Auf die feine Art
die Welt verbessert. Weit weg von Morden und Alltagsproblemen, hatten wir wieder zueinander gefunden, das Leben schmeckte nach sonnenwarmer, salziger Haut und süßem Weißwein.
»Tut mir Leid, dich aus dem Paradies zu vertreiben, aber ich habe meiner Mutter versprochen, dass wir zum Mittagessen kommen.«
»Lass uns einfach hier bleiben. Wir können ja sagen, wir hätten die Ruder verloren und unser Boot wäre gekentert.« Ich drückte mich enger an Antti, küsste ihn, wollte eine schnelle Wiederholung dessen, was wir am Morgen getan hatten.
Erst nach zwölf packten wir unsere Siebensachen. Während ich die Heringe verstaute, fragte ich Antti:
»Ist dir jemals der Verdacht gekommen, dass Risto deine Schwester schlägt?«
»Nein! Wie kommst du denn darauf?« Ganz langsam mischte sich Besorgnis in seine Verblüffung. »Ich weiß allerdings, dass Henrik Annamari und seine Kinder geschlagen hat. Das hat mir Marita mal erzählt, und von Kimmo habe ich es auch gehört.«
Ich berichtete Antti von Maritas blauen Flecken. »Aus meiner Zeit bei der Polizei weiß ich, dass derartige Gewohnheiten sich oft vererben. In den so genannten besseren Kreisen bleiben diese Dinge verborgen, die Nachbarn sind weit weg, keiner hört es, wenn im Eigenheim gestritten wird.«
Antti war ganz außer sich.
»Himmeldonnerwetter, wenn das stimmt, darf man doch nicht zulassen, dass es immer weitergeht! Ich muss mit Marita reden.«
Bei seinen Worten erinnerte ich mich an Kerttu Mannilas Aussage. »Ich spiel da nicht mehr mit, das ist gegen mein Gewissen.« Hatte Armi das womöglich zu Risto gesagt?
»Es ist bisher nur ein Verdacht«, versuchte ich Antti zu beruhigen. »Sprich vorläufig noch nicht mit Marita, ich will erst Kimmo fragen. Aber erzähl mir mehr über Henrik Hänninen!«
»Ich weiß nicht viel über ihn.« Für Tratsch hatte Antti nie etwas übrig gehabt. »Offenbar wird er gewalttätig, wenn man ihn in Wut bringt. Als Risto in der Pubertät war, soll es zwischen den beiden heftig gekracht haben. Und Sanna hat einmal fürchterliche Prügel bezogen, als sie versucht hat, ihre Mutter zu schützen.«
Und das sagte er mir erst jetzt! Aber ich mochte Antti deshalb nicht anschnauzen – gut, dass er überhaupt davon sprach.
Als wir in Rekordtempo auf das Ufergrundstück der Sarkelas zuruderten, war es fünf nach zwei. Vor der Villa stand ein zweites Auto neben dem Saab der Sarkelas, und das Gebrüll auf dem Hof verriet, dass Matti und Mikko eingetroffen waren. Ich schämte mich für den Wortwechsel, den ich am Freitag mit Marita geführt hatte. Außerdem befürchtete ich, Antti würde nach dem, was er von mir erfahren hatte, seiner Schwester nicht mehr unbefangen gegenübertreten können.
Beim Essen wurde nur über Mattis und Mikkos Zeugnisse und über Urlaubspläne gesprochen, als hätten Armi und Kimmo nie existiert. Ich musterte Risto, suchte in seinem Gesicht nach Sannas Zügen. Er hatte ähnliche Augen wie seine Halbschwester, sie waren groß und rund und verliehen seinem kantigen Gesicht einen kindlichen Ausdruck. Auch Sanna hatte mit ihren Augen und ihrem Schmollmund wie eine kleine Göre ausgesehen. Risto war zwar mein engster potenzieller Verwandter auf der Seite der Hänninens, aber eigentlich wusste ich über ihn viel weniger als über Kimmo und Sanna. Trotz seiner Umgänglichkeit wirkte er distanziert, fast eisig. Vielleicht war sein Vater genauso.
»Bringt Opa uns echte Indianerflitzebogen aus Ecuador mit?«, fragte Matti beim Nachtisch mit vollem Mund.
»Ihr dürft nicht enttäuscht sein, wenn Opa es vergessen hat. Er musste diesmal so plötzlich abreisen«, meinte Marita. »Micko, nimm den Löffel nicht so voll, du kleckerst dir die Hälfte aufs Hemd!«
»Wie lange bleibt Henrik denn in Finnland?«, wandte sich Tauno Sarkela an Risto.
»Kommt drauf an, wie sich die Dinge entwickeln. Vater hat mit dem Projekt in Ecuador bis zu seiner Pensionierung noch alle Hände voll zu tun. Eigentlich könnte er sich jetzt gar keinen Urlaub leisten.«
»Ach richtig, er wird dieses Jahr fünfundsechzig, nicht wahr?«, warf Marjatta Sarkela ein und versorgte die Zwillinge mit einer zweiten Portion Parfait. »Antti, nimm doch auch noch, du bist sicher hungrig vom Rudern. Du auch, Maria.« Sie reichte uns die Schüssel.
»Ja, Leibesübungen haben wir reichlich betrieben«, erklärte Antti und stieß mich unter dem Tisch an. Wir kicherten wie zwei Fünfzehnjährige nach ihrer ersten heimlichen Liebesnacht. Als unsere Finger
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