Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)
fünf Oberbereiche.
Was Psychopathen von anderen Menschen unterscheidet:
1. Wie sie sich selbst sehen und sich anderen Menschen gegenüber verhalten.
2. Wie und was sie fühlen.
3. Wie sie ihr Leben gestalten.
4. Wie sie seit ihrer Kindheit zu kriminellem Verhalten neigen.
5. Wie sie ihr Sexual- und Liebesleben gestalten.
Der vierte Oberbereich ist typisch für kriminelle Psychopathen, also jene, die Hare für seine Liste im Gefängnis untersucht hat. In diesem Bereich unterscheiden sich psychopathische Menschen, die nicht oder nur selten Straftaten begehen, besonders von ihren schwerkriminellen »Artgenossen«. Warum manche Menschen stark psychopathische Eigenschaften haben und dennoch keine kriminelle Laufbahn einschlagen, dafür hat die Wissenschaft jedoch bis heute noch keine schlüssige Erklärung.
Sicher ist: Es gibt verschiedene »Psychopathie-Typen«. Das bedeutet, einige Psychopathen haben mehr Auffälligkeiten in einem Oberbereich und weniger in einem anderen. Zurzeit sind sich die Forscher sicher, dass es zumindest zwei unterscheidbare Typen gibt. Diese werden »Primäre Psychopathen« (»Psychopathen ersten Ranges«) und »Sekundäre Psychopathen« (»Psychopathen zweiten Ranges«) genannt. »Primäre Psychopathen« sind nicht ängstlich, sehr selbstsicher gegenüber anderen und treten dominant auf. Sie unterscheiden sich vor allem in den ersten beiden Oberbereichen deutlich von anderen Menschen. »Sekundäre Psychopathen« sind weniger selbstbewusst, eher ängstlich, ordnen sich anderen auch unter, haben emotionale Schwankungen und handeln häufiger aus einer Stimmung heraus. Diese Psychopathen unterscheiden sich vor allem im dritten und vierten Oberbereich von anderen Menschen.
Doch eine ganz klare Trennlinie zwischen beiden Typen gibt es in den meisten Fällen nicht. Viele psychopathische Menschen neigen nur etwas mehr in die eine oder in die andere Richtung. Es wird noch viel Forschung notwendig sein, bis Wissenschaftler die verschiedenen Psychopathen-Typen sicher unterscheiden können. Wie und warum diese Typen überhaupt entstehen, wird sich erst dann sicher erklären lassen.
Die vierzig psychopathischen Schattierungen Grau
Ich werde Ihnen nun die insgesamt zwanzig Bausteine vorstellen, aus denen die Psychopathie-Checkliste von Robert Hare besteht. Diese Bausteine legen fest, worin genau sich Psychopathen von den meisten anderen Menschen unterscheiden. Nicht alle Psychopathen weisen alle Bausteine auf. Zwei psychopathische Menschen können aus grundverschiedenen Psychopathie-Bausteinen bestehen, wie Sie noch sehen werden. Auch deswegen ist es so schwierig, Psychopathen zu erkennen.
Bei dem einen oder anderen Baustein werden Sie sicher denken: »Ich kenne jemanden, auf den das passt«. Möglicherweise werden Sie sogar etwas von sich selbst darin wiedererkennen. Das muss nicht gleich ein Grund zur Sorge sein. Die eine oder andere Besonderheit allein macht noch keinen Psychopathen aus.
Robert Hares »75-%-Regel« folgend muss ein Mensch mindestens fünfzehn der insgesamt zwanzig Bausteine aufweisen, also dreißig von vierzig möglichen Punkten bekommen, um als voll ausgeprägter Psychopath eingestuft zu werden. Wenn jemand so viele deutlich ausgeprägte psychopathische Eigenschaften hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er mit seinem Verhalten anderen Menschen schadet – egal ob legal oder illegal.
Stellen Sie sich einen Menschen ganz ohne psychopathische Eigenschaften als »weiß« vor und einen Menschen, der alle zwanzig psychopathischen Eigenschaften aufweist – und somit vierzig Punkte erreicht – als »schwarz«. Dann sind alle Menschen, die Werte dazwischen erreichen, mehr oder weniger stark »grau«. Die Faustregel dazu lautet: Je psychopathisch »grauer« ein Mensch ist, umso unangenehmer kann sein Verhalten für seine Umwelt werden.
Eine große, schimmernde Seifenblase –
Wie der Psychopath sich selbst sieht und mit anderen umgeht
1. Mehr Schein als Sein
– Der Selbstüberschätzer
Der Psychopath überschätzt seine eigenen Fähigkeiten und glaubt deshalb, den meisten anderen Menschen überlegen zu sein. Daraus leitet er ab, dass er wichtiger als andere ist und daher auch seine Bedürfnisse. Er stellt sich, sein bisheriges Leben, seine Leistungen und Erlebnisse oft »geschönt« dar. Zumindest verschweigt er alles, was ihn nicht großartig oder gar in einem schlechten Licht erscheinen lässt. Stattdessen stellt er alle Dinge heraus, mit denen er angeben kann. Vieles
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