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Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)

Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)

Titel: Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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auffallend oft kriminell.
    Psychopathie kann – wie alle anderen psychischen Störungen – bei verschiedenen Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Manche haben nur wenige, manche mittelmäßig viele und manche sehr viele psychopathische Eigenschaften. Wenn ein Psychologe oder Psychiater einen Menschen auf Psychopathie testet, kann er ermitteln, welche typisch psychopathischen Eigenschaften bei ihm wie stark ausgeprägt sind. Die meisten »normalen« Menschen zeigen nur sehr wenige psychopathische Eigenschaften. Bis heute weiß aber niemand genau, wie viele Menschen mit auffällig vielen psychopathischen Eigenschaften trotzdem niemals ins Gefängnis kommen und was genau sie von kriminellen Psychopathen unterscheidet.
    Einer vorsichtigen Schätzung zufolge hat einer von hundert Menschen stark ausgeprägte psychopathische Eigenschaften. Wie viele Menschen weniger starke psychopathische Eigenschaften haben (die trotzdem stärker sind als die der meisten), weiß man noch nicht sicher. Bisher gab es nur wenige Untersuchungen dazu. Sicher ist jedoch, dass Menschen mit deutlich ausgeprägten psychopathischen Eigenschaften – oft auch auf Dauer – mehr oder weniger unauffällig mit anderen zusammenleben. Ihr Umfeld wird nie erfahren, wie wenig sie fühlen und wie sehr sie ihre Mitmenschen anlügen und gezielt beeinflussen. Um zu verstehen, wie unterschiedlich Menschen mit psychopathischen Eigenschaften sein können und wie einige von ihnen es schaffen, ihre Besonderheiten dauerhaft zu verbergen, muss man die kleinen »Bausteine« der Psychopathie kennen.
    All diese Bausteine haben ihre Basis in der psychopathischen Grundeinstellung, dass man sich nicht an die gesellschaftlichen Regeln »normaler« Menschen gebunden fühlen muss. Einer meiner Interviewpartner mit deutlich ausgeprägten psychopathischen Eigenschaften beschrieb es so: »Ich halte mich an Regeln, wenn ich sie sinnvoll finde und einsehe, warum ich sie beachten soll. Aber auch da gibt es Ausnahmefälle, in denen mir etwas, was ich will, wichtiger ist. Ich entscheide so was immer im Einzelfall. Mögliche Bestrafung hält mich nicht grundsätzlich davon ab, Regeln zu brechen. Wenn ich Regeln breche und weiß, dass das unangenehme Folgen für mich haben kann, dann muss mir das damit erreichte Ziel eben ausreichend wichtig sein. Natürlich versuche ich mir Möglichkeiten zu überlegen, um gar nicht erst erwischt zu werden und die unangenehmen Folgen zu vermeiden. Ich traue mir zu, das besser zu können als andere Menschen. Meiner Meinung nach würden die meisten Menschen alle möglichen Regeln zu ihrem Vorteil brechen, wenn sie sich zutrauen würden, die unangenehmen Folgen vermeiden zu können. Die meisten Menschen trauen sich aber gar nicht erst, so weit zu denken.«
    Diese Aussage zeigt die grundsätzliche Haltung ausgeprägt psychopathischer Menschen. Bedürfnisse anderer Menschen interessieren sie nur so weit, wie sie diese verstehen müssen, um ihre eigenen Ziele erreichen zu können. Weil diese Art zu denken und zu fühlen für normale Menschen schwer begreifbar ist, folgt nun eine kleine Einführung in »psychopathisches Denken und Handeln«. Anschließend werden die Bausteine, die Hare herausgearbeitet hat, um Psychopathen zu beschreiben, etwas einfacher zu verstehen sein.

Richtig und Falsch aus psychopathischem Blickwinkel
    Was denken und empfinden Sie, wenn Sie folgenden Satz lesen?
    »Wenn meine Freundin von anderen erfährt, dass ich sie betrüge, und deshalb mit mir Schluss macht, ist mir das ziemlich egal. Denn ich erwarte von ihr, dass sie mir vertraut und mir die Lügen glaubt, mit denen ich sie schütze.«
    Einige Menschen, denen ich diese Frage stellte, waren empört darüber, dass jemand ernsthaft eine solche Einstellung haben und sie auch noch aussprechen kann. Die Aussage stammt von Christian, einem meiner Interviewpartner für dieses Buch. Er hat deutlich stärker ausgeprägte psychopathische Eigenschaften als die meisten Menschen. Der Test mithilfe der Psychopathie-Checkliste ergab, dass bei ihm eine »mittelmäßige psychopathische Störung« vorliegt. Obwohl Christian schon früh auffiel, dass sich seine Gefühle, Einstellungen und Verhaltensweisen von denen anderer Menschen unterscheiden, hatte er, bevor ich ihn psychologisch untersuchte, keinen Begriff für diese Andersartigkeit.
    Einem nicht-psychopathischen Menschen die Welt durch die Brille des Psychopathen zu zeigen, ist nicht einfach. Die psychopathische Weltsicht steht

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