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Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Rippenhöhe Prellungen zu sehen, doch bevor ich genauer hinschauen konnte, hatte Marita die Bluse schon heruntergezogen.
    »Das geht schon, wenn ich sie in den Rock stecke. Weißt du denn nun, wann Kimmos Prozess stattfindet?«
    »Das kann noch Monate dauern.«
    »Entsetzlich. Henrik könnte Annamari eigentlich nach Ecuador mitnehmen. Sie unterrichtet zwar an der Volkshochschule, aber die Kurse fangen erst im September wieder an, außerdem kann sie sich auch mal ein Jahr beurlauben lassen.«
    »Und Kimmo soll alleine im Gefängnis schmachten?«, konterte ich aggressiver als beabsichtigt. »Ist das bei Hänninens so üblich, dass man Familienmitglieder verstößt, wenn sie in Schwierigkeiten geraten? Von Sanna darf man offenbar überhaupt nicht mehr reden.«
    »Sannas Tod war für die ganze Familie ein entsetzlicher Schock. Ich hätte wirklich mehr Taktgefühl von dir erwartet! Es ist mir unverständlich, was du dir davon versprichst, diese alte Geschichte wieder aufzuwärmen. Sanna hat Selbstmord begangen, wir alle haben lernen müssen, das zu akzeptieren. Von dir wird nichts weiter erwartet, als dass du Kimmo hilfst, mit möglichst heiler Haut aus der Sache mit Armi herauszukommen.«
    »Ich werde wohl selbst entscheiden dürfen, was wichtig ist. Bist du übrigens gestürzt, oder woher hast du die vielen blauen Flecken?«
    Maritas Gesicht erstarrte, dann wurde sie rot. »Gestürzt? Ja, ich bin auf der Geburtstagsfeier ein paar Mal gestolpert, der Kognak ist tückisch. Ich bekomme schon beim kleinsten Aufprall blaue Flecken, bei Antti ist es auch so, hast du das schon gemerkt?«, erklärte sie wortreicher und hastiger als nötig und trat schleunigst den Heimweg an, als befürchtete sie, ich würde ihre Prellungen genauer inspizieren.
    Meine kleinen grauen Zellen arbeiteten heftig, während ich mir einen ordentlichen Schluck von Mutter Sarkelas Zitronenwodka einschenkte. Musste mir, verdammt nochmal, dauernd jemand erzählen, was ich tun durfte und was nicht? Ich fand es keineswegs erhebend, mich mit der schmutzigen Wäsche der Hänninens zu befassen. Sie sollten froh sein, dass ich es tat und nicht Pertsa.
    Ich hätte viel darum gegeben, über Pertsas Ermittlungen auf dem Laufenden zu sein. War in Armis Wohnung irgendetwas Interessantes gefunden worden, ein Hinweis auf Sannas Tod zum Beispiel? Leider war der gute Herr Ström der Einzige, den ich bei der Espooer Polizei persönlich kannte, ich konnte also niemanden anzapfen. Oder sollte ich es wagen, den freundlichen Rotschopf um Hilfe zu bitten?
    Mein Problem war, dass mir die Befugnisse fehlten, dass ich nicht das Recht hatte, Leute zu vernehmen und mich in Armis Wohnung umzusehen. Ich sammelte Sannas Papiere auf und las noch eine Weile in der Magisterarbeit, während der Totenschädel mich anstarrte. Maritas blaue Flecke gingen mir nicht aus dem Sinn. Konnten sie beim Kampf mit Armi entstanden sein?
    Später erschien mir Sanna im Traum. Es war mir gar nicht bewusst, dass ich schlief, als ich sie auf meinem Bettrand sitzen sah.
    »Hallo, Maria! Du weißt wohl noch gar nicht, dass ich dein Schutzengel bin.«
    »Na, dann gute Nacht!«
    »Was willst du denn, am Montag hab ich meine Sache doch gut gemacht. Du bist nicht ertrunken. Darf ich rauchen?« Sie drehte sich eine Zigarette und blies mir den Rauch ins Gesicht.
    »Und warum bist du ausgerechnet mein Schutzengel?«
    »Na, irgendeinen Job muss ich doch haben! Du brauchst nur über den Totenschädel zu streichen, und schon bin ich da …«, riet mir Sanna und flog zum Fenster hinaus. Ihre Flügel waren ziemlich braun an den Rändern, und als sie höher flog, wäre sie beinahe gegen einen Strommast geprallt.

Elf
Koivu und Kallio
    Ich lag mit geschlossenen Augen auf einem warmen, glatten Uferfelsen. Die Sonne schien hell, ihre Strahlen liebkosten meinen nackten Körper. Ich reckte mich genüsslich. Plötzlich landete etwas Kaltes, Glitschiges auf meinem Bauch. Anttis Hand.
    »Schreist du denn gar nicht ›iik‹?« Antti stieg aus dem Wasser und streckte sich neben mir aus.
    »Iik«, quiekte ich pflichtschuldig und küsste ihn auf die Schulter. »Bist du aber kalt, eben warst du doch noch heiß wie ein Öfchen …«
    Wir hatten den ganzen Vormittag auf der unbewohnten Insel Adam und Eva gespielt. Sie lag einige Kilometer südwestlich von der Villa, in der Anttis Eltern den Sommer verbrachten. Wir waren am Abend hergerudert, hatten das Zelt aufgebaut, bis in die Nacht hinein am Lagerfeuer gesessen, Wein getrunken und

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