Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)
hielt dies für einen Scherz. Das ist öfter so, wenn psychopathische Menschen ausnahmsweise meinen, was sie sagen. Normale Menschen glauben dann, ihr psychopathisches Gegenüber würde einen Witz machen, weil sie sich die psychopathische Innenwelt nicht vorstellen können.
Nach allem, was Sie bisher über Psychopathen erfahren haben, dürfte es Sie wundern, dass einige von ihnen – ob kriminell oder nicht – durchaus manchmal über längere Zeit für Menschen, die sie an sich gebunden haben, da sind. Natürlich nie so sehr, dass ihnen dadurch allzu viele Unannehmlichkeiten entstehen. Psychopathen würden auf etwas, das sie unbedingt wollen, aus Rücksicht auf einen anderen Menschen nie dauerhaft verzichten. Aber einige kümmern sich doch mehr um ihnen nahestehende Menschen, als ein normaler Mensch von einem »kaltblütigen« Psychopathen erwarten würde.
Im Laufe dieses Buches werden Sie psychopathische Mörder kennenlernen, die sich dauerhaft um ihre Familie oder einen guten Freund kümmerten. Warum sollten Menschen, die sich emotional nie wirklich an andere binden, das tun? Bei genauerem Hinsehen ergibt sich jedoch kein Widerspruch zu dem psychopathischen Verhaltensmuster, andere Menschen als »Dinge« wahrzunehmen, die entweder nutzen oder schaden.
Christian beschrieb dies so: »Ich versuche durchaus in einem Rahmen, der mich nicht allzu sehr belastet, für die Menschen da zu sein, die mir nahestehen. Für meine Familie und einige enge Freunde beispielsweise. Ebenso für die Frauen, die ich als mein Eigentum, als mein Spielzeug ansehe. Es ist ja nicht so, als seien sie mir egal. Manche Menschen sagen, sie lieben ihr Auto oder ihr Haustier. Die investieren dann auch Zeit, Geld und Arbeit in das Auto oder Haustier, weil es ihnen was bedeutet.
Ebenso versuche auch ich, mein Eigentum möglichst gut zu erhalten und es nicht ›kaputt‹ zu machen. Das ist doch vollkommen logisch. Es ist wie mit dem teuren Werkzeug, das ich mir angeschafft habe, weil ich es besitzen und natürlich auch benutzen will. Mein Werkzeug benutze ich zu meinem Vergnügen, aber ich gehe auch möglichst sorgsam damit um, weil es mir gehört und ich will, dass es mir möglichst lange in gutem Zustand erhalten bleibt.«
Eine Frau mit überdurchschnittlich ausgeprägten psychopathischen Eigenschaften beschrieb die typisch psychopathische Art von »Liebe« in ihrem Internetblog so:
»Liebe mag blind sein für Menschen mit normalen Gefühlen, doch ein Psychopath sieht deine Fehler genau und liebt dich trotzdem. Die durchdringenden Augen des Psychopathen sind nicht nur beunruhigend wegen ihrer unerschütterlichen Standhaftigkeit, sondern auch, weil sie bis ins Innerste deiner Seele starren, sodass du nackt seinem festen Blick ausgesetzt bist.
Da der Psychopath gesellschaftliche Normen weder versteht noch sich für diese interessiert, wird er dich nicht sehen, wie die Welt dich sieht, sondern wie du wirklich bist. Psychopathen sind frei von der rosaroten Brille, die normal fühlende Menschen tragen, wenn sie beginnen, jemanden zu ›lieben‹.
Sie sind überaus begabt darin, Menschen das Gefühl zu geben, etwas ganz Besonderes zu sein. Was du willst und brauchst, durchschauen sie genau. Dieses Wissen verwenden sie im Zusammenspiel mit ihrem Charme und ihrer anpassungsfähigen Persönlichkeit. Dadurch werden sie im wörtlichen Sinne der Mann oder die Frau deiner Träume.«
Dass viele Psychopathen andere ohne »rosarote Brille« sehen, ist für ihnen nahestehende Personen von Vor- wie Nachteil: Einerseits werden sie akzeptiert, wie sie wirklich sind, mit allen Fehlern und Schwächen. Andererseits können Psychopathen genau dieses Wissen in einer zerstörerischen Art gegen sie verwenden. Das tun sie vor allem, wenn sie aus irgendeinem Grund wirklich wütend auf sie werden, aber auch, wenn sie ihrer einfach überdrüssig sind.
Ich bin vollkommen, in jeder Hinsicht
Psychopathische Menschen sind oft sehr gut darin, die Gefühle anderer zu beeinflussen. Dadurch erfüllen sie sich ohne großen Aufwand alle möglichen Wünsche. Da sie sich nie wirklich binden, sitzen sie bei Beziehungen aller Art sprichwörtlich am längeren Hebel. Sie erkennen die gefühlsgeleiteten Bedürfnisse ihrer Mitmenschen ebenso schnell wie deren wunde Punkte.
Oft entwickeln sie ein erstaunliches Geschick dafür, sich selbst möglichst interessant, sympathisch und anziehend darzustellen. Außerdem können sie Gesprächspartnern gut das Gefühl vermitteln, menschlich
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