zum Kaffee bei mir und hat gesagt, sie hätte sich mit Kimmo über Sanna gestritten. Armi wollte nämlich nicht an Sannas Selbstmord glauben.«
Sari redete so laut, dass die Leute an den Nachbartischen sich zu uns umdrehten. Ich ärgerte mich. Ein wirklich intimes Gespräch, nur das halbe Café Socis hörte mit!
»Armi meinte, Sanna ist ermordet worden!«, rief Sari triumphierend. Minna sah ganz erschrocken drein.
»Wer soll sie denn umgebracht haben?«, fragte ich eine Spur zu aggressiv.
»Ihr Freund … Hat Armi jedenfalls gesagt: dass Sanna von ihrem Liebhaber umgebracht worden ist.«
»Von Make? Warum denn das? Hat sie mit Kimmo darüber gesprochen?«
»Sie hat nur gesagt, sie hätten sich gestritten, weil Kimmo an Selbstmord glaubt, aber sie meint, dass Sanna ermordet worden ist.«
Ich trank mein Teeglas in einem Zug leer. Ein Schnaps wäre mir lieber gewesen. Warum war Armi überzeugt gewesen, dass Make Sanna umgebracht hatte? Make hatte mir selbst erzählt, wie oft er mit Armi über Sanna gesprochen hat. War ihm dabei irgendetwas entschlüpft, was Armi auf seine Spur gebracht hatte? Oder hatte er seine Tat sogar zugegeben? Ich dachte an das Gespräch, das Kerttu Mannila mitgehört hatte. Armi hatte von ihrem Gerechtigkeitssinn gesprochen und gesagt, sie wolle zur Polizei gehen. Konnte es Make gewesen sein? Ich dachte an die verängstigten Augen in seinem jungenhaften Gesicht, an die durchtrainierten Armmuskeln … Er hatte Kraft genug, Armi zu erwürgen.
Oder hatte Armi etwas anderes gemeint? In Sannas Blut waren Alkohol und Medikamente gefunden worden. Vielleicht hatte Armi herausgefunden, dass Make Sanna Tabletten besorgt hatte. Womöglich hatte sie auch gar nicht von Make gesprochen, sondern von ihrem eigenen Freund, von Kimmo?
»Bist du sicher, dass Armi von Sannas Freund gesprochen hat, nicht von ihrem eigenen?«
Sari sah mich verwundert an, runzelte dann übertrieben nachdenklich die Stirn. »Ich glaub nicht, dass sie von Kimmo … Warum hätte sie sich sonst mit ihm streiten sollen?«
Gerade deshalb, wollte ich sagen, hielt aber den Mund. Saris Aussage eröffnete viele neue Möglichkeiten. Ich musste Make überprüfen und Kimmo nach dem Streit fragen.
Draußen rumpelte die Straßenbahn vorbei, der Wind wirbelte eine gelbe Plastiktüte unter ihre Räder und fuhr den Frauen unter die Röcke. Am Himmel waren tintenblaue Wolken aufgezogen, in der Nacht würde es Regen geben, und mit der Traubenkirschblüte in unserem Garten war es bald vorbei.
»Ihr wart Armis beste Freundinnen. Was für ein Mensch war sie eigentlich?«
Wieder ergriff Sari das Wort.
»Wir waren schon auf der Volksschule in derselben Klasse. Damals war sie sehr ruhig und brav, wie eine – nimm’s mir nicht übel, Minna –, die später mal Krankenschwester wird. Immer die Hausaufgaben gemacht und picobello angezogen. Ich war damals schon eine Quasselstrippe« – sie lächelte selbstzufrieden – »und hab Armi in der Schule beschützt.«
»Ich hatte gar nicht den Eindruck, dass sie so schüchtern war, eher im Gegenteil«, warf ich ein.
»Dazu wollt ich gerade kommen. In der Mittelstufe hat Armi sich allmählich verändert. Gewissenhaft war sie zwar immer noch, aber irgendwie hatte sie mehr
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