Auf die feine Art
Gedanken zu bringen. Ich überlegte, woher Marita den blauen Fleck hatte und ob Makes morgendlicher Cocktail so harmlos war, wie er behauptete. War das Fitnesscenter womöglich ein Umschlagplatz für Drogen und Hormone, schluckte Make irgendwelche Mittelchen? Übermäßig muskulös war er zwar nicht, aber sein Alkoholkonsum zehrte garantiert an den Muskeln. Vielleicht brauchte er zum Ausgleich Hormone. Und wenn er wusste, wo man die bekam, war nahe liegend, dass er auch Sanna Stoff besorgt hatte.
Als ich das Fitnesscenter verließ, hatte ich eine ganze Liste von Fragen, auf die ich eine Antwort suchen wollte. Für mich war der Fall keineswegs so eindeutig wie für Pertti Ström.
Antti hockte wieder in seinem Arbeitszimmer. Ich klapperte in der Küche herum, um ihn wissen zu lassen, dass ich zu Hause war. Auf einem Stück Brot kauend, rief ich Marita an, die nächste Nähmaschinenbesitzerin. Außer Hilfe beim Nähen erhoffte ich mir von ihr ein paar Informationen.
»Von mir aus kannst du jetzt gleich kommen. Was ist denn nun mit Kimmo?«
Es fiel mir schwer, ihr die schlechte Nachricht zu überbringen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass auch Marita schon an Kimmos Schuld glaubte. Ich sagte ihr, ich käme irgendwann vorbei. Dann rief ich eine der beiden Freundinnen von Armi an, die Kimmo mir genannt hatte: Minna, die mit Armi zur Krankenpflegeschule gegangen war.
»Ja, ich hab’s schon gehört. Von Sari Rannikko, einer Schulfreundin von Armi. Sie hat mich angerufen und kommt mich gleich besuchen. Das ist alles so schrecklich …«, schluchzte Minna.
»Könnten wir uns vielleicht zu dritt treffen? Sari wollte ich nämlich auch noch anrufen. Wie wäre es heute um halb acht im Café Socis?«
Antti kam endlich aus dem Kellergeschoss raufgepoltert.
»Wie ist es ausgegangen?«, fragte er und las mir die Antwort am Gesicht ab.
»Oh, verflucht … Hat der Kerl es doch getan?« Wieder einmal redete ich über Beweise und Konstellationen und verfluchte die Blödheit Ekis und der Polizei. Antti dagegen schaute nachdenklich drein.
»Ich kenn Kimmo besser als du«, meinte er, als ich mit meinem Sermon fertig war. »Und ich weiß nicht … vielleicht ist es doch möglich, dass er Armi umgebracht hat. Jeder kann töten, wenn er in Wut gerät.«
»Vor der Zivildienstkommission hast du garantiert nicht so geredet«, gab ich angriffslustig zurück. »Kommst du morgen mit zu dieser Fete?«
»Ich glaub, ich hab keine Lust, den Spanner zu spielen, ich bin schließlich nicht Kimmos Anwalt. Bist du übrigens sicher, dass du dich bei deinem Urteil nicht von deiner alten Antipathie gegen diesen Ström leiten lässt? Du warst doch selbst bei der Polizei, da wirst du ja am besten wissen, dass die keinen ohne stichhaltigen Grund verhaften.«
»Die machen es sich einfach zu leicht! Soll ich etwa die Hände in den Schoß legen und zugucken, wie Kimmo für Jahre ins Gefängnis wandert?«
»Du bist keine Polizistin mehr.«
»Nee, bin ich nicht, aber ich hab trotzdem nicht vor, einfach alles laufen zu lassen! Du kannst ja von mir aus den Kopf in den Sand stecken, genau wie damals bei Jukka!«
Das hatte gesessen. Antti wurde erst rot, dann blass, seine Augen verengten sich wie die einer wütenden Katze. Sekundenlang dachte ich, er würde mich schlagen, aber dann drehte er sich wortlos um und verschwand türenknallend in seinem Arbeitszimmer. Ich hatte ihn an seinem wundesten Punkt getroffen, denn er fühlte sich immer noch mitschuldig am Tod seines Freundes und an dem, was danach geschehen war.
Blödian, dachte ich, ohne recht zu wissen, wen von uns beiden ich meinte. Vielleicht war es doch besser, dass wir uns trennten, wenn wir uns sowieso andauernd stritten. Aber nein, so leicht wollte ich nicht aufgeben, weder im Beruf noch im Privatleben.
Sieben
Unbarmherzige Armi
Einige Stunden später saß ich im Bus nach Helsinki, betrachtete die Wolken, die über den Himmel zogen, und dachte immer noch über Antti nach. Als hätten wir es so verabredet, hatten wir seit letztem Sommer nicht mehr über den Mord an Jukka gesprochen. Wir fühlten uns beide schuldig am Schicksal der Mörderin. Antti hatte Informationen zurückgehalten, ich war bei der Festnahme unvorsichtig gewesen. Die Täterin saß immer noch in einer Nervenheilanstalt.
Antti war allerdings sensibler und empfindlicher als ich. In schwierigen Situationen zog er sich in sein Schneckenhaus zurück, er verkroch sich in sein Arbeitszimmer und grummelte vor sich hin. Ich dagegen
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