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Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Schwung. Wir haben uns damals ziemlich gezankt, eigentlich sind wir erst in der Abiturklasse wieder Freundinnen geworden. Obwohl ich mich manchmal ganz schön über sie geärgert hab, sie konnte nämlich furchtbar dickköpfig sein. Und außerdem war sie neugierig, das muss ich schon sagen, auch wenn man über Tote nicht schlecht reden soll!«
    »Hat Armi viel getratscht?«
    »Eine Klatschtante war sie nicht«, sagte Minna schnell, als hätte sie Angst, dass Sari ihr zuvorkam. »Sie wollte alles über die Leute wissen, aber sie ist über niemanden hergezogen.«
    »Armi konnte die Leute zum Reden bringen. Über mich hat sie bestimmt alles gewusst«, ergänzte Sari.
    Daran zweifelte ich nicht, denn Sari schien zu den Menschen zu gehören, die am liebsten von sich selbst reden.
    »Armi war ein wenig zu direkt. Sie hat nichts beschönigt. Vielleicht war sie für eine Krankenschwester nicht taktvoll genug«, erklärte Minna.
    »Sie hat sich gewundert, wie Minna es in der Sterbeklinik aushält, wo sie nur unheilbare Kranke um sich hat. Armi wollte heilen. Deshalb hat sie die Sache mit Mallu ja auch so mitgenommen. Also, dass die keine Kinder kriegen kann, obwohl sie sich welche wünscht. Armi hat medizinische Bücher gelesen und mit ihrem Chef, Dr. Hellström, gesprochen, sie hat dauernd überlegt, wie sie Mallu helfen könnte.«
    »Hat sie mit euch über Mallus Unfall gesprochen?«
    »Oft«, sagte Minna. »Sie hielt den Fahrer für schuldig an der Fehlgeburt. Darüber hat sie übrigens bei unserem letzten Treffen auch geredet. Sie hat gesagt, wenn sie das doch nur wieder gutmachen könnte …« Minna runzelte die Stirn. »Seltsam! Sie hat tatsächlich ›wieder gutmachen‹ gesagt. Dabei war der Unfall doch gar nicht ihre Schuld.«
    Mir fiel ein, dass Mallus Mann sich eingebildet hatte, Armi am Steuer des Unfallwagens gesehen zu haben, und es überlief mich kalt. Womöglich glaubte einer der beiden Laaksonens immer noch, Armi wäre schuld an ihrer Tragödie. Was dann?
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kimmo Armi umgebracht hat. Sie konnte ziemlich unbarmherzig sein; wenn sie über irgendwen was Schlimmes gewusst hätte, wäre sie bestimmt zur Polizei gegangen«, dröhnte Sari.
    Jetzt bekam ich fast eine Gänsehaut. Trug ich indirekt die Schuld an Armis Tod? Sie hatte fest vorgehabt, mir etwas zu erzählen, und das hatte jemand um jeden Preis verhindern wollen. War die Person, die Mallus Unfall verursacht hatte, auf Risto Hänninens Geburtstagsfeier gewesen? Oder Sannas Mörder? Ich dachte an die Menschen, die in der lauen Sommernacht gefeiert hatten, und überlegte, wer von ihnen die böse Schlange sein mochte.
    »Na ja, wenn wir andere Kandidaten suchen wollen, muss ich wohl auch euch nach eurem Alibi fragen«, sagte ich und versuchte die Sache ins Lächerliche zu ziehen. »Wo wart ihr denn letzten Samstag zwischen eins und zwei?«
    »In der Sterbeklinik, im Dienst«, sagte Minna leise.
    »Zwischen eins und zwei? Da war ich in Tapiola, mitten im Zentrum«, erklärte Sari fröhlich. »Ist das ein gutes Alibi? Ich hab mindestens zehn Bekannte gesehen, auch Mallu Laaksonen. Vielleicht hätt ich Zeit gehabt, zwischendurch mal schnell Armi zu erwürgen, aber sag mir doch mal, weshalb?«
    »War Mallu in Tapiola?« Mir gegenüber hatte sie behauptet, sie wäre den ganzen Tag zu Hause gewesen.
    »Ja, sie hat sich auf dem Markt Pfifferlinge angeschaut und gesagt, die kann sie sich als Arbeitslose nicht leisten.«
    »Um welche Zeit war das genau?«
    »Ich weiß nicht, vielleicht so gegen halb zwei.«
    Um halb zwei war Mallu also in Tapiola gewesen, um Pfifferlinge zu bestaunen … Konnte ein Mensch, der gerade seine kleine Schwester ermordet hat, anschließend in aller Seelenruhe über den Markt bummeln? Wer weiß. Allmählich hatte ich das Gefühl, dass alles möglich war.
    Beim Abschied schärfte ich Sari ein, sich unbedingt bei der Polizei zu melden. Es war schon neun, zu spät für einen Besuch bei Mallu. Mit einem mulmigen Gefühl machte ich mich auf den Heimweg, ich wusste, ich hatte mich Antti gegenüber unfair verhalten, aber ich mochte auch nicht zu Kreuze kriechen.
    Im Haus war es still, auch Anttis Arbeitszimmer lag verlassen da. Das Lämpchen am Anrufbeantworter blinkte, auf dem Band waren zwei Nachrichten. Die erste war von Antti: »Hallo. Ich bin spazieren.« Die zweite Nachricht stammte von Annamari Hänninen. Mit hysterischer Stimme bat sie um Rückruf, egal, wie spät, sie müsse mit mir über Kimmo reden.

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